Urlaubsgeld & Co in der Insolvenz: Worauf Arbeitgeber und Arbeitnehmer achten sollten
Auch wenn sich der Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen zuletzt etwas verlangsamt hat, sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache. „Fakt ist: Gerade angesichts der zahlreichen Herausforderungen ist kein Unternehmen davor gefeit, in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten, und der Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen wird sich aller Voraussicht nach auch in diesem Jahr fortsetzen“, sagt Dr. Elske Fehl-Weileder. Die Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht ist unter anderem am Münchner Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun tätig.
So hart das zunächst klingt: Die Insolvenz des Arbeitgebers kann jeden treffen. Verbunden damit ist die Sorge um den Arbeitsplatz generell und – mit dem Blick auf die Urlaubserholung im Speziellen – die Sorge um die (sommerliche) Auszeit.
Eine Insolvenz ist kein rechtsfreier Raum
„Wichtig ist: Auch eine Insolvenz ist kein rechtsfreier Raum, und im Zusammenhang mit den Urlaubsansprüchen an sich, Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld gibt es feste gesetzliche Regelungen“, sagt Alexander von Saenger. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht ist unter anderem am Nürnberger und am Bremer Standort von Schultze & Braun tätig. „Jedoch ist es wichtig, immer den jeweiligen Einzelfall zu betrachten – gerade auch, da jedes Unternehmen und jede Insolvenz unterschiedlich ist.“
Urlaubsansprüche, Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld in der Insolvenz:
In der Insolvenz bleiben (gewährter) Urlaub und das entsprechende Urlaubsentgelt – also die Gehaltsfortzahlung während des Urlaubs – grundsätzlich erhalten. Das Urlaubsgeld ist eine zusätzliche Leistung zum Urlaubsentgelt und soll dem Arbeitnehmer in der Urlaubszeit eine finanzielle Unterstützung geben.
Wenn der genehmigte Urlaub in den Insolvenzgeldzeitraum – in der Regel die ersten drei Monate nach dem Insolvenzantrag – fällt, erhält der Arbeitnehmer sein Urlaubsentgelt als Teil des sogenannten Insolvenzgelds. Gleiches gilt häufig auch für das Urlaubsgeld, das in manchen Arbeitsverträgen vereinbart ist und oftmals im Juni oder Juli als Einmalbetrag ausgezahlt wird.
Wenn der Urlaub bereits genehmigt ist, bleiben die gewählten Urlaubstage dem Arbeitnehmer erhalten. Der Urlaub geht also nicht durch die Insolvenz „verloren“. Wenn der Arbeitnehmer den Urlaub aber erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens antritt, ist der Anspruch auf Urlaubsentgelt einschließlich eventuellem Urlaubsgeld eine sogenannte Masseforderung. Das bedeutet, dass diese Beträge vom Insolvenzverwalter vorrangig gezahlt werden, wenn die Insolvenzmasse dafür ausreichend Geld hat.
Wenn nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer insolvent ist
Doch was gilt im umgekehrten Fall? Also, wenn nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer (privat-)insolvent ist und er den pfändbaren Teil des Einkommens über den Verwalter an seine Gläubiger abgeben muss?
„Das Urlaubsgeld bleibt einem Arbeitnehmer in einem solchen Fall in voller Höhe erhalten und ist nicht pfändbar – aber nur, solange das Urlaubsgeld innerhalb der üblichen Höhe liegt“, ordnet Alexander von Saenger ein. „Das Urlaubsentgelt ist als normales Gehalt hingegen bis zur Pfändungsfreigrenze von 1.555,00 Euro pfändbar, die seit dem 1. Juli 2025 gilt.“
Pfändbar oder nicht pfändbar?
Aber nicht nur mit dem Blick auf das Urlaubsentgelt, sondern auch generell müssen sich Arbeitgeber bei einer Pfändung des Einkommens eines Arbeitnehmers regelmäßig die Frage stellen: „Pfändbar oder nicht pfändbar?“.
„Besonders relevant ist die Antwort auf diese Frage jedes Jahr zum 1. Juli, wenn die neuen Pfändungsfreigrenzen beachtet werden müssen. Denn sonst drohen Unternehmen ein erheblicher Mehraufwand oder ein finanzieller Verlust“, sagt Dr. Elske Fehl-Weileder. „Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, die neuen Pfändungsfreibeträge automatisch zu beachten, und ein Arbeitnehmer kann seinen Arbeitgeber für die Differenz haftbar machen – etwa, wenn er weniger als den durch die Pfändungsfreigrenzen geschützten Betrag überwiesen bekommen hat.“
Um finanzielle Risiken zu vermeiden, sollten sich Unternehmen den 1. Juli daher am besten jedes Jahr rot im Kalender markieren.
(Schultze & Braun /SAKL)