Pasta
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Viva la Pasta!

von Clemens Kriegelstein
Samstag, 03.06.2017
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Der Legende nach soll Marco Polo um das Jahr 1300 die Nudel von seinen Reisen aus China mit nach Europa gebracht haben. Tatsächlich aber wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit Verfahren zur Nudelherstellung bzw. Nudelgerichte an mehreren Orten der Welt unabhängig voneinander entwickelt. Schließlich kannte man in Europa schon in der griechischen Antike Nudelgerichte, und auch in etruskischen Gräbern, die ein paar Hundert Jahre vor Christi Geburt angelegt worden waren, fand man Abbildungen von Geräten zur Nudelherstellung.

Wie dem auch sei, Nudeln sind heute aus der mitteleuropäischen Küche nicht mehr wegzudenken. Etwa acht Kilogramm verzehren wir laut Statistik Jahr für Jahr pro Kopf. Dabei isst jeder Zweite zumindest einmal wöchentlich Pasta, sei es als Beilage, sei es als eigenes Gericht – und da vorzugsweise als italienische Pastavariante. Spaghetti carbonara, Spaghetti al pomodoro und natürlich Spaghetti bolognese – DER Klassiker unter italienischen Nudelgerichten hierzulande. Das Lustige daran: Diesen Speisennamen sucht man in Italien häufig vergeblich. Erstens weil Fleischsaucen wie eben auch die Sauce bolognese in Bella Italia abseits der ausgetretenen Touristenpfade »al ragù« genannt werden und zweitens weil sich zu dieser Art von Saucen breitere Bandnudeln (etwa Tagliatelle oder Pappardelle) tendenziell besser eignen als die schmalen Spaghetti.

Bronze für die Besten

Geschmacklich kommt an frisch gemachte Nudeln natürlich nichts heran – auch wenn diese beim Gast bisweilen für Verwirrung sorgen können. Denn »Pasta fresca« lässt sich nicht wirklich »al dente« kochen. Mit Vorab-Erklärungen lassen sich spätere Reklamationen (»Diese Nudeln sind ja viel zu weich gekocht!«) leicht umgehen. Aber auch industriell hergestellte Nudeln aus Hartweizengrieß gibt es inzwischen in sehr brauchbaren Qualitäten. Wichtiges Merkmal für Kenner ist der Hinweis »al bronzo« auf der Packung. Dann wurde die Pasta nämlich klassisch durch eine Bronze-Düse gepresst, wodurch die Nudel eine rauere Oberfläche bekommt und sie mehr Sauce aufnehmen kann. Im Gegensatz dazu sind die meisten industriellen Pastamaschinen heutzutage mit teflonbeschichteten Formdüsen bestückt.

Zu jedem Sugo die passende Pasta

Einer, der sich seit vielen Jahren mit Pasta in all ihren Facetten beschäftigt, ist Xerxes Panzenböck, Inhaber und Küchenchef des Restaurants – nomen est omen – »La Pasteria« in Wien. »Die gängigen Sorten – Linguini, Pappardelle, Tagliatelle etc. – sind bei mir frisch gemacht, die beziehe ich aus einer kleinen, regionalen Manufaktur, und für die etwas ›exotischeren‹, wie Fusilli oder Farfalle zum Beispiel, verwende ich getrocknete Pasta von einem sehr guten Hersteller aus Gragnano bei Neapel, der noch mit Bronzeformen arbeitet«, erklärt Panzenböck. An die 25 Sorten sind bei ihm so immer im Programm, und zum Einsatz kommen sie je nach Vorliebe des Kunden, aber vor allem auch je nach verwendetem Sugo. So eignen sich nach seiner Erfahrung breite Nudeln wie Pappardelle gut für schwere, geschmorte Saucen mit Fleisch, wie etwa das klassische Ragù alla bolognese. Panzenböck: »Zu zarten Grundprodukten wie Flusskrebsen, Shrimps, Olivenöl passen dafür dünne Nudeln wie Tagliolini oder eben Spaghetti besser. Und bei vegetarischen Sugos verwende ich gerne Orecchiette, Conchiglie oder Penne, in die der Sugo richtig hineinlaufen kann.«

Lieber Pasta als Fisch verkaufenLieber Pasta als Fisch verkaufen

Was den Mitteleuropäer vom Italiener aber vor allem unterscheide, sei die Definition von »al dente«. »Der Biss, den man in Italien oft unter der Bezeichnung bekommt, wäre in Deutschland oder Österreich kaum verkaufbar, das bevorzugt man bei uns wesentlich weicher. Aber das ist ja beim Risotto das Gleiche. In Italien kracht es teilweise noch richtig beim Zubeißen«, weiß Panzenböck. Letzten Endes sei Pasta aber ein Gericht mit einem schönen Deckungsbeitrag. Acht bis zwölf Euro kostet eine Portion (Hauptspeise) in der Pasteria, bei besonderen Zutaten wie Garnelen auch mal 15 oder 16 Euro. In jedem Fall aber sei Pasta ein für Gastronomen interessantes Geschäft. Panzenböck: »Im Zweifelsfall verkaufe ich lieber einen Teller Spaghetti als eine Portion Fisch.«

Cook & Chill-geeignet

Abgesehen vom finanziellen Aspekt, sind Spaghetti & Co. auch vom Handling her ein dankbares Gericht: Die Saucen lassen sich in der Regel vorbereiten, und die Nudeln sind bei Bedarf in wenigen Minuten fertig. Falls es aus logistischen Gründen – etwa im Selfservice-Bereich – ganz schnell gehen muss, eignet sich Pasta auch für das Cook & Chill-Verfahren, weiß man etwa beim Barilla Foodservice: Pasta nur die Hälfte der normalen Zeit kochen (siehe angegebene Vorkochzeit auf der Verpackung) und vollständig abgießen, nicht abschrecken. Vorgekochte Pasta in einen Behälter füllen, mit etwas Speiseöl vermischen und mithilfe eines Schockkühlers möglichst schnell auf 0 bis 3 Grad Celsius herunterkühlen. Vor dem Servieren die Pasta einfach in kochendem Salzwasser oder im Kombidämpfer fertig garen (ca. 45 Sekunden für alle Formate und Größen).

Unendliche Variationsmöglichkeiten

Was noch für ein breites Nudelangebot spricht: Die Variationsmöglichkeiten sind beinahe endlos. Denn während ein Wiener Schnitzel eigentlich überall mehr oder weniger gleich schmeckt (bzw. schmecken sollte) und auch die Beilagen wie Pommes frites oder Kartoffelsalat wenig Platz für Individualität lassen, gibt es bei Pasta­gerichten beinahe so viele Rezepte wie Köche. Selbst Klassiker wie Pesto alla genovese oder puttanesca schmecken kaum jemals in zwei verschiedenen Lokalen gleich. Darüber hinaus lassen sich Zutaten je nach Region, Jahreszeit oder auch persönlicher Vorliebe beinahe unbegrenzt zu neuen Sugos kombinieren bzw. variieren. Wenn man dann noch Abstand nimmt von den Einheits-Spaghetti und seine Gäste unter alternativen Nudelsorten (siehe Seite 54) wählen lässt, kann ein Gastronom mit wenig Aufwand – und vor allem auch überschaubarem Wareneinsatz – beim Gast Eindruck hinterlassen.

Unterteilung von Pasta-Speisen

  • Pasta in brodo: Teigwaren werden in Suppe (»brodo« = ital. für »Brühe«) gekocht und serviert.
  • Pasta al forno: Teigwaren werden kurz vorgekocht und danach mit weiteren Zutaten in einer Auflaufform im Ofen (ital: »al forno«) gebacken. Typische Vertreter sind Lasagne oder Cannelloni.
  • Pasta asciutta: Oberbegriff für alle gängigen Pastasorten wie Spaghetti, Tagliatelle & Co. Diese werden in Wasser gekocht und nach dem Abtropfen (»asciutto« = ital. für »trocken«) meist mit Sugo serviert. Im Selbstbedienungs­bereich mancher Skihütten auch heute noch die Bezeichnung für meist zerkochte Spaghetti mit Convenience-­Tomaten-Sugo.

Bitte nicht!

Pasta-Experten gibt es hierzulande fast so viele wie Fußballtrainer. Trotzdem halten sich außerhalb Italiens einige Missverständnisse hartnäckig. Wenn Sie also authentische Pasta anbieten möchten, sollten Sie folgende Fehler vermeiden:

  • Öl ins Nudelwasser: Abgesehen davon, dass sich Öl und Wasser nicht gut vermischen, das Öl also als Film auf dem Wasser schwimmt, sorgt es dafür, dass die Nudeln mit einem Ölfilm überzogen werden und daher weniger Sugo aufnehmen können. Damit die Pasta nicht aneinander kleben bleibt, reicht mehrmaliges Umrühren speziell am Anfang des Kochvorganges.
  • Pasta nach dem Kochen abschrecken: So spült man bloß die Stärke von den Nudeln, und die Sauce bleibt nicht mehr so gut haften. Außerdem kühlt die Pasta schneller ab.
  • Carbonara-Sauce mit Sahne: Für das Originalrezept braucht man Speck (bzw. Pancetta), Eier und Parmesan, Salz, Pfeffer, eventuell ein wenig Olivenöl und Knoblauch. Sahne, Schinken, Zwiebel und andere »beliebte« Zutaten haben in einer echten Carbonara-Sauce nichts verloren.
  • Käse zu Fischsugo: Kein Italiener würde Parmesan zu Pasta mit Muscheln, Fisch oder Meeresfrüchten kombinieren. Der Grund: Der kräftige Geschmack des Parmesans würde das feine Fischaroma überlagern.
  • Fertig geriebenen Parmesan verwenden: Egal, was auf der Packung steht, der Inhalt hat in der Regel mit Sägemehl mehr zu tun als mit dem aromatischen Hartkäse aus der ­Emilia-Romagna und schmeckt oft muffig bis ranzig. Guter Parmigiano Reggiano oder auch Grana Padano gehört frisch gerieben. Basta!

Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.

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