Ghost Kitchen

Gastronomie ohne Gäste

Mann entnimmt ein Packet am Ausgabeschalter einer Ghost Kitchen
„Sesam, öffne dich“: Hinter dem Abholschalter werden Burger, Pasta und Pizza frisch gekocht. (Foto: © Tobit)
„Ghost Kitchens“, das sind Restaurants, die ihre Gäste zwar gerne bekochen – sie aber nicht bei sich empfangen. Diese Konzepte leben von Effizienz und sind nicht erst seit Corona auf dem Vormarsch. Drei unterschiedliche Ghost Kitchen-Konzepte zeigen, Gastronomen die mit dieser neuen Form auch in der Krise erfolgreich sind.
Mittwoch, 10.02.2021, 14:00 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Was muss man nicht alles tun, um Gäste bei sich zu empfangen und zu bewirtschaften: Tische, Stühle, ein passendes Ambiente und ein guter, schneller Service, der dem Gast bestes Essen bringt. Während die einen sich daher bereits auf die ersten Lockerungen vorbereiten, um ihren Gästen wieder das perfekte Erlebnis zu bieten, arbeiten „Ghost Kitchens“ schon seit Monaten auf Hochtouren und bedienen ihre Gäste zu Hause auf den Sofas.

Ghost Kitchen als Projekt

Eigentlich ist Sven Lehnhoff ein Koch, Podcaster und Gastroberater aus Cloppenburg. Die Pandemie hat ihm, wie vielen anderen, einen leeren Terminkalender beschert – bis er im November dann die Idee hatte, sich für die Nachbarschaft wieder an den Herd zu stellen und Weihnachtsgänse für das Fest professionell zuzubereiten. „Kochen ist meine Leidenschaft. Und ich wollte anderen in einer ähnlichen Situation zeigen, was sie jetzt machen können“, so Lehnhoff. „Mein ganzes Konzept ist daher auch absichtlich sehr reduziert gehalten. Jeder mit einer Küche kann es nachmachen.“

Mit dem erfolgreichen Verkauf der Weihnachtsgänse hat Svens „Underground Kitchen“ – so der Name des Projekts – allerdings nicht aufgehört. Im Gegenteil: Es hat ihm so viel Spaß gemacht, dass er sich weitere Aktionen ausgedacht hat. Unter anderem Rouladen, Sushi und Burger hat der 41-Jährige schon gekocht und war wegen einer genauen Planung immer ausverkauft. „Ich denke mir ein Gericht aus, stelle es in meinen Online-Shop, mache Postings auf Social Media und koche dann ein paar Tage später frisch für alle, die bestellt haben“, erklärt Lehnhoff. „Ich mache das nur mit einer digitalen Plattform, weil es sonst aufwändig und auch nicht so nachzumachen wäre.“

Ghost Kitchen als Neuanstrich

Dass es für eine Umstellung nie zu spät ist, zeigt das TKWY – kurz für Takeaway – in Ahaus. 2012 wurde der Laden mit dem Anspruch, nicht als Imbissbude, sondern eher als outgesourcte Küche zu kochen, eröffnet. Wie der Name schon verrät, ist auch dieses Konzept ursprünglich gänzlich für den Außer-Haus-Verkauf geplant gewesen – trotzdem konnte man anfangs zumindest auf einen kleinen Gastraum nicht so wirklich verzichten. „Nur eine Küche ohne Zugang für Gäste? Anfangs war uns der Gedanke wohl noch ein bisschen zu drastisch“, erklärt Claire Krotofil, die für das Konzept verantwortlich ist. „Mittlerweile haben wir uns getraut, komplett auf unseren Gastraum zu verzichten.“ Die Bestellung und Abholung läuft nur übers Smartphone: Man wählt Online aus, bestellt, bezahlt und scannt einen QR-Code, wenn das Essen fertig ist. Allerdings nicht im ehemaligen Gastraum oder der Küche selbst, sondern am „Abholschalter“ – direkt draußen an der Straße.

Dem Umsatz hat die Umstellung dabei keinen Abbruch getan. Das liegt vor allem daran, seit geraumer Zeit immer weniger im TKWY selbst, sondern zuletzt sogar ausschließlich im Voraus über das Smartphone bestellt wurde. Der ehemalige Gastraum erfüllt heute daher auch einen neuen Zweck: Wo sonst Tische und Stühle standen, findet man heute Lebensmittel, Haushaltsbedarf und Co., die Gäste 24/7 im Selbstbedienungs-Kiosk kaufen können.

Ghost Kitchen als StartUp

Marcus Geßler ist Seriengründer in der Gastronomie und hat Ende Oktober seine allererste Ghost Kitchen gestartet: Das UMAI in Münster kocht asiatische Spezialitäten wie Sushi, Chicken Tikka Masala oder Tom Kha Gai – ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit. „Ich habe das Konzept entwickelt, um unsere bestehenden Küchen in Münster während des Lockdowns besser auszulasten und um unsere Plattform hungrig.ms⁴ mit spannenden neuen Konzepten noch interessanter für unsere Kunden und Gäste zu machen“, erklärt Geßler. „Gerade die asiatische Küche ist ja für den Außer-Haus-Verzehr berühmt.“

Eine starke Online-Präsenz sieht Geßler als unverzichtbar, um mit einer Ghost Kitchen erfolgreich zu sein: „Was eine normale Gastronomie mit schicker Einrichtung, Flair und einer ausgehängten Karte erzeugt, müssen wir über die sozialen Netzwerke mit Aktionen und Inhalten erreichen“, so Geßler und verweist auf die großen Lieferplattformen wie Lieferando. „Natürlich ist es wichtig, auch dort vertreten zu sein – vor allem in einer Stadt wie Münster. Noch wichtiger ist es allerdings, dass man langfristig seine Stammkunden auf seine eigene Website bewegen, Gebühren sparen und vor allem einen direkten Draht zu seinen Kunden herstellen kann.“

(Tobit/NZ)

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