Fachkraft Ausland
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Mit neuer Kraft von außen

von Petra Sodtke
Freitag, 03.05.2019
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Von Personal aus krisengeplagten EU-Staaten bis zur Integration von Migranten oder Flüchtlingen reichen die Ansätze. HOGAPAGE spricht mit Gastronomen und Hoteliers über ihre diesbezüglichen Erfahrungen.

Ob Personalmangel, ob Wunsch nach frischen Impulsen von außen fürs Team, ob Wille nach sozialem Beitrag – die Gründe, Mitarbeiter aus dem Ausland anzuwerben, sind vielfältig. Meist ist es ein Mix mehrerer Motive. Bei Katja Kortmann, Stv. Hoteldirektorin im inhabergeführten Hotel Esplanade in Dortmund, war das Gefühl der gesellschaftlichen Verantwortung in der aktuellen Asyl-Debatte Hauptmotiv. »Wir hatten genug Personal, da ist Anfang 2016 die Caritas an uns herangetreten, um für Amer aus Syrien einen Praktikumsplatz zu suchen. Er konnte noch kaum Deutsch, war aber sehr motiviert. Nachdem die Zusammenarbeit so gut geklappt hat, haben wir ihm angeboten, eine Ausbildung bei uns anzuschließen.« Sie hat gute Erfahrungen gemacht. Nicht umsonst beschäftigt sie heute neben Amer in ihrem 35-köpfigen Team noch vier weitere junge Leute mit Asylstatus aus Syrien und Ghana sowie einen Azubi aus Griechenland. Die Geschäftsfrau betont aber auch: »Besonders am Anfang ist es zeitintensiv, Geflüchtete einzustellen.«

Herausforderung Bürokratie: Das sollte man wissen

Da ist zunächst der bürokratische Aufwand. Der kann bei der geplanten Beschäftigung von Arbeitnehmern mit Asyl-Hintergrund im Vergleich zu Azubis oder Facharbeitern aus EU-Staaten oder aus den USA um einiges höher sein. Das Gute vorweg: Es wird schrittweise leichter. Direkt nach dem ersten großen Migrationsstrom 2015 waren die Herausforderungen noch enorm für Arbeitgeber. Katja Kortmann erinnert sich: »Im Zusammenhang mit der Anstellung von Amer aus Syrien hat es vor drei Jahren noch viel Zeit und Nerven gekostet, herauszufinden, wann man wofür zu welchem Amt gehen muss und wer überhaupt zuständig ist. Überall habe ich eine andere Auskunft erhalten.« Viele Betriebe haben sogar die Hürde der Planungsunsicherheit als Risiko auf sich genommen – wird mein Lehrling abgeschoben? Nicht wenige mussten sich von bereits beruflich wie sozial bestens integrierten Arbeitnehmern wieder verabschieden, für die sie sich sehr engagiert hatten.

Bis heute empfinden die meisten Hoteliers und Gastronomen jene Punkte, die sie selbst nicht direkt beeinflussen können – Bürokratie, Planungsunsicherheit –, als größte Herausforderungen bei der Beschäftigung ausländischen Personals mit Fluchthintergrund, fasst Marlene Thiele vom »NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge« die aktuelle Umfrage unter ihren Mitgliedsbetrieben zusammen. Der Lichtblick: Man darf aufatmen, die neuen Einwanderungs-Gesetze gehen in die richtige Richtung. Die Planungsunsicherheiten werden bspw. in Deutschland mit der »3-plus-2-Regelung« deutlich entschärft, »auch wenn der DEHOGA sich bei Details dieser Regelung noch mehr Klarheit und Rechtssicherheit wünschen würde«, sagt Sandra Warden. Die Wichtigkeit der Planbarkeit, Rechtssicherheit und des Vorantreibens aller die Betriebe unterstützenden Maßnahmen (z.B. der Arbeitsagenturen/-ämter) betont auch Petra Nocker-Schwarzenbacher von der Wirtschaftskammer Österreich.

Warum Unternehmer auf externe Inputs besser nicht verzichten

Trotz Herausforderungen: Kein Grund zur Abschreckung, Menschen mit Asylstatus einzustellen, sagt Marlene Thiele: »Wenn man erst mal weiß, welche rechtlichen Grundlagen es gibt und wo man Förderung und Unterstützung finden kann, ist die Zusammenarbeit in den allermeisten Fällen sehr erfolgreich.« Unterstützung gibt es mittlerweile viel. Gut vernetzte Ansprechstellen wie die Agentur für Arbeit/AMS, BAMF, Kammern, Interessenvertretungen (WKO, IHK, Hoteliervereinigung, DEHOGA) vermitteln oder veranstalten selbst (regionale) Programme und bieten Info-Broschüren zu arbeitgeberrelevanten Fragen (Welche Asylstatus- und Bleibeperspektiven gibt es, wer braucht (k)eine Arbeitsgenehmigung). Katja Kortmann nutzt darüber hinaus die Initiativen, Checklisten, Services, Veranstaltungen, Webinare und den Erfahrungsaustausch mit anderen Betrieben über die Plattform. Deren vermitteltes SES/»VerA«-Programm unterstützt z.B. Lehrlinge beim Deutsch-Lernen und bei den Inhalten aus der Berufsschule. Derartige Initiativen haben hohe Priorität. Thiele: »Die Bewältigung der Berufsschule fällt vielen schwer. Hier führen Sprachprobleme leider manchmal zu Frustration und schlimmstenfalls zu Ausbildungsabbrüchen.« Kortmann: »Bei mir hat es sich zusätzlich bewährt, Mitarbeiter mit Fluchthintergrund im Housekeeping beginnen zu lassen, bevor sie in die geplante Abteilung kommen. So kommen sie leichter sprachlich, und auch kulturell, zwischenmenschlich an.«

Johannesbad Hotels
Die Johannesbad Hotels Bad Füssing haben gute Erfahrungen mit Asylbewerbern gemacht. Foto: Johannesbad Hotels

Personal aus aller Welt: Hier wird Arbeitgebern geholfen

Wer Interesse hat, ausgebildete Fachkräfte oder Azubis aus EU-Ländern oder außerhalb Europas anzuwerben, auch dem kann geholfen werden. Hierfür sind u.a. die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit und das EURES-Netzwerk zuständig. Die Steigenberger Hotels haben mit einer solchen Initiative – in ihrem Fall war es das »MobiPro-EU-Programm« – gute Erfahrungen gemacht, berichtet Jannah Baldus, Manager Corporate Communications (www.deutschehospitality.com): »Von den 13 Auszubildenden als Köche, Hotel- und Restaurantfachkräfte aus Spanien, die 2015 über dieses Programm zu uns gekommen sind, haben neun ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, einer sogar frühzeitig, fünf von ihnen sind heute noch in unserem Konzern tätig.« Wie erklärt sie sich die hohe Erfolgsquote? Baldus: »Wir haben die Jugendlichen mit persönlichen Paten ausgestattet, haben vor Ort bei Wohnungssuche, Freizeitgestaltung, Behördengängen unterstützt. Durch ein bereits absolviertes dreiwöchiges Praktikum in den Betrieben und einen Intensiv-Sprachkurs sowie Ausflüge und Stadtführungen wurden sie auf den Alltag in Deutschland vorbereitet.«

Grundsätzlich lassen wir alle Bewerber Probe arbeiten, dann stimmen wir im Team ab Bettina Fink-Haberl, Gasthaus Haberl & Fink’s

Warum ein Deutschkurs essenziell ist, aber allein nicht genügt

Eine weitere Erfolgsgeschichte liefern die Johannesbad Hotels im bayerischen Bad Füssing. Auch dieser Arbeitgeber blickt auf jahrelange gute Erfahrung mit Personal aus dem Ausland (aktuell werden dort elf Asylbewerber und sieben Flüchtlinge ausgebildet) zurück. Dass dem so ist, liegt – wieder einmal – besonders am unternehmerischen Einsatz. Ralf Müller, Geschäftsbereichsleiter Hotellerie, sagt: »Unsere Maßnahmen zielen darauf ab, neuen Mitarbeitern zu vermitteln: Ihr interessiert uns, wir kümmern uns um euch, wir wollen auch von euch lernen.« Das gilt für alle neuen Mitarbeiter. Die konkrete Gestaltung der Maßnahmen nimmt dann Bezug auf die individuellen Herausforderungen: Einheimische Berufsstarter haben manchmal Schwierigkeiten, sich daran zu gewöhnen, erstmals Teamgeist, Pünktlichkeit, Ordnung etc. zu zeigen, hier gilt es, mögliche Frusterlebnisse abzufangen. Junge Leute aus dem Ausland haben dieselben Herausforderungen, zusätzlich müssen sie sich in die ungewohnte Kultur fern der Heimat ohne ihre Peergroup einleben. Noch mal eine Stufe schwieriger ist die Situation für Mitarbeiter mit Flucht-Erfahrung. Speziell für letztere beiden Gruppen veranstaltet Ralf Müller daher u.a. neben dem In-House-Sprachkurs-Angebot Themenabende und Feste, bei denen die neuen Kollegen dem Team ihre Heimat nahebringen und ihnen z.B. zeigen, wie man ihre Nationalgerichte kocht. So fühlen sie sich von Anfang an als Teil des Teams.

Frauen als Vorgesetzte – wirklich kein Problem?

Was die Lösung/Prophylaxe möglicher kulturbedingter Konflikte im Berufsalltag betrifft, gibt es eine übereinstimmende Linie bei erfolgreichen Betrieben: Zu den Werten stehen, die den Betrieb ausmachen, davon ab­geleitete Erwartungen von Anfang an klar kommunizieren und von allen ausnahmslos einfordern. Ralf Müller: »Im Bewerbungsgespräch sprechen wir direkt an: Sie werden auch Frauen als Vorgesetzte haben, wie kommen Sie damit klar? Hat jemand ein Problem damit, kann er nicht bei uns arbeiten.« Bettina Fink-Haberl, Geschäftsführerin im Gasthaus Haberl & Fink’s im steirischen Walkersdorf, sagt: »Meiner Erfahrung nach ist am wichtigsten, vorab festzustellen: Wird dieser Mensch – egal, wo er herkommt – ins Team passen? Grundsätzlich lassen wir alle Bewerber Probe arbeiten, dann stimmen wir im Team ab. Mein Lehrling Sanad aus Syrien hat z. B. nicht die besten Noten in der Berufsschule, das Angebot eines Nachhilfe-Lehrers hat er abgelehnt. Aber er hat Talent. Bei einem Lehrlingswettbewerb hat er kürzlich die Silbermedaille geholt.« Fazit: Niemand muss Per­sonal unabhängig seiner Herkunft einstellen, das arbeitsunwillig ist oder das System ausnützen will. Aber wer wirklich will und Talent hat, der hat es verdient, dass ihm mit vereinten Kräften geholfen wird.

Asyl: Wen darf man überhaupt anstellen?

In Deutschland dürfen nur anerkannte Flüchtlinge (in Österreich: Asylberechtigte, anerkannte Konventionsflüchtlinge) jederzeit jede Beschäftigung und Ausbildung annehmen, sie sind Inländern am Arbeitsmarkt gleichgestellt (daher keine Beschäftigungsbewilligung nötig). Im Gegensatz zur Gruppe der Asylbewerber und der geduldeten Personen (in Österreich: Asylwerber), für die gilt: Um in Deutschland arbeiten zu dürfen, brauchen sie eine Genehmigung der Ausländerbehörde und in der Regel die Zustimmung zur Beschäftigung von der Bundesagentur für Arbeit. Außerdem müssen sie grundsätzlich eine Frist von drei Monaten rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland abwarten, um arbeiten zu dürfen. In Österreich ist das ähnlich geregelt: Asylwerber müssen eine Beschäftigungsbewilligung beantragen (Achtung: Diese gilt im Normalfall nur für Saisonarbeit in Gastgewerbe oder Landwirtschaft und nur für die Dauer von 6 Monaten). Bei der zuständigen Arbeitsagentur (in Österreich: beim zuständigen AMS) vorab genau informieren!
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.

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