Ratgeber

Wie Nachwuchs-Hoteliers neue Visionen umsetzen

Bei Familie Thurner vom Feldhof in Vilpian/Terlan in Südtirols Süden helfen alle zusammen. Langfristig soll Oma Hildegard (li.) aber mehr und mehr ihren Ruhestand genießen und sehen dürfen, wie der „Roter Hahn“-Betrieb in ihrem Sinn weitergeführt wird. (© Feldhof/Miriam Federspiel)
Von klimapositiven Energiebilanzen bis Green Meetings: Zahlreiche Nachwuchs-Hoteliers haben bereits ihre ganz eigenen Zukunftsvisionen umsetzen können. Hier die Storys von fünf Jungunternehmern.
Donnerstag, 18.02.2021, 08:25 Uhr, Autor: Thomas Hack

Nachwuchs-Hoteliers von heute bewältigen nicht nur andere Herausforderungen als ihre Eltern. Sie haben es auch mit größerer Konkurrenz zu tun und müssen ihre Betriebe daher viel klarer im jeweiligen Segment positionieren. Folgende fünf Beispiele aus Bayern, Tirol und Südtirol zeigen, wohin die Reise unterschiedlicher Alpenhotels in Zukunft gehen wird und wie man mit den richtigen Alleinstellungsmerkmalen das Fundament für den Markenkern legt.

Stephan Mühlmann: „Umweltschutz als stetige Vision“

Die Geschichte des Naturhotel Leitlhof in den Südtiroler Dolomiten beginnt 1997, Stephan Mühlmann ist nicht einmal sieben Jahre alt. Schon damals war die Vision seiner Eltern Agnes und Robert, das Haus im Sinn eines nachhaltigen Tourismus in die Zukunft zu führen. Doch erst nachdem Stephan sich mit gerade mal 21 in den Kopf setzte, den Leitlhof in Innichen europaweit zu einem Vorreiter in Sachen Umweltschutz zu machen, kam diesbezüglich richtig Fahrt auf. In jahrelanger Kleinstarbeit entwickelte er ein eigens von ihm konzipiertes Holzkraftwerk. Dank diesem heizt das Hotel heute nicht nur energieautark, sondern sogar klimapositiv. „Als leidenschaftlicher Bauer im Nebenberuf habe ich außerdem mit unserem ‚Mühlhof‘ einen landwirtschaftlichen Betrieb realisiert, wo wir exklusiv für unsere Gäste Gemüse anbauen und Angus-Rinder züchten. Wir möchten uns vor allem in Bezug auf Nachhaltigkeit weiter verbessern und unsere Stärken hinsichtlich der Produktion alternativer Energien festigen.“

Marcel Gutheinz: „Mehr Qualität statt mehr Betten“

Lebenserfahrung ist etwas, das man in keinem Studium, Praktikum oder Buch lernen kann – davon ist Marcel Gutheinz vom Jungbrunn in Tirol überzeugt. Dementsprechend befindet sich der junge Hotelier in ständigem Austausch mit seinen Abteilungsleitern sowie den Eltern, die den „Gutzeitort“ im österreichischen Tannheimer Tal nach 25 außergewöhnlichen Jahren vertrauensvoll in die Hände ihres einzigen Sohnes übergeben haben. „Dabei geht es vor allem darum, im Sinn des Unternehmens zu handeln“, findet der 32-Jährige. Damit sei aber nicht gemeint, dass das Hotel mit seinem 7.900-Quadratmeter-Spa mehr Betten haben müsse – im Gegenteil: Die jetzige Größe mit 92 Zimmern, Suiten und Apartments hält er für perfekt und möchte lieber kontinuierlich die Qualität steigern. „Meine Vision ist vielmehr, das Jungbrunn auch weiterhin als Vorreiter in Sachen Design zu etablieren, aber nicht nur: Mir geht es speziell um die Wertschätzung der Menschen im Haus. Auch in Zukunft sollen Freigeister und außergewöhnliche Charaktere im Jungbrunn zusammenkommen und die einzigartige Atmosphäre kreieren, in der sich Gäste wie Mitarbeiter so wohlfühlen.“

Maximilian Schwabe: „Gäste und Mitarbeiter auf Augenhöhe“

„Mein Anliegen ist es, diesen besonderen Platz anderen Menschen zugänglich zu machen.“ So beschreibt Maximilian Schwabe seine Philosophie als Geschäftsführer des Schlossgut Oberambach. Der herrschaftliche Landsitz mit 40 Gästezimmern liegt oberhalb des Starnberger Sees mit Blick auf die Alpen und umgeben von 52 Hektar Wald und Wiesen auf eigenem Grund. Ursprünglich wollte der 34-Jährige in der Event-Branche arbeiten, entschied sich aufgrund des großen Veranstaltungsbereichs im Schlossgut aber für eine Ausbildung im oberbayerischen Familienbetrieb.  Im Oktober 2018 schließlich übernahm er das Biohotel von seinem Vater Andreas, nachdem er schon zehn Jahre laufend dort mitgearbeitet hatte. „Er steht mir immer noch beratend zur Seite. Allerdings habe ich die Zeit auch genutzt, um eigene Ideen umzusetzen, zum Beispiel ein Gemüsefeld und die vegetarische Mittagskarte. Außerdem hat sich in Sachen Digitalisierung viel geändert. Und die Themen Hochzeiten sowie Meetings und Incentives rücken noch klarer in den Fokus“, erzählt der zweifache Vater. Darüber hinaus gehe es jetzt legerer zu. „Mein mittel- und langfristiges Ziel ist ein extrem hoher Standard, wobei sich Gäste und Mitarbeiter auf Augenhöhe begegnen, austauschen und voneinander profitieren sollen“, beschreibt Maximilian seine Zukunftsvision für das Schlossgut Oberambach.

Familie Thurner: „Natürliche Materialien, hofeigene Erzeugnisse“

„Mit der Idee, den alten Bauernhof komplett zu sanieren, konnte sich meine Mutter zuerst nur schwer anfreunden“, erzählt Christian Thurner vom Feldhof in Vilpian bei Terlan. „Am Ende aber haben wir sie von der Notwendigkeit zur Neugestaltung und -ausrichtung überzeugt“, sagt der 49-jährige Bauer, der mit seinen Äpfeln die örtliche Genossenschaft beliefert und daraus gemeinsam mit seiner Frau Fruchtaufstrich, Mus, Sirup, Eingelegtes, Kompott, Saft sowie Trockenobst herstellt. Ohne die wertvollen Tipps von Oma Hildegard funktioniert‘s laut Bäuerin Gaby im Alltag trotzdem nicht: „Meine Schwiegermutter hat beinah sechzig Jahre Erfahrung mit Urlaub auf dem Bauernhof. Wenn es also um die perfekte Bewirtung der Gäste, die Außengestaltung, die Blumen im Garten oder die Ausstattung der fünf Ferienwohnungen geht, bleibt sie meine wichtigste Ratgeberin. Die Zusammenarbeit ist uns wichtig und wir leben sie tagtäglich.“ Seit seiner Neueröffnung 2019 ist der Feldhof Mitglied der Marke „Roter Hahn“ und wurde mit fünf Blumen eingestuft, zu Recht: In dem avantgardistischen Architektenentwurf sind ausschließlich hochwertigste natürliche Materialien wie Holz, Stein und Filz verarbeitet. Die hofeigenen Erzeugnisse genießen Urlauber beim Frühstück oder kaufen sie in der Produktecke. Vor Ort gibt es einen Salzwasserpool, zudem hat sich der Feldhof auf Radler spezialisiert – Christian und Gaby sind geprüfte Moutainbike-Guides und gehen gern mit ihren Gästen auf Tour durch Südtirols Süden.

Florian Ultsch: „Modernes Design und historisches Flair verbinden“

Gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder leitet Florian Ultsch die österreichische Hotelkette harry’s home hotels & apartments sowie die beiden Innsbrucker Häuser Hotel Schwarzer Adler und das aDLERS Lifestyle-Hotel. Noch gibt es keinen offiziellen Generationswechsel: „Derzeit sind wir im Prozess der künftigen Rollendefinition und legen bereits die Weichen zur Übergabe in den nächsten Jahren“, sagt der älteste Sohn von „harry’s home“-Gründer Harald Ultsch. Die künftige Strategie für die harry’s home hotels & apartments sieht er klar definiert: „Mittelfristig bleiben wir weiterhin im deutschsprachigen DACH-Raum vertreten. In Bezirkshauptstädten, industriellen Hotspots sowie Ferienregionen mit ganzjährigem Angebot und gewerblicher Nachfrage fühlen wir uns sehr wohl. Auf lange Sicht könnten wir uns allerdings eine weitere Expansion vorstellen.“ Konkrete Ideen hatte Florian unter anderem auch beim Umbau des Hotels Schwarzer Adler Innsbruck, das die Familie bereits in vierter und fünfter Generation führt. „Unser Anspruch war es, dem Gast ein Hotel mit allen modernen Komfort- und Design-Ansprüchen zu bieten, ohne dabei den historischen Flair des geschichtsträchtigen Hauses zu verlieren.“ Eins steht auf jeden Fall fest: Große Entscheidungen wird die Familie auch in Zukunft gemeinsam treffen.

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