Die Kirsche im Exklusiv Interview
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Die Kirsche im Exklusiv-Interview

Jetzt rede ich!

von Sebastian Bütow
Sonntag, 24.04.2016
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Der Sommer klopft langsam, aber sicher an die Tür. Wie sehr freut Sie das?
Das ist großartig! Juni bis August, das ist genau meine Zeit. ­Besonders schön finde ich, dass ich im Sommer pur genossen werde. Es ist völlig in Ordnung, dass die Leute Konfitüre, Pralinen oder Torten aus mir machen, aber die größte Freude macht mir, wer mich einfach so vernascht, in meiner reinsten Form.

Frisch vom Baum munden Sie am meisten?
Wenn ich süß bin, auf jeden Fall. Ich lasse mich nicht gerne ­lagern, nach dem Pflücken sollte man mich maximal drei Tage später genießen. 

Woran erkennt man denn, ob Sie schön frisch sind?
Achten Sie darauf, dass noch ein Stiel an mir dran ist. Mein Stiel muss gerade, grün und geschmeidig sein. Ohne geht gar nicht – dann blute ich nämlich aus.

Wie würden Sie sich jemandem beschreiben, der Sie nicht kennt?
Pralle Rundungen überall, rot, sexy und verführerisch. Mein Temperament schüchtert viele ein. Die meisten lieben es, wenn ich süß bin. Wenn ich sauer bin, mögen mich manche Leute nicht so gerne, zumindest nicht pur. Aber damit kann ich ­leben.

An Selbstbewusstsein mangelt es Ihnen kaum, oder?
Ich sage lediglich, wie es ist. Schauen Sie sich doch mal die »Mon Chéri«-Werbung an, wie erotisch ich da in Szene gesetzt werde, wenn diese schöne Frau mich langsam mit ihren sinnlichen Lippen vernascht. Ich bin nun mal Symbol für sexuelle Kraft und Fruchtbarkeit. Das Logo der Diskotheken-Kette »Pacha« – bin ich. Sie hätten ja auch einen Apfel nehmen können. Aber das ist eher was für Nerds. (Lacht.) 

Und in Japan …
… klar, in der dortigen Kultur gilt es als das Allergrößte, wenn meine Blüten blühen, das ist für die Menschen der tollste Moment des ganzen Jahres. Dort habe ich allerdings ein etwas anderes Image als bei euch Mitteleuropäern. In Japan stehe ich für Reinheit, Schönheit und Glück.

Wie viele Arten gibt es eigentlich von Ihnen?
Rund 400 Arten mit über 1.000 Sorten. Es wird höchste Zeit, dass Kirschwissenschaften an der Uni gelehrt werden. Nur ­sauer und süß, leider denken das manche noch immer. Etliche Stu­dien beweisen, dass ich schlank mache, Cellulite und sogar verschiedenen Krebstypen entgegenwirke.

Die Acerola-Kirsche ist zurzeit ziemlich angesagt. Zu Recht?
Moooment mal! Ich möchte mich nicht mit falschen Federn schmücken. Diese Frucht sieht mir zwar extrem ähnlich, aber wir sind nicht verwandt. Es handelt sich um eine Steinfrucht, die zur Familie der Malpighiengewächse gehört. Ich weiß, dass ihr Europäer total abfahrt auf diese Acerolas, weil die Vitamin C ohne Ende enthalten, aber den Anbau könnt ihr vergessen. Die gedeihen nur in feuchtem, subtropischem Klima! 

Sind die Piemont-Kirschen, die für »Mon Chéri« verwendet werden, eine besondere Sorte?
In Anbetracht der amüsanten Geschichte, die sich in »Mon Chéri«-Kirschen verbirgt: Ja! Eine Kirschsorte mit diesem Namen gibt es nämlich gar nicht. Piemont ist die Region, aus der die Hersteller-Familie Ferrero stammt. Und jetzt kommt’s: Trotz des Namens kommen die »Mon Chéri«-Kirschen nicht etwa aus Italien. Sondern von dort, wo ­Ferrero gute Ware bekommt, etwa aus Polen, Chile oder Deutschland. 

Wir haben noch gar nicht über die Schwarzwälder Kirschtorte gesprochen, die im vergangenen Jahr ihren 100. Geburtstag feierte.
Ein stolzes Jubiläum! Fragt man weltweit nach typisch deutschen Spezialitäten, dann würde ich als Torte bestimmt oft genannt werden. Wussten Sie, dass die wahre Herkunft umstritten ist?

Nein. Bitte klären Sie uns auf!
Ob meine Torte wirklich aus dem Schwarzwald stammt, ­konnte nie bewiesen werden. Einige Schlaumeier meinen, dass die ­Optik der dortigen Frauentracht ähnelt: Die Blusen sind weiß wie die Schlagsahne, die Kleider dunkel wie die Schokoladenstreusel, und der Bollenhut besteht aus roten Kugeln – die fast so schön sind wie ich.

Kirsche, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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