Beruf

Fakten, die Teilzeitbeschäftigte kennen sollten

Auf Würfeln steht Vollzeit und wird zu Teilzeit durch zwei Finger umgewandelt
Viele Beschäftigte in Deutschland arbeiten in Teilzeit. (Foto: © Frank H./stock.adobe.com)
Wer weniger arbeitet, bekommt anteilig weniger Geld – hat aber nicht automatisch weniger Ansprüche als eine Vollzeitkraft. Was wann gilt und worauf Teilzeitbeschäftigte besonders achten müssen.
Donnerstag, 07.08.2025, 09:09 Uhr, Autor: Sarah Hoffmann

Es ist ein Rekordwert: Fast zwei von fünf Beschäftigten in Deutschland arbeiten in Teilzeit. Das zeigen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für das erste Quartal 2025. 

Teilzeitbeschäftigte dürfen nicht benachteiligt werden. Sie erhalten grundsätzlich den gleichen Stundenlohn wie Vollzeitbeschäftigte, ihr Einkommen verringert sich aber entsprechend der kürzeren Arbeitszeit. Aber welche Ansprüche haben Teilzeitbeschäftigte in Sachen Sonderzahlungen, Urlaub, Prämien und Co.? Wissenswerte Fakten:

1. Sonderzahlungen gibt es auch in Teilzeit

Zu Sonderzahlungen zählen etwa Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Generell gilt: „Ein Anspruch auf derartige Zahlungen besteht nur, wenn dieser im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt ist“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht.

Gibt es eine solche Vereinbarung, haben Teilzeitbeschäftigte Anspruch auf mindestens anteilige Gewährung. Wichtig: „Die anteilige Kürzung der Leistung ist nur möglich, wenn der Entgeltcharakter im Vordergrund steht“, erklärt Rechtsassessor Daniel Stach, Arbeitsrechtler beim Verdi-Bundesvorstand. Das trifft etwa auf das Weihnachts- und das Urlaubsgeld sowie auf die Inflationsausgleichsprämie zu.

Knüpft der Leistungszweck nicht an die Dauer der Arbeitszeit an, ist laut Stach eine anteilige Kürzung der Zulage unzulässig. „Daher sind zum Beispiel Erschwernis- und Schmutzzulagen in vollständiger Höhe zu gewähren, egal, ob die Arbeitszeit reduziert ist oder nicht“, so der Gewerkschaftsjurist.

2. Bei Zulagen besteht oft Anspruch in voller Höhe

Gibt es eine Jubiläumszulage oder einen Treuebonus für langjährig beschäftigte Mitarbeiter, steht die Zahlung einer Teilzeitkraft in gleicher Höhe zu wie einer Vollzeitkraft. „Denn die Betriebstreue eines Teilzeitbeschäftigten ist genauso zu bewerten wie diejenige eines Beschäftigten mit vollem Arbeitspensum“, sagt Stach.

Ihm zufolge darf der Arbeitgeber auch die in einer Vereinbarung zugesagte Prämie für das Erreichen eines bestimmten Ziels nicht anteilig zur reduzierten Arbeitszeit kürzen.

„In der Praxis ist die Trennung zwischen anteilig und vollständig zu gewährenden Zulagen nicht immer einfach“, so Stach. Ein Beispiel sei die Funktionszulage: Je nach vertraglicher Ausgestaltung kann eine anteilige Kürzung entweder zulässig sein oder eben nicht. Entscheidend sei hier die genaue Formulierung. Daher gilt: In Zweifelsfällen den Betriebsrat, die Gewerkschaft oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht fragen.

3. Urlaubstage werden nach Arbeitstagen berechnet

Wer in Vollzeit arbeitet, hat bei einer Fünf-Tage-Woche häufig Anspruch auf 30 Urlaubstage im Jahr. „Den gleichen Anspruch haben Teilzeitbeschäftigte, sofern sie an allen Wochentagen arbeiten“, sagt Stach. Geht die Teilzeit indes mit einer Reduzierung der Wochenarbeitstage einher, ist Umrechnen angesagt.

Die Berechnung erfolgt so: Basis ist die übliche Zahl der Urlaubstage einer Vollzeitkraft in vergleichbarer Position. Diese Zahl wird mit der Zahl der wöchentlichen Arbeitstage der Teilzeitkraft multipliziert und das Ergebnis durch die übliche Zahl der Wochenarbeitstage einer Vollzeitkraft dividiert.

Ein Beispiel:

Angenommen, Basis wäre das Modell 30 Urlaubstage bei einer Fünf-Tage-Woche. Hat eine Teilzeitkraft zum Beispiel auf 80 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit reduziert und arbeitet vier Tage pro Woche, berechnet sich der Urlaubsanspruch so:

30 × 4 : 5 = 24

„Da sie pro Urlaubswoche nur vier Tage ihres Urlaubsanspruchs verbrauchen muss, stehen ihr, genauso wie bei einer Vollzeitstelle, insgesamt sechs Wochen Erholungsurlaub zu“, so Stach.

Bei unregelmäßiger Teilzeitarbeit werde der Berechnung gegebenenfalls ein längerer Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde gelegt, erläutert Fachanwältin Nathalie Oberthür.

Ein Beispiel:

30 (Urlaubstage bei Vollzeit) dividiert durch 260 (Jahresarbeitstage des Betriebs) multipliziert mit 150 (Pflichtarbeitstage der Teilzeitkraft pro Jahr) ergibt 17,30 Urlaubstage pro Jahr.

4. Teilzeitkräfte haben Anspruch auf Überstundenzuschläge

Teilzeitkräften ist laut Stach „jede teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten entspricht“. Das ist im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt.

Was das konkret bedeutet, zeigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg. So hatte der EuGH etwa zugunsten einer teilzeitbeschäftigten Pflegekraft bei einem ambulanten Dialyseanbieter entschieden (EuGH, Urteil vom 29. Juli 2024, C-184/22 und C-185-22). 

Das Bundesarbeitsgericht stellte daraufhin klar, dass Teilzeitbeschäftigte ab der ersten Überstunde den gleichen Anspruch auf Zuschläge wie ihre vollzeitbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen haben (BAG, Urteil vom 5. Dezember 2024, 8 AZR 370/20). Eine Ausnahme sei nur zulässig, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

5. Auch Teilzeitbeschäftigte können Pflegezeit nehmen

Beschäftigte können bis zu sechs Monate Pflegezeit in Anspruch nehmen, um einen nahen Angehörigen mit mindestens Pflegegrad 1 zu Hause zu pflegen. Darauf weist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hin. Demnach haben sowohl vollzeit- als auch teilzeitbeschäftigte Berufstätige die Option, sich vollständig oder nur teilweise von der Arbeit freistellen zu lassen. Um in dieser Zeit den Lebensunterhalt besser abzusichern, können sie ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragen.

6. Teilzeitkräfte haben Recht auf Gleichbehandlung

Immer wieder kommt es zu Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten. Sie dürfen aber laut Gesetz nur dann anders als ihre in Vollzeit arbeitenden Kollegen behandelt werden, wenn es dafür sachliche Gründe gibt. Eine Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften kann sich beispielsweise bei der Berechnung von Überstundenzuschlägen oder bei der Beteiligung an der betrieblichen Altersvorsorge zeigen.

Was tun, wenn man den Verdacht oder vielleicht sogar konkrete Hinweise hat, als Teilzeitkraft gegenüber einer Vollzeitkraft benachteiligt zu sein? „Niederschwellig kann eine Beschwerde beim Betriebsrat helfen“, sagt Nathalie Oberthür. 

Weitere Anlaufstellen können die zuständige Gewerkschaft oder spezialisierte Rechtsanwälte sein. Wer selbst Mitglied in einer Gewerkschaft ist, genießt regelmäßig kostenlosen Rechtsschutz für die Durchsetzung der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. 

„Beseitigt der Arbeitgeber eine festgestellte Diskriminierung nicht oder nur unzureichend, drohen ihm Schadenersatz- und Entschädigungsforderungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz“, sagt Daniel Stach. Zudem können Beschäftigte die entgangenen Vorteile wie Überstundenzuschläge oder sonstige Zulagen und Prämien innerhalb der Ausschlussfristen rückwirkend geltend machen.

(dpa/SAHO)

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