Wer flucht, der sagt öfter die Wahrheit!
Wer in der Küche, im Büro oder hinterm Tresen öfter Schimpftiraden, Flüche oder obszöne Ausdrücke zum Besten gibt, der macht sich mit seiner Außendarstellung wenige Freunde – ist aber wiederum glaubwürdiger gegenüber Geschäftspartnern, Mitarbeitern und Freunden. Das haben Psychologen und Wirtschaftswissenschaftler in einem gemeinsamen Forschungsprojekt herausgefunden: nachzulesen im Fachblatt Social Psychological and Personality.
Wer flucht, der gibt seiner Unzufriedenheit einen unschönen Namen. Die Klaviatur der Fäkalsprache, obszönen Ausdrücke oder sexuelle Frotzeleien spielt der notorisch unzufriedene Erdenmensch immer öfter. Von dieser Spezies gibt es gerade in Deutschland viele. Neid, Egoismus und empathische Disfunktionalität bilden den Treibstoff für die Fluch-Motorik im 21. Jahrhundert. Beobachtungsposten gibt es viele: im Supermarkt, Straßenverkehr und natürlich im Gastro-Betrieb. Es ist demnach umso überraschender, dass Wissenschaftler die verbale Entgleisungen mit Ehrlichkeit ohne Hintergedanken verbinden.
Fluchen ist eine ehrliche Meinung
Forscher Gilad Feldmann und sein Team haben 276 Freiwillige gebeten, all ihre benutzten Flüche und Schimpfwörter aufzulisten. Wer eine recht umfangreiche Liste an Fluchtiraden zu bieten hatte, erwies sich beim anschließenden Lügentest als besonders ehrlich. Die Probanden schienen nicht darauf abgezielt zu haben, sozial genehme Antworten zu geben. Ein ähnliches Bild ergab eine weitere Analyse im Social Network Facebook. Hier werteten die Forscher sämtliche Kraftausdrücke von 75.000 Nutzern aus. Wer auf seinem Account gerne einmal unflätige Kraftausdrücke benutzte, verwendete aber auch oft die Pronomen „Ich“ und „Wir“. Den Psychologie-Forschern zufolge, deute dies auf ein „größeres Maß an Ehrlichkeit“ hin. Ein gutes Beispiel sei Donald Trump, der zwar oft fluche und Kontrahenten oder Medien mit Kraftausdrücken verunglimpft, sich aber dadurch im Wahlkampf besser darstellen konnte. Trotz all den teilweise erschreckenden Ausdrücken, wurde er vom Wähler glaubwürdiger als seine Kontrahentin Hillary Clinton eingeschätzt.
Wer flucht bereinigt seine Sprache nicht, um adretter zu wirken. Für Gastronomen gilt also: hat der Azubi die Panna Cotta in den Sand gesetzt, rettet ein Donnerwetter zwar nicht das Dessert, zeigt ihrem Lehrling aber wenigstens, dass sie ihm ihre ehrliche Meinung ins Gesicht posaunen können… (FL)