Fernweh? Mal eine Weile im Ausland zu arbeiten, erweitert den Horizont und beflügelt die Karriere
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Ab ins Ausland!

Fernweh? Mal eine Weile im Ausland zu arbeiten, erweitert den Horizont und beflügelt die Karriere

von Sebastian Bütow
Donnerstag, 07.11.2019
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Höchstwahrscheinlich war es von Vorteil, dass sie ihre berufliche Station in England noch vor den drohenden Brexit-Schwierigkeiten absolviert hat. Die 32-jährige Assistentin der Betriebsleitung eines Berliner L’Osteria-Restaurants gastierte 2018 für vier Monate in einer Filiale
in der südenglischen Hafenstadt Southampton, wo vor über 100 Jahren die Titanic vom Stapel lief.

Untergegangen ist Winkler bei ihrem Auslands-Intermezzo aber ganz und gar nicht. »Ich habe mich dafür interessiert und bei den Verantwortlichen einfach mal nachgefragt, ob ein Auslandsaufenthalt möglich wäre«, erzählt Susann Winkler. »Einerseits wollte ich unbedingt meine Englischkenntnisse verfestigen, weil mein Schul-Englisch mich immer etwas nervös gemacht hat beim Sprechen. Andererseits hatte ich den Wunsch nach einem Tapetenwechsel.«
Die Rückmeldung ihres Arbeitgebers war positiv: »Die haben sich zeitnah darum gekümmert, sie haben nachgefragt in England, und dann ging alles ziemlich schnell«, so Winkler. »Ich hatte das Gefühl, dass meine Chefs es gut fanden, dass ich meinen Horizont erweitern will.« Obwohl L’Osteria ein Franchise-System ist, bei dem vermeintlich alles überall auf der Welt gleich funktioniert, entdeckte Susann Winkler andere Arbeitsmethoden.

Beobachten, wie es woanders gemacht wird

»Das Management verständigt sich dort mit Walkie-Talkies und Knöpfchen im Ohr, das Restaurant arbeitet mit einem automatischen Reservierungssystem. Dieses wird jetzt auch bei uns in Berlin in einem Testlauf ausprobiert.« Ansonsten sei in der Filiale in Southampton aber franchise-like alles wie in der Heimat gewesen – zum Glück! Denn: »So konnte ich mich ganz auf die Sprache konzentrieren und musste nicht noch andere Dinge dazulernen. Die Abläufe waren schon ziemlich identisch.«

Ihre Kollegen waren herzlich und offen neuen Mitarbeitern gegenüber. »Es waren gar nicht so viele Briten. Inder, Italiener, Rumänen, es ging sehr international zu«, schwärmt Susann Winkler. Besonders gut gefiel ihr, dass man nach Feierabend noch zusammensaß und sich gemeinsam ein Gläschen gönnte. »Unsereins will immer gleich nach Hause. In England kam man gar nicht dazu, der Chef hat einfach jedem ein Glas in die Hand gedrückt. Das war gut fürs Teambuilding.«

Susann Winkler
Susann Winkler
Fotos: L´Osteria

Was würde sie im Nachhinein organisatorisch besser machen vor einem Auslandsjob? »Die Unterkunft sollte man idealerweise schon eintüten, bevor man den Job beginnt. Ich habe erst vor Ort über Airbnb ein Apartment gemietet. Das hat am Ende des Tages dann doch etwas mehr gekostet, aber das Abenteuer war es mir wert«, so Susann Winkler.

Wer sich im Ausland durchboxt, wächst als Persönlichkeit

Ihr Fazit fällt rundum positiv aus: »Schon nach einem Monat konnte ich viel flüssiger Englisch sprechen – und das war mein Ziel. Wenn man ins Ausland geht, gibt es immer wieder Situationen, in denen man sich irgendwie durchkämpfen muss, aber das gehört doch dazu! Klar ist es angenehm, wenn man ans Händchen genommen und alles für einen gemacht wird, aber dadurch verpasst man auch wertvolle Herausforderungen, die einen letztendlich stärker machen.«

Susann Winklers England-Abenteuer wurde auf dem kurzen Dienstweg organisiert, die meisten müssen sich ganz normal bewerben. Aber Vorsicht: andere Länder, andere Bewerbungs-Spielregeln! So reicht es meistens nicht aus, die deutschsprachigen Unterlagen einfach mal eben in die Landessprache zu übersetzen.

Informationen, die bei Bewerbungen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz üblich sind, können anderswo unangebracht sein. Angaben zu Kindern und Familienstand etwa sind in manchen Ländern ein No-Go.

Arbeiten im Ausland: Was zu beachten ist ...

In den meisten Ländern benötigt man eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, um ein Beschäftigungsverhältnis eingehen und einen Wohnsitz anmelden zu können. Wie aufwendig das ist, hängt immer vom jeweiligen Land ab.

Als EU-Bürger genießt man glücklicherweise das Recht, sich in anderen Mitgliedsländern uneingeschränkt aufhalten und dort arbeiten zu dürfen. Trotzdem ist es wichtig, sich im Heimatland ab- und im Gastland anzumelden und mit seiner Krankenkasse abzuklären, ob der Versicherungs-schutz ausreichend ist.

Vorsicht bei Bewerbungen: andere Länder, andere Spielregeln!

Für Bewerbungen im EU-Ausland empfiehlt sich der Europass-Lebenslauf – ein Dokument, mit dem man seine Qualifikationen und Kompetenzen europaweit transparent und verständlich darstellen kann (europass-info.de/dokumente). Generell gilt: Es ist unabdingbar, sich individuell darüber schlau zu machen, welche Bewerbungs-Normen im jeweiligen Sehnsuchtsland gelten. Auf Online-Plattformen wie auslandsjob.de erfährt man landesspezifische Tipps für optimale Bewerbungen in Zielländern von A wie Australien bis Z wie Zypern.

Wer sich vorher gut informiert, umschifft eine der größten Klippen auf dem Weg zum Traumjob im Ausland. Und wer das Interesse weckt beim Adressaten, wird gerne mal zum Video-Kennlerngespräch per Skype eingeladen. Das ermöglicht beiden Seiten einen ersten persönlichen Eindruck ganz ohne zeit- und kostenaufwendiges Vorstellungsgespräch.

Vorstellungsgespräch auch auf Englisch

Das Vorstellungsgespräch für sein erstes großes Job-Abenteuer fern der Heimat führte Tim Lehrke teilweise auf Englisch, obwohl es in Deutschland stattfand. Als er 25 Jahre jung war, lautete das Anforderungsprofil für seinen Traumjob »Hauptsache weit weg«. Und so wagte sich der gelernte Hotelfachmann auf hohe See, schipperte drei Jahre lang auf Kreuzfahrtschiffen durch die Weltmeere.

Vorsicht bei Bewerbungen
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»Ich wollte einfach mal etwas ganz anderes machen«, erinnert sich der 30-Jährige. »Ich bin dann ins Internet, hab geguckt, was es Außergewöhnliches gibt, und bin dann über das Jobportal ›seachefs.com‹ relativ schnell auf einem Kreuzfahrtschiff gelandet.« Antarktis, Arktis, Amazonas, Südsee ... Lehrke ist mit allen Meeres-Wassern gewaschen. »Ich kenne manche Buchten in der Antarktis besser als München«, sagt Lehrke und lacht. Zuerst heuerte er als Chef de Rang auf der MS Hanseatic an, dem damals edelsten Expeditions-Kreuzfahrtschiff der Welt mit fünf Sternen. Bereits im zweiten Vertrag, also nach sechs Monaten, stieg er zum Barchef auf.

Die Arbeit an Bord ist eine Welt für sich

»Die Gemeinschaft an Bord schweißt sehr schnell zusammen. Man lernt Menschen innerhalb kurzer Zeit wahnsinnig intensiv kennen. Auf den hohen Standard, den die Reederei vorgab, hatten alle Bock, jeder hat mitgezogen, das war eine starke Erfahrung«, erinnert sich Lehrke gerne zurück. Mit der MS Bremen war er mal an dem südlichsten Punkt der Erde, den bis dahin jemals ein Schiff angesteuert hat. »Das sind so Momente und Extreme, die kann dir keiner nehmen.«

An Bord wird allerdings auch sehr hart gearbeitet. »Ich habe einen zyprischen Seemannsvertrag unterschrieben«, erklärt Lehrke, »deshalb hatte ich immer Sieben-Tage-Wochen, meistens jeweils circa zehn Stunden pro Tag.« Untergebracht war er in kleinen Zweier-Kabinen mit Doppelstockbett. »Da bleibt wenig Platz für Allüren. Meine Privatsphäre an Bord fing erst hinterm Bett-Vorhang an«, so Tim Lehrke, »aber ich habe das nie als schlimm empfunden«.

Nach drei Jahren auf hoher See »kann man sich seine Jobs an Land quasi aussuchen«, so Lehrke. »Ich war überall willkommen. Die Anforderungen auf Kreuzfahrtschiffen sind sehr hoch, man kommt von einem sehr hohen Level, deshalb ist man gerne gesehen, wenn man länger dabei war und auf Schiffen auch mal die Karriereleiter aufgestiegen ist. Es ist ein Karriereschritt, der sich durchaus lohnt.«

Jobs auf hoher See sind mit Entbehrungen verbunden

Worüber man sich im Klaren sein muss: »Ich habe diverse Hochzeiten verpasst. Als meine Großmutter gestorben ist, konnte ich nicht zur Beerdigung. Man sollte sich über die Konsequenzen im Klaren sein, wenn man weit weg ist. Mal schnell nach Hause fliegen, das geht dann eben nicht«, so Tim Lehrke.

Meinen Chefs gefiel, dass ich mich im Ausland weiter-entwickeln wollte

Susann
Winkler,
L’Osteria

Das Job-Abenteuer der gelernten Köchin Yvonne Jürgens, heute Einkäuferin für die »Mein Schiff«-Flotte von TUI, fand in einem Land statt, das von uns so weit entfernt ist wie kein anderes: Neuseeland. »Da wollte ich schon immer mal hin. Als ich 23 war, habe ich mich als Köchin bei einem Weingut mit Gourmet-Restaurant-Betrieb in der Region Marlborough beworben.« Die Antwort kam prompt: »Es wäre schön, wenn Sie noch vor Weihnachten unser Team verstärken können …«

Und so ging’s Ende 2014 auf nach Neuseeland, 18.000 Flugkilometer. »Dort bin ich mit dem Quad auf Plantagen gefahren, habe Zitronen und Wein gepflückt. In der Küche hatte ich alle Freiheiten, mit all diesen herrlichen Produkten zu experimentieren. Das hat sich anders angefühlt, als Lebensmittel einfach nur von Lieferanten zu bekommen.«

»Die Menschen und das Leben dort sind viel nahbarer und so herrlich unkompliziert, unwahrscheinlich hilfsbereit«, sagt Jürgens. So auch die administrativen Dinge. »Vor der Abreise erledigt man noch schnell seine Lohnsteuer, das geht dort viel unbürokratischer und schneller als bei uns.«

Unbedingt checken, ob die Krankenkasse auch im Ausland schützt

Wer sich wie Yvonne Jürgens für ein sehr weit entferntes Land entscheidet, sollte unbedingt prüfen, ob die Krankenkasse im Fall der Fälle ausreicht. Dafür genügt in der Regel ein Anruf bei der Hotline der Krankenkasse. Gegebenenfalls unbedingt eine Extra-Versicherung abschließen!

Sollte nach einem Autounfall etwa ein Krankenrücktransport in die Heimat notwendig sein, kann dieser ungeheuerliche finanzielle Dimensionen er­reichen. Hier sollte man nicht am
falschen Ende sparen und sich vernünftig absichern, falls wirklich mal etwas passiert.

Infos und Stellenangebote für Bewerbungen im Ausland

Auf der HOGAPAGE Jobbörse finden Bewerber viele interessante Stellenangebote im Ausland, die ausschließlich aus der Gastronomie und Hotellerie kommen.

Oder wie wäre es mit einer Karriere auf hoher See? Auch in diesem spannenden Bereich wird man bei HOGAPAGE fündig.

Infos darüber, wie man sich im Zielland optimal bewirbt und worauf man bei einem Auslandsjob unbedingt achten sollte, sind auch auf auslandsjob.de und workwide.de zu finden.

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