Die große Herausforderung der deutschen Freizeitparks
Fotos: Europa-Park Rust

Besucherrekord vs. Fachkräftemangel

Die große Herausforderung der deutschen Freizeitparks

von Daniela Müller
Sonntag, 29.01.2017
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Der Europa-Park ist geografisch gut gelegen, als Marke bekannt und wurde mehrfach als bester Arbeitgeber im deutschen Mittelstand ausgezeichnet (Top Job Award 2015, FOCUS Arbeitgeberpreis 2016 u. v. m.). Bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern für die Gastronomie und Hotellerie nutzt das jedoch wenig, berichtet Matthias Kirch, Direktor Human Resources Europa-Park. Es wird immer schwieriger, ausreichend ­Saisonkräfte zu rekrutieren«. Mittlerweile wurde eine Bewerberhotline eingerichtet, die täglich (außer sonntags) von 9 bis 20 Uhr besetzt ist.

Personalsuche ist ein Kraftakt

Nur auf klassisches Recruiting zu vertrauen, ist für den Human-Resources-Direktor schon lange keine Lösung mehr. Um für den Besucheransturm gewappnet zu sein, wurden im letzten Jahr Investitionen in zweistelliger Millionen­höhe getätigt und neben 150 neuen Arbeits- auch 120 Ausbildungsplätze geschaffen. Seit 2015 richtet der Europa-Park zweimal jährlich »Bewerbertage« aus. Interessierte können dabei die vielfältigen Arbeitsfelder, Ausbildungswege und Karrierechancen kennenlernen. »Die Bewerbertage werden intensiv von uns beworben. Selbst an Universitäten und im Radio. Inzwischen sind sie gut besucht und für uns sehr zielführend«, freut sich Kirch. Der Bedarf an gastronomischen Kräften ist dennoch kaum zu decken. Aber Kirch gibt nicht auf. Selbst die Ausbildung syrischer Flüchtlinge lässt er nicht unversucht. Sprachliche und kulturelle Barrieren sind allerdings hoch. »Wir lernen sie zunächst als Servicekräfte oder Hilfsköche an, müssen mit absoluten Basics beginnen – was ist eine Banane, wie werden Nudeln zubereitet, wie Kartoffeln geschält.«

Die großen Parks schaffen zunehmend Anreize für Bewerber

Der mittlerweile chronisch gewordene Fachkräftemangel beschäftigt auch Manuela Müller-Seitz, Personalleiterin Legoland. »Die Mitarbeiter, die wir suchen, sitzen nicht auf der Straße. Wir bilden inzwischen selbst aus, zumindest in den klassischen Berufen der Branche: Koch, Systemgastronom, Restaurantfachfrau.« Legoland richtet mehrfach im Jahr Job-Messen aus, stellt Ausbildungswege und berufliche Perspektiven im Themenpark und Feriendorf vor. Das kommt bei jungen Leuten aus der Region gut an.

Laut Müller-Seitz reicht das jedoch nicht aus. »Wir müssen zukunftsfähig aufgestellt sein und mehr ausländische Kräfte anziehen. Darum haben wir jetzt Unterkünfte für unsere Mitarbeiter gebaut und suchen verstärkt über Social-Media-Kanäle.« Die erstmalige Teilnahme bei der Online-Messe des europäischen Jobnetzwerks »EURES« war ein weiterer Schritt. Noch ist ungewiss, ob er erfolgreich war. »Wir haben überdies zahlreiche Zusatzleistungen für Mitarbeiter geschaffen – Gesundheitswochen, kostenlose Shuttlebusse, Rabatte in den Restaurants –, das ist für viele schon ein Anreiz. 80 Prozent unserer Saisonkräfte kommen seit etlichen Jahren wieder«, bekräftigt die Personalleiterin.

Ritterburg Legoland
Foto: Legoland Deutschland

Arbeiten zwischen Achterbahn und Drachenburg  ...

Jobs und Karrieren in Freizeitparks

Vermutlich war jeder von uns schon in einem Freizeitpark, johlte auf der Achterbahn oder schwindelte in der Schiffschaukel. Doch wie arbeitet es sich in einem solchen Park? Eines ist sicher, wer hier Karriere machen möchte, sollte multilingual, philan­thropisch, weltoffen und auch ein kleines bisschen »crazy« sein. Und: ein leidenschaftlicher Dienstleister.

Markus Widmann, Empfangschef: Italienisch sprechender Babysitter – kein Problem!

Die Arbeit zwischen waghalsigen Fahrgeschäften, Drachen und Wasserrutschen ist nicht für jeden geeignet. Hier braucht es Nerven, Leidenschaft und Enthusiasmus. Für Markus Widmann, Empfangschef im Erlebnishotel Bell Rock, war es sogar ein Grund, nach Deutschland zurückzukehren. »Insgesamt arbeite ich über 15 Jahre im Europa-Park, zwischendurch war ich im Ausland tätig. Doch ich wollte unbedingt zurück. Seit 2012 bin ich Empfangschef im Bell Rock und sehr froh da­rüber. Kein Tag ist wie der andere. Nichts ist vorhersehbar. Für mich ist das eine ­große Bereicherung.«

Allein die Gästestruktur hier im Hotel ist so vielfältig wie das Parkangebot. Ob Familien, große Unternehmen, internationale Stars – aus ganz Europa und Übersee kommen sie nach Rust. Meist bleiben sie nur für eine Nacht. Widmann ist als Empfangschef da enorm gefordert. »Bei uns geht es nicht nur um das Ein- und Auschecken der Gäste«, erklärt er. »Wir buchen Ausflüge ins Umland, kümmern uns um die verrücktesten Anfragen. Selbst wenn es mitten in der Nacht ein Babysitter mit italienischen Sprachkenntnissen sein muss. Wir finden eine Lösung.« Widmann schwärmt von seinem eingeschworenen, multilingualen Team. Über verschlungene Pfade haben alle ihren Weg ins Bell Rock gefunden. »Wir sind ein familiengeführtes Unternehmen, wertschätzendes Miteinander wird bei uns gelebt, es gibt kaum Fluktuation.« Als Nachteil empfindet er das Arbeitsvolumen: »Über 180 Stunden im Monat sind keine Seltenheit.«

Oli Stone, F&B-Manager: Ein Arbeitgeber, der immer spannend bleibt

Auch Oli Stone, F&B-Manager im À-la-carte-Steakhouse-Restaurant (Legoland Feriendorf), kennt das gut. »Während der Hochsaison ist das Arbeitspensum enorm. Ruhige und stark frequentierte Tage können wir uns nicht aussuchen.« Doch er ist gerne Dienstleister, immer nah am Gast und dessen Wünschen. »Geht nicht, gibt’s bei mir nicht.« Den F&B-Manager kann dabei so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Für ihn ist Legoland ein Arbeitgeber, der nie aufhört, spannend zu sein. »Weil wir ein Erlebnis verkaufen, uns ständig erneuern und kreativ sein müssen. Ich schätze das besondere Flair hier und die ­familiäre Atmosphäre.« Stone jobbte schon als Student hier, inzwischen ist er über zwölf Jahre dabei und kann sich keinen besseren Arbeitsplatz vorstellen.

Matthias Altmann, Assistent der Geschäftsführung: Freizeitpark als Karriereleiter

Er hat schon seine Ausbildung im Europa-Park absolviert und ist überzeugt, sein Job sei nie langweilig: Matthias Altmann ist Assistent der Geschäftsführung und schwärmt von der Bandbreite seines Arbeitsbereiches. »Allein, dass unser gastronomisches Angebot von Pommes bis zur 2-Sterne-Küche reicht, verdeutlicht dies. Ich arbeite abteilungsübergreifend für ­einen unserer Gesellschafter und verantworte die Bereiche Gastronomie, Hotellerie und Marketing.« Altmann beichtet, das Innovationstempo im Europa-Park sei sehr hoch und stets mit neuen Anforderungen verbunden. »Aber genau das liegt mir. Ich brauche Aufgaben, die mich fordern.« Für ihn gibt es keinen Dienst nach Vorschrift. Wer im Europa-Park arbeitet, muss viel Enthusiasmus mitbringen und den Willen, auch mal »die Extra-Meile« zu gehen.

Drache Legoland
Foto: Legoland Deutschland

Sarah Kränzle, Studentin Eventmanagement an der Dualen Hochschule: Ein ganzer Park als Schreibtisch

Ähnliches berichtet Sarah Kränzle, die eine Ausbildung als Bürokauffrau im Legoland absolvierte und nicht weiter wusste. »Jetzt studiere ich Eventmanagement an der Dualen Hochschule Ravensburg. Legoland hat die Idee an mich herangetragen. Ich war sofort begeistert.« Sie sagt, ein Freizeitpark sei eine Welt für sich. Wer hier arbeitet, müsse unbedingt »mit Menschen können« und ein bisschen »crazy« sein. »Der Park ist mein Schreibtisch, dass macht die Arbeit so vielseitig. Ich habe Kontakt zu den Gästen, packe beim Bühnenaufbau mit an, kann in verschiedene Abteilungen hineinschnuppern.« Legoland gehört zur Merlin Entertainments Group. Kränzle hat dadurch die Option, in Themenparks weltweit zu arbeiten. »So eine Perspektive können mir nur wenige Unternehmen bieten, da habe ich schon das große Los gezogen.«

Stefan Braitsch, Park- und Eventgastronom: Herr der 1.000 Feste

Wenn der Europa-Park geschlossen ist, sind seine Dienste gefragt: Stefan Braitsch, Park- & Eventgastronom. Denn dann finden Dinner-Shows, Galas, Familienfeiern und Konzerte mit internationalen Stars wie Jan Delay statt. »Wir veranstalten auch Events mitten im Park, da brauche ich ein breit gefächertes Wissen über alle Gegebenheiten hier: Wo ist welche Achterbahn, Wasserrutsche, Bühne, wie bewältige ich die Logistik, welche Sicherheitsvorkehrungen sind zu beachten? Das ist mit klassischer Event­gastronomie nicht vergleichbar und darum für mich so besonders und aufregend.«

Braitsch ist auf vielen Ebenen gefragt, muss mit zahlreichen Gewerken zusammenarbeiten, immer für Fragen der Gäste offen sein. Kurz: Augen und Ohren überall haben. In seiner Stimme schwingt Stolz mit, wenn er über seinen Job spricht. »Ohne eine große Portion Leidenschaft geht das nicht. Am meisten freue ich mich, wenn Gäste mit leuchtenden Augen zu mir kommen, weil sie was Einmaliges bei uns erlebt haben.« Als Nachteil in seinem Job empfindet er das Saisongeschäft und die damit verbundene Arbeitszeit. »Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Dafür habe ich im Sommer mehr Freizeit, das ist mir recht.«

Legoland

Fakten

Lego-thematisierter Freizeitpark mit neun Abenteuerwelten und angeschlossenem Feriendorf. Über 55 Fahrattraktionen, Tausende Modelle aus über 56 Millionen Lego-Steinen sowie Live-Shows und Events

Parkgröße: 140 Hektar; bebaute Fläche
71 ha, davon 11 ha Feriendorf
Mitarbeiter: 250 Festangestellte; bis zu 1.000 Mitarbeiter im Park und Feriendorf während der Saison (davon 500 in Gastronomie und Hotellerie)
Besucher: seit Eröffnung im Mai 2002 über 20 Millionen
Lage: Günzburg in Bayern, an der A8 zwischen Stuttgart und München gelegen

Ansprechpartner für Bewerber
LEGOLAND Deutschland Freizeitpark GmbH
Frau Manuela Müller-Seitz
LEGOLAND Allee
89312 Günzburg
Tel.: 08221 700 99 700
E-Mail: manuela.mueller@legoland.de
www.legoland.de/ueber-legoland/jobs


Europa-Park

Fakten

Deutschlands größter Freizeitpark mit über 100 Attraktionen, davon 15 Großattraktionen wie spektakuläre Wasser- und Achterbahnen. Täglich mehr als 20 verschiedene Shows: Musicals, Varieté, Akrobatik, Dinner-Shows etc.

Parkgröße: 50 Hektar, 100 Hektar inklusive Hotels & Parkplätzen
Besucher/Jahr: 5,5 Millionen
Mitarbeiter: ca. 3.500, in der Hochsaison über 5.000
Lage: im Dreiländereck Deutschland, Frankreich und Schweiz, 30 Autominuten von Freiburg entfernt

Ansprechpartner für Bewerber
Europa-Park GmbH & Co Mack KG
Matthias Kirch, Direktor Human Resources
Europa-Park-Straße 2
77977 Rust bei Freiburg
Tel.: 07822 77-111 30
E-Mail: office.hr@europapark.de
Bewerberhotline: 07822 77-15 444 (Mo. – Sa.: 9 – 20 Uhr)
jobs.europapark.de/de

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