HOGAPAGE Interview

Von der Heilerziehungspflegerin zur Köchin

Yvonne Göttlinger in der Küche.
Yvonne Göttlinger absolviert derzeit eine Ausbildung bei Seachefs.
Yvonne Göttlinger aus Utting am Ammersee absolviert derzeit eine Ausbildung als Köchin bei Seachefs. Im Interview mit HOGAPAGE spricht Sie über ihren Weg in die Gastronomie, die Ausbildung zur Köchin und das Leben an Deck.
Montag, 23.01.2023, 17:21 Uhr, Autor: Thiemo Welf-Hagen Wacker

Ihr beruflicher Werdegang entspricht nicht unbedingt einer klassischen Laufbahn in der Gastronomie – wie kommt’s?

Nein, das stimmt. (lacht) Ich habe verschiedene Stationen hinter mir. Nach dem Realschulabschluss, entschied ich mich erst einmal in den sozialen Bereich einzutauchen und habe einen Bundesfreiwilligendienst gemacht. Dann wollte ich mir die Welt ansehen und bin nach Indien. Dort habe ich in einer Schule für Kinder mit verschiedenen Beeinträchtigungen gearbeitet.

Zurück in Deutschland habe ich dann einige Zeit als Unterstützungskraft für Lehrer in einer Grundschule gearbeitet. Darauf folgte meine erste Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin.

Wie ging es dann beruflich für Sie weiter?

Ich habe einige Zeit in dem Beruf gearbeitet, um dann wieder etwas Neues auszuprobieren. So durfte ich auch zwischenzeitlich den Beruf der Raumausstatterin kennenlernen, aber die Gastro hat mich nie wirklich losgelassen.

Woran liegt das?

Ich habe schon immer gerne mit den verschiedensten Menschen zusammengearbeitet. Doch teils sind wohl auch meine Eltern daran schuld. Schon als Kind war ich sehr früh in gastronomische Prozesse involviert.

Mein Vater arbeitet als Bäcker, meine Mutter als Servicekraft. Das ging auch an mir nicht spurlos vorüber und so haben mir beide viel auf meinen Weg mitgegeben.

Was meinen Sie damit?

Ich habe nebenbei schon immer im Service gearbeitet. Der komplette Wechsel in die Gastronomie kam dann erst schleichend, ich wollte schon länger eine zusätzliche Ausbildung machen.

Und was haben Sie dann gemacht?

Ich habe mich für einen Bartender-Kurs entschieden, sammelte als Barkeeperin in einem sehr guten Hotel wertvolle Erfahrungen hinter der Bar und habe mich dann für die Kochausbildung bei Seachefs beworben – doch bevor ich an Deck ging, arbeitete ich noch in einem Café, um meine Fähigkeiten als Barista auszubauen.

War das mit dem Schiff von Anfang an so geplant?

Das mit dem Kreuzfahrtschiff nicht, aber meine Kochlehre war schon geplant.

Wie sind Sie überhaupt darauf gekommen als Köchin arbeiten zu wollen?

Ich habe bereits in allen anderen Bereiche des Restaurants gearbeitet – es fehlte mir lediglich noch die Küche. Und die wollte ich mir selbstverständlich auch noch anschauen. Kochen und Backen, das mache ich eigentlich schon immer leidenschaftlich gern. Also war das der nächste logische Schritt.

Warum haben Sie für Ihre Kochausbildung auf einem Schiff angeheuert?

Es gibt ein sehr gutes Modell für die Ausbildung: 2 Jahre Ausbildung und anschließend eine Prüfung in Tirol. Das sind viermal ca. vier Monate an Bord und zwei Monate zuhause. Durch die besonders lernintensive Zeit an Bord kann man die Ausbildung verkürzen.

Was sind die Vorteile gegenüber einer Ausbildung in einem Hotel oder einer Gaststätte an Land?

Man lernt die große Vielfalt der Kulinarik an Bord eines Schiffes einfach besser kennen als in einer Küche an Land – von moderner asiatischer Küche bis zur Pizza ist wirklich alles dabei.

Darüber hinaus hat man wesentlich mehr internationale Kollegen, die einem hier und da etwas aus ihrer Landesküche beibringen können und dann wären da noch die Einflüsse von außerhalb. Ich würde wahrscheinlich in einer bayrischen Küche nicht dazu kommen, traditionelles philippinisches Essen zu kochen oder dort lernen, wie man Sushi rollt.

Was ist der besondere Reiz, auf einem Schiff zu arbeiten?

Das Reisen! Jeder Tag eine andere Stadt. Das Schiffsleben an sich ist wie ein nicht endendes Schullandheim für Erwachsene – also macht auch viel Spaß! Es ist sehr leicht, dort Anschluss zu finden.

Wie ist die Bezahlung?

Dadurch, dass ich keine laufenden Fixkosten habe, definitiv besser als an Land. Die große Überraschung: Ich kann sogar sparen. Das hätte ich nicht für den Fall erwartet, wenn ich noch einmal eine Ausbildung anfange.

Wie sieht ein typischer Tagesablauf an Deck aus?

7:30 aufstehen, Arbeitskleidung anziehen und frühstücken gehen. Anschließend besuche ich die Schule oder gehe direkt in die Küche zum Arbeiten. Das wechselt von Zeit zu Zeit.

Das dauert dann bis 11:30 Uhr. Dann gehe ich zum Mittagessen, um wieder bis 14:00 Uhr zu arbeiten. Dann ziehe ich mich schnell um, um die Stadt zu erkunden. Ich möchte schließlich möglichst viele Eindrücke sammeln.

Und wann beginnt für Sie die zweite Hälfte des Arbeitstages?

Ab 17:30 Ur stehe ich dann wieder bis 22:00 Uhr hinterm Herd. Um mich fit zu halten gehe ich dann noch eine Runde ins Fitnessstudio oder lasse den Tag mit Freunden ausklingen. Wir spielen dann etwas oder setzen uns an die Bar. Es gibt an Deck auch eine Bar für die Crew – da wird auch gerne mal gekickert.

Sie haben verschiedene Stationen in der Gastronomie kennenlernen dürfen. Was gefällt Ihnen am besten?

Im Servicebereich und hinter der Bar gefällt mir besonders der Gästekontakt. Bei der Arbeit im Service schätze ich darüber hinaus auch die viele Bewegung und an der Bar das Ausleben von Kreativität.

Und in der Küche?

Ich mag das selbständige Arbeiten sowie Kreieren von Gerichten schon auch – doch am besten finde ich in allen drei Bereichen stets die Teamarbeit. Jeder einzelne macht einen wichtigen Job und meistens funktioniert alles auch, meist sogar ohne viel Worte.

Wie ist es für Sie, in der Küche zu arbeiten?

Küche ist nochmal etwas ganz anderes und fordert mich bisher am meisten. Lange Arbeitszeiten, arbeiten unter extremer Hitze oder Kälte, Zeitdruck und der raue Ton. Auf dem Schiff ist aber auch vieles anders als auf Land, jeder arbeitet jeden Tag. Da gibt’s nicht mal ein Wochenende oder einen freien Tag, an dem man entspannen kann.

Wie gehen Sie damit um?

In der Schiffsküche kommt es sehr darauf an, in welchem Bereich du arbeitest, ob du nun den ganzen Tag Kartoffeln schälst oder für die Vorspeisen zuständig bist.

Als Auszubildende habe ich natürlich ein schönes Leben an Bord. Das heißt: Ich muss nicht monatelang am Stück in einem Bereich bleiben, sondern die Station wird alle zwei Wochen gewechselt.

Es gibt jemanden, der jeden Tag nur Kartoffeln schält?

Ja genau! Die auserwählte Person ist dann ca. 9 Monate lang nur für das Schälen der Kartoffeln auf dem Schiff verantwortlich. Wir haben zwar auch eine Maschine dafür, aber es muss trotzdem immer wieder nachgebessert werden und dann müssen die Kartoffeln auch noch in Form geschnitten werden.

Kochen Sie trotz Ihrer Ausbildung auch noch gerne in den eigenen vier Wänden?

Auf jeden Fall, auf dem Schiff kann man ja nicht einfach so immer kochen, was man möchte, es gibt ein Menü und das wird dann so gekocht wie es vorgegeben wurde. Zuhause kann man die erlernten Fähigkeiten noch ausbauen und verfeinern, wie man es selbst eben gerne isst. Ich liebe die indische Küche – also etwas zu kochen, wo man viel mit Gewürzen und Schärfe spielen kann.

Und sind die Gerichte, die Sie am liebsten kochen auch die, die Sie am liebsten essen?

Ja. Aber es schmeckt auch immer wieder gut, wenn man vom Schiff nach Hause kommt und Mama endlich wieder etwas Feines auftischt.

Was ist Ihr absolutes Lieblingsgericht?

Am liebsten esse ich Sushi, aber Gobi Manchurian, ein indisches Blumenkohlgericht, ist auch nie verkehrt.

Yvonne Göttlinger mit Sektflasche beim Zubereiten eines Aperol Spritz
Yvonne Göttlinger beim Zubereiten eines Aperol Spritz. (Foto: © Yvonne Göttlinger)

Was macht Ihnen in Ihrem Job derzeit am meisten Spaß?

Die Abwechslung in der Routine, also das Reisen, die Schule in der wir sehr kreativ sein können und natürlich die Arbeit mit meinen Kollegen.

Was sind die größten Herausforderungen als angehende Köchin?

Durchhalten, nicht aufgeben und auch an besonders stressigen und langen Tagen weitermachen. Außerdem ist es eine Challenge, sich als junge Frau unter der männlichen Besatzung durchsetzen.

Sind Sie die einzige Frau in der Küche?

Nein, aber der Frauenanteil ist auf dem gesamten Schiff sehr niedrig. Die Crew besteht in etwa zu 80% aus Männern und das merkt man auch.

Was gibt es für Aufstiegschancen in Ihrem Beruf?

Erst einmal könnte ich mich zum Sous Chef hocharbeiten. Dafür gibt es ein extra Ausbildungsmodul und dann könnte ich innerhalb weniger Jahre alle Küchen eines Schiffs betreuen.

Welche Fortbildungen für Köche gibt es und welche halten Sie am sinnvollsten?

Puh, das kommt immer darauf an, worauf man sich spezialisieren möchte. Es gibt in alle möglichen Bereiche Fortbildungen. Die finden dann allerdings in der Regel an Land statt.

Man könnte Diätkoch werden, den Fokus auf vegane Küche richten oder Allergie-Fortbildungen absolvieren.

Welche der zahlreichen Fortbildungen jedoch am sinnvollsten ist, kann ich – bei der Varianz an verschiedenen Schulungen und Fortbildungen – nicht beurteilen. Das muss jeder Koch für sich selbst entscheiden.

Angenommen, ich würde jetzt gerne eine Kochausbildung machen: Wie könnte ich mich am besten darauf vorbereiten?

Ein kleines First Know-how, die absoluten Basics wären schon wichtig. Sie sollten wissen, wie man eine Suppe ansetzt, Nudeln kocht oder Risotto macht. Auch schadet es nicht, wenn Sie allgemeine Küchenfachbegriffe kennen würden.

Wer sich für eine Ausbildung auf dem Schiff entscheidet, der sollte sich auf jeden Fall ein gutes Englisch aneignen: in der Küche sind wir noch weniger deutschsprachige als in anderen Bereichen. Wir kommunizieren fast ausschließlich auf Englisch.

Welche Eigenschaften sollte ein Lehrling Ihrer Meinung nach noch mitbringen?

Die Leidenschaft zu Kochen, Stress und Belastungsresistenz, Freude an Teamarbeit und einen guten Geschmackssinn.

Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?

Irgendwo im Ausland. Ich will erst einmal noch mehr Erfahrungen sammeln, bevor ich dann einen eigenen Betrieb gründe.

Können Sie sich vorstellen, einmal um den Michelin-Stern zu kochen?

Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.

Vielen Dank für das anregende Gespräch, Frau Göttlinger!

Finden Sie Ihren Job bei sea chefs über die HOGAPAGE Jobbörse.

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