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Alfons Schuhbecks Verurteilung: Was Geschäftsleiter aus dem Fall lernen können

Alfons Schuhbeck im Gerichtssaal
Alfons Schuhbeck ist zu unter anderem wegen Insolvenzverschleppung zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. (Foto: © picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann / SVEN SIMON)
Alfons Schuhbeck ist unter anderem wegen Insolvenzverschleppung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Urteil zeigt, welche Folgen eine verspätete Insolvenzanmeldung haben kann. Doch was genau bedeutet Insolvenzverschleppung? Und wie können Geschäftsleiter das Risiko hierfür vermeiden? 
Donnerstag, 17.07.2025, 12:56 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Star-Koch Alfons Schuhbeck ist am 14. Juli 2025 unter anderem wegen Insolvenzverschleppung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. In seinem Urteil führte der Richter am Landgericht München I aus, dass Schuhbeck „viel zu spät die Notbremse gezogen“ habe. Dadurch habe er auch Lieferanten, Geschäftspartnern und Gläubigern „immense finanzielle Probleme“ bereitet.

Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Insolvenzverschleppung? Und was sollten Privatpersonen und vor allem Geschäftsleiter von Unternehmen darüber wissen?

Die Insolvenzantragspflicht missachtet

Vereinfacht gesagt bedeutet Insolvenzverschleppung, dass ein Geschäftsleiter bei seinem Unternehmen die Insolvenzantragspflicht missachtet hat. „Diese greift, wenn das Unternehmen seine fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann – umgangssprachlich also pleite ist“, erläutert Dr. Elske Fehl-Weileder, Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei der Kanzlei Schultze & Braun, die auch vom Amtsgericht München als Insolvenzverwalterin bestellt wird. 

Elske Fehl-Weileder
Dr. Elske Fehl-Weileder ist Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun und wird auch vom Amtsgericht München als Insolvenzverwalterin bestellt. (Foto: © Schultze & Braun)

In einem solchen Fall ist ein Geschäftsleiter dazu verpflichtet, innerhalb der gesetzlichen Frist einen Insolvenzantrag zu stellen. Wenn er dies nicht oder verspätet tut, begeht er Insolvenzverschleppung. In diesem Fall haftet der Geschäftsleiter mit seinem Privatvermögen für Beträge, die aus dem Unternehmen abgeflossen sind, nachdem es eigentlich bereits insolvent war – etwa durch Zahlungen an Banken, Dienstleister oder Lieferanten.

In eine Insolvenzverschleppung hineinschlittern

„Fakt ist: In der Praxis werden Insolvenzanträge leider oft zu spät gestellt“, beobachtet Fehl-Weileder. „Dies einerseits, weil – nachvollziehbarerweise – die Hoffnung zuletzt stirbt und mit allen Mittel versucht wird, eine Insolvenz zu vermeiden. Andererseits auch, weil frühe Krisenanzeichen nicht als solche erkannt werden. Dadurch sinken jedoch die Chancen für eine dauerhafte Fortführung und den Erhalt des insolvenzreifen Unternehmens.“

Da bei der Antwort auf die Frage „Ist mein Unternehmen insolvenzreif?“ allerdings verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, käme es mitunter vor, dass Geschäftsleiter unbeabsichtigt in eine Insolvenzverschleppung hineinschlittern – gerade, wenn sie mit allen Mitteln versuchen, die finanzielle Schieflage ihres Unternehmens zu beheben. „Das schützt aber nicht vor den finanziellen Haftungsrisiken der Insolvenzverschleppung, die zudem zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und möglichen strafrechtlichen Konsequenzen führt“, betont die Fachanwältin.

Finanzieller Neustart ohne Anbrennen

Das prominente Beispiel von Alfons Schuhbeck zeigt: Je früher man sich eingesteht, dass finanziell etwas überzukochen droht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der finanzielle Neustart ohne Anbrennen gelingt – und das gilt für Unternehmer genauso wie für Privatpersonen. Denn auch wenn die Insolvenzantragspflicht für Privatpersonen, Einzelunternehmer und sogenannte Personengesellschaften wie etwa die Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, die GbR, oder die Offene Handelsgesellschaft, die OHG, nicht greift, sind auch bei ihnen die Erfolgschancen einer finanziellen Neuaufstellung umso größer, je früher ein entsprechender Antrag gestellt wird.

„Wichtig ist: Bei bestimmten Gesellschaftsformen von Unternehmen – etwa den weit verbreiteten Gesellschaften mit beschränkter Haftung, den GmbHs und UGs, und auch bei Aktiengesellschaften, AGs – ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass die handelnden Personen einen Insolvenzantrag stellen müssen, wenn das Unternehmen insolvenzreif ist“, sagt Fehl-Weileder. „Bezogen auf den Fall Schuhbeck kann man sagen: Er hätte sich früher Hilfe holen müssen und die Insolvenzanträge für die Unternehmen, für die er verantwortlich war, früher stellen müssen. Dadurch wäre wahrscheinlich nicht nur der wirtschaftliche Schaden für die Gläubiger geringer ausgefallen, sondern Alfons Schuhbeck hätte auch größere Chancen gehabt, sein Lebenswerk zu retten.“

Prüfung auf strafrechtlich relevante Tatbestände

Dass Geschäftsleiter sich in Insolvenzverfahren mit zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen konfrontiert sehen, kommt jedoch immer wieder vor. „Jede Insolvenzakte geht automatisch auch an die zuständige Staatsanwaltschaft, die das Verfahren dann auf strafrechtlich relevante Tatbestände prüft“, sagt Fehl-Weileder. „Ein Grund mehr für Geschäftsleiter, sich Hilfe zu holen, wenn ihr Unternehmen sich in einer wirtschaftlichen Krise befindet oder absehbar auf eine solche zusteuert. Dadurch reduzieren Geschäftsleiter auch das Risiko, vom Insolvenzverwalter zivilrechtlich in Anspruch genommen zu werden.“ Solche Ansprüche zu prüfen und im Fall der Fälle durchzusetzen ist eine der gesetzlich festgelegten Aufgaben eines Insolvenzverwalters.

Aber auch einzelne Gläubiger können Schadenersatzansprüche geltend machen – etwa, wenn ein Unternehmen bei ihnen Waren bestellt und geliefert bekommen hat, und der Geschäftsleiter des Bestellers schon wusste, dass er diese Waren nicht mehr bezahlen kann. „Wenn der Geschäftsführer eines kriselnden Unternehmens also nicht rechtzeitig die Notbremse zieht, droht ihm von mehreren Seiten Ungemach“, erläutert Fehl-Weileder.

Selbst eine Insolvenz muss nicht das Ende bedeuten

Ein Insolvenzantrag bedeutet nicht automatisch das Ende eines Unternehmens. Vielmehr bietet das deutsche Sanierungsrecht verschiedene Instrumente und Verfahren, mit denen ein Unternehmen eine finanzielle Krise meistern kann.

Es gilt jedoch die Devise: Je früher ein Insolvenzantrag vorbereitet und gestellt wird, desto größer ist die Chance auf den Neuanfang. Das sollten Geschäftsleiter im Blick haben – um die Chancen für eine dauerhafte Fortführung und den Erhalt des Unternehmens zu vergrößern und sich vor den Haftungsrisiken der Insolvenzverschleppung zu schützen.

(Schultze & Braun/SAKL)

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