Team Spirit definieren stärken fördern
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Team-Spirit definieren, stärken, fördern

Wenn alle für ihren Job brennen

von Karoline Giokas
Mittwoch, 03.05.2023
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Arbeitgeber müssen heute immer mehr tun, um Arbeitnehmer an sich zu binden. Der Kampf um die besten Talente wird ­immer komplexer. Ein echter „War for talents“ geht in der Branche vonstatten. Eine Transformation, die wir schlichtweg akzeptieren müssen. „Sie kommt so oder so“, ist sich Alexander Scharf sicher. Seit 2020 ist der Goslarer Gastronom mit seiner Mission „I Love Gastro“ in ganz Deutschland unterwegs, um damit die Mitarbeiter der Hospitality in den Mittelpunkt zu rücken. „Wir erleben aktuell nicht nur einen demografischen Wandel, bei dem sich der Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt wandelt. Wir erleben zudem einen extremen Wertewandel“, stellt Scharf fest. 

Peter Stangel Dirigent und Komponist
Nur klare, deutliche Anweisungen ermöglichen es Mitarbeitern, ihre Aufgaben bestmöglich zu erfüllen ‒ und dadurch auch ein Erfolgserlebnis zu haben. Peter Stangel, Dirigent und Komponist. Foto: Astrid Ackermann, Peter Stangel

Tatsächlich belegen aktuelle Studien, wie beispielsweise Randstads Workmonitor 2022, dass derzeit jeder dritte Arbeitnehmer lieber arbeitslos als unglücklich im Job wäre – traurige Bilanz! „Wir müssen begreifen, dass Arbeitnehmer immer weniger bereit sind, nur für Geld zu arbeiten“, ist Scharfs klares Statement. Seine Mission deshalb: das Bewusstsein für eine positive Arbeitskultur schaffen. „Wir müssen endlich alte Glaubensgrundsätze auflösen und stattdessen unseren Mitarbeitern Anreize geben, die Lust aufs Arbeiten machen. Die Aussage, junge Leute wollten nicht mehr arbeiten, ist einfach Mist. Wenn wir sie wahrnehmen, mitnehmen und vor allem begeistern, dann stehen sie mit leuchtenden Augen vor uns und machen auch beim Konzept mit“, erklärt der Gastronom. 

Alexander Scharf Gastro Urban
In die Mitarbeiter auch in Form von Weiterentwicklung zu investieren, steigert die Produktivität, erhöht die Gästezufriedenheit und steigert letztendlich den Umsatz. Foto: Gastro Urban
Alexander Scharf Gastro Urban
Alexander Scharf, Gastro Urban, Foto: Gastro Urban

Auf gemeinsamer Mission?

Er selbst befand sich mit seinen gastronomischen Betrieben vor einigen Jahren an einem wirtschaftlichen und personellen Tiefpunkt. „Hier begann ich zu reflektieren, woran es liegt, dass alles bergab geht, und was ich selbst falsch mache. Der Spruch ‚Mitarbeiter trennen sich von Vorgesetzten, nicht vom Unternehmen‘ öffnete mir die Augen und ließ mich in meiner Art zu führen, umdenken.“ Es gibt in einem Betrieb immer Dinge, die gut laufen, aber eben auch solche, bei denen was nicht stimmt. „Man muss sich dann schlichtweg die Zeit nehmen und miteinander darüber sprechen, selbst wenn es unangenehme Themen betrifft.“ Am Anfang koste das vielleicht etwas mehr Energie, es lohne sich aber! 

Heute läuft bei Scharf in den insgesamt vier Restaurants und einem Hotel wieder alles rund. Es herrscht eine positive Arbeitskultur in seinen Betrieben, denn er hat es geschafft, die Werte, Wünsche und Erwartungen seiner Mitarbeiter, wie Wertschätzung, Sinnhaftigkeit, Mitbestimmung, Teamspirit, Lebensqualität und Weiterentwicklung, in den Alltag zu implementieren. Er sieht sich inzwischen als gute Führungskraft, die in der Lage ist, vor allem sich selbst zu führen. „Wenn ich es dann mit meinem Sagen, Handeln und Wirken schaffe, die Herzen meiner Mitarbeiter zu erreichen, brauche ich mich um den Rest nicht zu sorgen. Dann habe ich nicht mehr das Thema, dass jemand bei mir arbeiten muss, sondern es von ganz allein gern tut.“

EHL Hotelfachschule Passugg
Emotionale Intelligenz wird zur Kernkompetenz in unserer Branche, Foto: David Tadevosian photography/stock.adobe.com
Beatrice Schweighauser Leiterin EHL Hotelfachschule Passugg
Beatrice Schweighauser, Leiterin EHL Hotelfachschule Passugg, Foto: Foto Bollhalder

Bereit sein, sich zu öffnen

Je mehr Führungskräfte es schaffen, ihre Mitarbeiter emotional anzusprechen, desto empfänglicher sind diese für Gespräche, Anregungen und vielleicht auch Kritik. Kein Wunder also, dass der emotionalen Ebene in der Hospitality eine immer größere Bedeutung zukommt. Das weiß auch Beatrice Schweighauser von der EHL Hotelfachschule Passugg in der Schweiz. „In unserer digital getriebenen Branche wird der persönliche Kontakt zum Gast durch Online-Reservierungen, Self-Check-ins und neuerdings teils sogar schon Roboter im Service inzwischen oftmals auf ein Minimum reduziert. Gerade an diesen wenigen Stellen ist das persönliche Miteinander dann aber umso wichtiger“, betont die Schulleiterin und geht ins Detail: „Hier muss es mir gelingen, mich mit meiner emotionalen Intelligenz auf den Gast einzulassen. Hat er vielleicht eine anstrengende Autofahrt mit Stau und nörgelnden Kindern hinter sich, oder ist er durch zeitlichen Termindruck gestresst? Eine große Portion empathischen Einfühlungsvermögens ist gefragt, mit der ich den Gast gekonnt abhole und ihm so ein schönes Aufenthaltserlebnis bereite.“

Mit Emotionen muss man umzugehen lernen

An der EHL Hotelfachschule Passugg setzt man sich deshalb intensiv mit emotionaler Intelligenz auseinander. Was bisher „Gästebetreuung“ hieß, wird nun unter dem Titel „Affective Hospitality“ unterrichtet. Vier Unterrichts-Module zielen darauf ab, das Bewusstsein für Selbstverantwortung auszubilden und die Resilienz sowie eigene Handlungsfähigkeit zu stärken. Die Grundlagen dazu bilden das Verständnis über die Art und die Aufgaben von Emotionen (Emotionen verstehen) und das Training von Selbstwahrnehmung und Selbstregulierung (Emotionen regulieren). „Die Erkenntnis, dass jeder Mensch sich seine Emotionen selbst kreiert und nicht äußere Umstände an unserem Wohlbefinden oder Missbehagen ‚schuld‘ sind, muss erst einmal verdaut werden. Schlussendlich sind wir also für unser Erleben und damit für unsere Realität selbst verantwortlich“, erklärt Schweighauser. Auf dieser Basis werden in einem zweiten Schritt Empathie und Mitgefühl für sich selbst und andere geübt (Emotionen erkennen) sowie emotional intelligente Führung von Menschen ausgebildet (mit Emotionen umgehen). Wie die Gastgeber der Zukunft aussehen? Sie schätzen Sicherheit, Kommunikation und Transparenz. „Die neuen Studierenden nehme ich persönlich als innovativ und selbstbestimmt wahr, die Sachverhalte auch einmal kritisch hinterfragen. Für Betriebe wird es daher umso wichtiger, eine zeitgemäße Führungskultur zu etablieren und gegenüber neuen Konzepten offen zu bleiben“, ist Schweighauser überzeugt.

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