Zielgruppen-Erschließung

Tourismus setzt zunehmend auf Barrierefreiheit

Ein Rollstühlfahrer im Urlaub
In Deutschland werden die Tourismusdestinationen zunehmend behindertengerecht ausgebaut. Selbst Gebirgsregionen wie der Harz hat die neue Zielgruppe für sich entdeckt. (© Phokin/stock.adobe.com)
Immer mehr Touristiker erkennen, dass mit Gehhilfen jede einzelne Treppe zur Hürde werden kann, geschweige denn natürliche Landschaften. Selbst in Gebirgslagen wie etwa dem Harz setzt man zunehmend auf barrierefreies Reisen.
Dienstag, 12.11.2019, 09:45 Uhr, Autor: Thomas Hack

Wanderwege für Rollstuhlfahrer, barrierefreie Ausstellungen und Hubwagen für einen leichten Zustieg in die Brockenbahn: Barrierefreies Reisen gewinnt auch in deutschen Gebirgsregionen wie etwa dem Harz zunehmend an Bedeutung. „Das Thema ist seit langem wichtig für uns“, sagt etwa die Sprecherin des Nationalparks Harz, Mandy Gebara. Bei Neu- und Umbauarbeiten werde darauf geachtet, dass alle Gäste und Mitarbeiter die Nationalparkhäuser und Besucherzentren gut nutzen könnten. So gebe es mittlerweile rollstuhlgerechte Büroräume, ausgewiesene Parkplätze und barrierefreie Sanitäranlagen. Auch bei Ausstellungen, Waldpfaden und Ausflugsorten in den höheren Lagen werde an Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen gedacht. Allerdings gebe es noch weiteren Handlungsbedarf.

Blinde und Gehörlose als neuer Zielgruppe

In Deutschland lebten etwa zehn Millionen Menschen mit Behinderungen, sagte die Sprecherin des Harzer Tourismusverbands, Christin Wohlgemuth. „Ein Großteil der Betroffenen möchte auch die Chance erhalten, in den Urlaub zu fahren“, erklärte sie. Bei Projekten zum barrierefreien Reisen im Harz seien zahlreiche Ideen in den vergangenen Jahren entstanden und umgesetzt worden, wobei auch seheingeschränkte oder gehörlose Menschen berücksichtigt wurden. So wurde die neu eröffnete Nationalparkausstellung im Brockenhaus auf dem höchsten Berg des Harzes für Menschen mit Behinderungen grundlegend verbessert, erklärte Mandy Gebara. Unter anderem wurde eine bisher nur über Treppen erreichbare Empore mit einem durchgängigen Rundweg für Rollstuhlfahrer ausgestattet. Viele Exponate würden nun über Audio-Module erklärt. Um überhaupt zum Brockenhaus zu gelangen, können Rollstuhlfahrer in den schneefreien Monaten dank sogenannter Hubwagen in die Brockenbahn gelangen und auf die Kuppe fahren.

„Treppenstufen werden Geschichte sein“

„Neben solchen Großprojekten sind wir aber auch stolz auf viele kleine Fortschritte“, sagte Gebara weiter. Es gebe mehr Rampen, behindertengerechte Toiletten, Leitsysteme für blinde und sehbehinderte Menschen, ein rollstuhlgerechtes Erlebnis-Kino und neue Ausschilderungen in den Waldgebieten. Derzeit werde eine Ausstellung im Haus der Natur in der niedersächsischen Stadt Bad Harzburg bis zum kommenden Frühjahr erneuert. „Aktuell noch vorhandene Treppenstufen werden dann Geschichte sein“, so die Sprecherin. „Zudem setzen wir auf eine kontrastreiche Gestaltung, kurze Texte, viele Audioinhalte und das Mehrsinnesprinzip.“

Starke Nachfrage von barrierefreien Hotelzimmern

Die barrierefreien Angebote sind den Angaben zufolge beliebt. „Die Resonanz ist gut und die Angebote werden angenommen“, sagte Gebara. So sei direkt zur Ausstellungseröffnung im Nationalpark-Besucherzentrum Brockenhaus eine Besucherin mit Rollstuhl aus den Niederlanden mit ihrer Familie zu Gast gewesen. „Sie äußerten sich sehr begeistert“, so die Sprecherin. Auch die Harz-Information will weiter barrierefreie Vorhaben unterstützen. Denn: „Von Hotelpartnern aus dem niedersächsischen Harz wissen wir, dass die wenigen barrierefreien Zimmer immer stark nachgefragt sind.“ (lah/TH)

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