Mit Glanz und Gloria
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Mit Glanz und Gloria

von Clemens Kriegelstein
Mittwoch, 09.08.2017
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Hotel Sacher / Wien – Magie und Authentizität

1878 eröffnete Eduard Sacher, Sohn des Tortenerfinders Franz Sacher, das »Hotel de l’ Opéra« – direkt hinter der Staatsoper. Doch der Name des Hauses traf offensichtlich nicht den Nerv der Bevölkerung, die bald nur mehr vom »Sacher« sprach, so dass das Hotel 1896 auch offiziell in Sacher umgetauft wurde. Zu diesem Zeitpunkt führte bereits Anna Sacher den Betrieb, nach dem frühen Tod ihres Mannes. Als junge, erfolgreiche Geschäftsfrau, die gerne Zigarren rauchte und stets mit ihren Bulldoggen unterwegs war, war sie in der Wiener Gesellschaft Ende des 19. Jahrhunderts bald selbst eine Legende. Nach ihrem Tod und dem Konkurs in den 1930er-­Jahren wurde das Haus von der Familie Gürtler gekauft, die bis heute im Besitz des ­Luxushotels ist. Zahllose Künstler, von ­Leonard Bernstein über Sharon Stone bis zu Bruce Willis, haben hier genächtigt und Curd Jürgens wurde einst sogar vor die Türe gesetzt, weil er hier ohne Sakko und Krawatte speisen wollte – beim Dresscode kannte man in den 1970er-Jahren selbst bei Promis noch kein Pardon.

Inzwischen hat sich nebst anderem auch die Etikette ein wenig geändert. Was aber bis heute ungetrübt ist, ist die Strahlkraft der Marke Sacher, wie Direktor Reiner Heilmann betont. Natürlich werde man als Traditionshaus laufend von der Konkurrenz bedrängt. Hier ständig vorneweg zu schreiten, sich nicht auf dem eigenen Namen auszuruhen (das Sacher war etwa eines der ersten 5-Sterne-Superior-Hotels in Österreich), sei ein ständiger Kraftakt. Auch wenn der eigene Nimbus natürlich wichtig sei, so wie jeder Markenname ­einen Wert habe. Aber dieser könne auch schnell verloren gehen. »Unser Job ist es, herauszufinden, was der Gast morgen wünscht, um uns darauf einzustellen. Denn bei den Preisen, die wir verlangen, erwartet er zu Recht eine entsprechende Gegenleistung. Die Erwartungshaltung des Gastes zu erfüllen, genügt dabei schon lange nicht mehr. Du musst den Gast überraschen. Er will ein positives Erlebnis ­haben. Dann rückt auch der Preis in den Hintergrund«, so Heilmann.

Torte als »Door-Opener«

Dass das Sacher gerne mit seinen besonderen Gästen wirbt, davon zeugen die zahlreichen signierten Fotos an den Wänden. »Es macht uns schon stolz, wenn man jemanden Prominenten betreuen darf. Das ist für unser Haus wichtig und trägt zur Atmosphäre bei«, gibt Heilmann unumwunden zu. Und dass noch ein weiterer Punkt für das Sacher essenziell ist, versteht sich eigentlich von selbst: die Original Sacher-Torte. Heilmann: »Wir leben ebenso stark von der Torte wie sie vom Hotel. Wir befruchten uns quasi gegen­seitig. Aber klar ist sie ein Door-Opener für uns.«

Ein weiteres Markenzeichen, das das »wienerischste aller Hotels«, wie Heilmann es ausdrückt, von anderen Luxushäusern unterscheidet, ist eine Eigentümerin, die das Haus repräsentiert und für Gäste auch greifbar ist. »Das wird unheimlich geschätzt, dass Elisabeth Gürtler auch mal durch das Hotel geht, dass sie das Gesicht des Hauses ist.« Einen weiteren Vorteil, den man schließlich als Familienunternehmen habe, sei die Langfristigkeit im Agieren. Alles Handeln sei auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Heilmann: »Im Gegensatz zu einem Kettenhotel interessieren uns die nächsten Quartalszahlen nicht.«

Angebot darf nicht austauschbar werden

Einen anderen Part im Sacher-Gefüge spielen die beiden Hauben-Restaurants des Hauses. Klar ist, dass die Speisekarte ein für Wien typisches Angebot abbilden muss. »Wenn der Gast nicht mehr weiß, ob er im Sacher oder irgendwo in London gegessen hat, ist es schlecht. Wir dürfen niemals austauschbar sein, sondern müssen authentisch bleiben.« Kein Wunder daher, dass es undenkbar wäre, ein echtes Wiener Schnitzel, einen Rostbraten oder den Tafelspitz jemals von der Karte zu nehmen.

Dass aber Grand Hotels, die am Puls der Zeit bleiben und sich ständig hinterfragen, weiterhin eine Daseinsberechtigung haben, steht für Heilmann außer Zweifel: »Das Grand Hotel hat etwas Magisches, Authen­tisches und bietet dem Gast ein Erlebnis!«
www.sacher.com

Helen Badrutt Suite
Foto: Badrutt’s Palace

Badrutt’s Palace / St. Moritz – Tradition bis ins Detail

St. Moritz – vom erfolgreichen Industriellen bis zum russischen Oligarchen findet man hier im Winter alles, was Rang, Namen und vor allem Geld besitzt. Wer überdies noch Stil hat, der logiert gerne im Badrutt’s Palace, dessen Geschichte bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts reicht. 1864 kaufte Caspar Badrutt, der selbst einer ­Hoteliersfamilie entstammte, das damalige »Hotel Beaurivage« und ließ es zum heutigen »Badrutt’s Palace« Hotel umbauen. Offiziell eröffnet wurde das Haus 1896 und bis heute hält die Eigentümerfamilie Badrutt die Mehrheitsanteile.

Gäste reden bei Umbauten mit

Tradition ist es auch, was Generaldirektor Yves Gardiol im HOGAPAGE-Interview als USP, als Alleinstellungsmerkmal des Hauses, bezeichnet: »Zu uns kommen zu 70 Prozent Stammgäste – teilweise seit Genera­tionen. Diese Tradition suchen unsere Gäste bei uns. Unsere Mitarbeiter kennen die Kunden, kennen ihre Vorlieben, wissen, wie sie ihr Zimmer wünschen. Die Leute bekommen – weil sie es so wollen – immer das gleiche und fühlen sich wie zu Hause.«

Wobei diese Beständigkeit mitunter zu kuriosen Problemen führe, denn viele Stammgäste seien jeder Form von Veränderung oder Umbau gegenüber skeptisch eingestellt und würden am liebsten alles belassen, wie es schon immer war. Gardiol: »Vor allem bei der Neugestaltung von Zimmern ziehen wir daher immer auch unsere Gäste zu Rate.« Das verlange sehr viel Fingerspitzengefühl bei allen Renovierungen und kann im Extremfall soweit gehen, dass etwa alle Zimmer einen neuen Parkettboden verlegt bekommen bis auf eines – das Lieblingszimmer eines Stammkunden, der bis zu drei Monate im Jahr im Badrutt’s verbringt und keine Parkett­böden mag.

Für Yves Gardiol besteht der Reiz eines Grand Hotels zudem in seiner Architektur: »Die meisten dieser Häuser sind mindestens hundert Jahre alt und damals wurde ganz anders gebaut als heute – viel großzügiger, speziell im Eingangsbereich oder Restaurant. Und diese großen, hohen Räume haben schon etwas Imposantes.« In jedem Fall darf ein Grand Hotel bei aller Tradition nicht in der Vergangenheit stehen bleiben und dass man technisch hinter der alten Fassade inzwischen schon lange auf modernste Standards aufgerüstet hat, bedarf eigentlich keiner Erwähnung. Eben die Verbindung von Tradition und Moderne, die die Gäste suchen. An der Wand kann also ein alter Meister hängen und daneben ein Flatscreen-TV.

Bei Bedarf gibt es Leihsakkos

Die Tradition setzt sich dann auch bis in den Restaurantbereich fort, wo (zumindest im Hauptlokal »Le Restaurant«) bei Herren noch ein Sakko verlangt wird und Krawatten zumindest gerne gesehen werden. Sogar Leihsakkos für Gäste, die ohne Jackett anreisen, sind vorhanden. Hier wird noch die klassische französische ­Küche gepflegt mit Gänseleber, Hummer und Kaviar. Und wer Lust hat auf ein Chateaubriand mit Sauce Bérnaise, flambierte Garnelen oder Rindsfilet Stroganoff, dem wird hier seit hundert Jahren geholfen – und wohl in weiteren hundert Jahren auch noch. Außerdem werden die Speisen noch auf Platten angerichtet und erst am Tisch auf die Teller serviert. Selbst Arbeitsschritte wie das Tranchieren oder Flambieren erfolgen vor dem Gast am Tisch.

Dass hier seit über 120 Jahren die »Reichen und Schönen« absteigen, steht sogar in einer offiziellen Presseaussendung des Hauses, und auch wenn man über Schönheit sicher diskutieren kann, so schadet eine Platin-Kreditkarte nicht, wenn man im Badrutt’s Palace seine Ferien ver­bringen möchte. Bei durchschnittlichen Zimmerpreisen von 1.800 bis 2.000 Franken / Nacht (NF) im Winter fallen dann Haupt­gerichte im »Le Restaurant« um etwa 70 bis ­100 CHF, ein kleines Bier um 14 oder ein Espresso um 7 CHF schon kaum mehr ins Gewicht. Spielt der Preis hier überhaupt keine Rolle mehr? Gardiol: »Naja, irgendwann schon. Aber hauptsächlich wollen unsere Gäste so ­bedient werden, wie sie es wollen. Und dass gute Dienstleistung einen Preis hat, wissen diese Leute auch.«
www.badruttspalace.com

Hotel Atlantic Hamburg das hanseatische Grandhotel
Foto: Atlantic

Hotel Atlantic / Hamburg – das hanseatische Grandhotel

Vor 108 Jahren, genauer am 2. Mai 1909, eröffnete das »Hotel Atlantic« in Hamburg als klassisches Grandhotel für die Erste-Klasse-Passagiere berühmter Luxusliner. Und schon am ersten Freitag nach der Eröffnung war das Hotel zum ersten Mal ausverkauft: ein Dampfer brachte dem Haus 240 Fahrgäste der ersten Klasse. Nach dem Ende der englischen Besatzung (ab 1945) folgte 1950 die offizielle Wiedereröffnung. Seit damals geben sich hier internationale Stars – von Michael Jackson über die Rolling Stones bis zu Muhammad Ali – die Klinke in die Hand. Und Udo Lindenberg gefällt es hier so gut, dass er seit 1995 als Dauergast im Atlantic lebt. Selbst als Kulisse für einen James Bond-Film (»Der Morgen stirbt nie«) diente das Haus schon. Heute verfügt das Hotel über 188 Zimmer, 33 Suiten und jeden Luxus, den man in dieser Kategorie erwarten könnte – inklusive privatem Kino.

So ist es für den geschäftsführenden ­Direktor Franco Esposito auch nicht nur ein einzelner Faktor, der den Nimbus des Atlantic, das seit 1957 zur Kempinski-Gruppe gehört, ausmacht: »Das Atlantic ist ein Hotel mit großer Tradition, einer Top-Lage, wunderbaren Festsälen sowie Bällen. Ebenso ist es ein Haus der Wirtschaft und der Politik, in dem bedeutende Veranstaltungen stattfinden. Hier erleben die Gäste das echte Hamburg-Gefühl, deshalb besuchen sie das hanseatische Grandhotel der Stadt mit seiner maritimen Tradition.«

Wichtigster Erfolgsfaktor sind dabei in ­seinen Augen die Mitarbeiter. Deren Zufriedenheit steht gemeinsam mit dem Wohl der Gäste an erster Stelle. Esposito: »Diese Wertschätzung ist ein wesentlicher Teil unserer Fürsorge für die Menschen. Für die meisten ist die erste Begegnung mit ›dem Atlantic‹ beeindruckend und prägend – das ist das einzigartige Atlantic-Gefühl. Die Verbundenheit unserer Mitarbeiter zum Atlantic überträgt sich auf die Gäste.«

Der Klassiker seit 100 Jahren: frische Hummersuppe

Die eigene Tradition wird im Atlantic ganz bewusst gepflegt. Das merkt man etwa im hauseigenen Restaurant. Gerichte wie die legendäre Atlantic Hummersuppe (wurde bereits vom ersten Küchenchef des Hauses, Franz Pfordte, vor gut 100 Jahren ­kreiert), Seezunge Müllerin oder auch Crêpe Sûzette findet man hier seit Jahrzehnten auf der Speisekarte – und das wird sich wohl auch so bald nicht ändern. Dass Speisen vor dem Gast angerichtet (Beef Tartare) oder flambiert werden (Crêpe) darf dabei als Zitat der eigenen Geschichte gewertet werden.

Seit 2010 steht das Atlantic unter Denkmalschutz, im selben Jahr wurden die Zimmer und Suiten aufwendig restauriert und neu gestaltet. Franco Esposito bringt die Beziehung zwischen dem ­Hotel und der Hansestadt Hamburg auf den Punkt: »Gerade die Verbindung aus Haus, Stadt, Alster und maritimer Geschichte macht das Atlantic so besonders. Es kann unser Grandhotel nur in dieser Form und an dieser Stelle geben. Man kann es auch nicht duplizieren, es ist einzigartig.«
www.kempinski.com/hamburg
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.

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