Interkulturelle Kompetenz
Foto: BdS

Interkulturelle Kompetenz

Gute Kommunikation überwindet Grenzen

von Daniela Müller
Dienstag, 15.03.2022
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Die Systemgastronomie ist eine Branche voller Chancen, die sich mit Beschäftigten aus über 125 Nationen zu Recht als »Integrationsweltmeister« bezeichnet. Rund 40 Prozent der Beschäftigten sind Menschen mit Migrationshintergrund. Doch wo so viele Chancen locken, müssen tagtäglich auch unzählige Herausforderungen gemeistert werden. Einiges an Fingerspitzengefühl ist notwendig, um so viele Kulturen, all ihre Eigenheiten, Wertevorstellungen und die ganz individuellen Hintergründe »unter einen Hut zu bringen«. Insbesondere die Ausbilder spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie begleiten die Neueinsteiger aus den unterschiedlichsten Herkunftsregionen bei ihren ersten Schritten auf dem systemgastronomischen Parkett. 

Mit dem Workshop »Kulturkompetente Ausbildung« wollte der Bundesverband der Systemgastronomie deshalb nützliche Hilfestellungen für den Arbeitsalltag in der Ausbildung geben. »Wir haben uns dafür entschieden, weil in unserer Branche, der Systemgastronomie, Menschen aus den unterschiedlichen Herkunftsländern tagtäglich eng in Teams zusammenarbeiten. Das funktioniert meist sehr gut und doch gibt es immer wieder Missverständnisse, die oft kulturelle Hintergründe haben. Es ging uns also darum, unsere Ausbilder für die Thematik zu sensibilisieren, denn sie wird ja nicht nur im Arbeitsalltag, sondern auch gesamtgesellschaftlich immer wichtiger«, erklärt Nicole Campe, Referentin beim BdS und Organisatorin der Veranstaltung.

Verschiedene Workshops
Ziel des BdS-Ausbildertreffens ist sowohl die Vernetzung der Teilnehmer als auch die Weiterentwicklung der Ausbildung. Foto: BdS

Die Frage der Zugehörigkeit

Wie aber kann man »Kulturkompetenz« erlernen? »Wer sich mit dem Begriff auseinandersetzt, muss zunächst verstehen, dass es gerade heutzutage, in unserer multikulturellen Gesellschaft gar nicht möglich ist, alles über alle Kulturen zu wissen«, erklärt Dr. Cornelius Görres, der den BdS-Workshop in München leitete. Der Gründer und Inhaber des Instituts Culture Options ist Experte für den gewinnbringenden Umgang mit Vielfalt. Seit vielen Jahren vermittelt er Know-how in interkultureller Kooperation an Unternehmen und Bildungseinrichtungen. »Vielmehr geht es also heute tatsächlich darum, zu lernen, mit Vielfalt und Unterschiedlichkeit umzugehen.« Und dafür sei es zunächst notwendig, zu erkennen, dass die Vorstellung, es gäbe DIE deutsche Kultur, DIE französische oder DIE syrische Kultur, heute nicht mehr gültig ist, betont der Experte. Denn natürlich sind nicht alle Deutschen gleich. »Aber wir teilen vielfach ein gemeinsames Verständnis und Werte.« 

Flipchart mit verschiedenen Worten
Foto: BdS

Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen in Deutschland, die sich permanent zwischen verschiedenen Kulturen bewegen. Etwa der Azubi, der tagsüber in der Gastronomie arbeitet und abends die Schürze beiseitelegt und sich in seinem Elternhaus in einem anderen kulturellen Kontext befindet. Dr. Cornelius Görres: »Das ist eine riesige Herausforderung, diese Unbestimmtheit und Unklarheit, die Frage betreffend: Wo gehöre ich eigentlich dazu? Das kann durchaus zu inneren Konflikten bei den betroffenen Personen führen – und die werden dann manchmal eben auch in die Arbeit getragen. Gerade Jugendliche in der Ausbildung müssen diese Aufgabe, das Hin- und Herspringen zwischen verschiedenen Netzwerken und Kulturen, sehr häufig meistern – und der Ausbilder kann sie dabei natürlich unterstützen.« 

Ziel des Workshops war es dementsprechend, das Bewusstsein der Teilnehmer für Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Menschen mit unterschiedlichen Backgrounds zu schärfen und darüber zu sprechen, wie kulturell bedingte Hürden in der Ausbildung souverän und verständnisvoll überwunden werden können. Einen zentralen Punkt stellte dabei der fachliche Austausch der teilnehmenden Ausbilderinnen und Ausbilder dar, die aus einem reichhaltigen Erfahrungsschatz schöpfen konnten. Von Problemen, die aus einem unterschiedlichen Wertebild resultieren, bis hin zu gesellschaftlichen Herausforderungen wie Rassismus und Integration – die gesamte Vielfalt der Thematik spiegelte der Workshop wider.

Culture Options
Foto: BdS

Gerade das Selbstverständliche muss erklärt werden

Das Fazit am Ende des Tages lautete: Mit guter Kommunikation lassen sich nicht nur viele Herausforderungen meistern, sondern sogar kulturelle Grenzen überwinden. Dabei ist es von zentraler Wichtigkeit, auch das vermeintlich Selbstverständliche zu erklären. Das ist nämlich immer kulturell verankert. Soll heißen: »Auch wer selbst nicht pünktlich ist, weiß, dass Pünktlichkeit bei uns wichtig ist«, so Dr. Cornelius Görres. »Der Azubi aus einem anderen Kulturkreis muss das aber vielleicht erst noch erklärt bekommen.« 

Schließlich ist für eine offene Herangehensweise an die multikulturellen Herausforderungen der kritische Umgang mit den eigenen Vorurteilen notwendig. Lassen sich diese aber so einfach ausknipsen? »Das beantworte ich mit einem klaren Jein«, so der Experte. »Ausschalten lassen sich diese zwar nicht einfach, aber wer sich selbst aufmerksam beobachtet, entdeckt solche unbewussten vorurteilsbehafteten Denk- und Verhaltensmuster. Und wenn man dann an sich arbeitet, kann man diese auch hinter sich lassen. Dafür gibt es zwar keinen Schalter, aber gute Techniken.«

Dr Cornelius Görres
Dr. Cornelius Görres leitet
das Institut Culture Options.
Foto: Institut Culture Optins /
Loredana la Rocca

Neue Denkanstöße zulassen

Von den Teilnehmern des Workshops gab es dann am Ende des Tages ein rundum positives Feedback. »Auf die Frage, ob sich die Teilnahme an dem Workshop gelohnt hat, antworte ich mit einem eindeutigen: Ja!«, resümiert etwa Martina Hafner, Supervisor/Fachwirtin bei der Uli Hiemer Systemgastronomie. Die Ausbildungsverantwortliche arbeitet seit fast 20 Jahren bei McDonald’s mit sehr vielen verschiedenen Menschen und Kulturen zusammen und stammt selbst aus Südafrika, wo sie geboren und aufgewachsen ist. »Ich finde den Austausch mit Kollegen, wie ihn der Workshop ermöglicht hat, sehr wichtig. Ich habe aus dem Workshop mitgenommen, dass es sich lohnt, offen für neue Denk- und Lebensweisen zu sein und seine eigene Sicht auf die Dinge einfach mal infrage zu stellen. Es ist wichtig, im Zweifelsfall nachzufragen und keine Angst zu haben, auch mal zuzugeben, dass man etwas nicht versteht oder nicht weiß. Wenn man aufeinander zugeht und sich auf den anderen einlässt, kann man viele Probleme lösen.«

Das nächste BdS-Ausbildertreffen findet am Donnerstag, 15. September 2022, statt.

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