Nordic Michelin Stars 2024 – Walking on Sunshine
Der Sonnenuntergang ist erst in einigen Stunden, der Himmel betörend blau, die Temperaturen liegen bei lauen 25 Grad. Vor drei Wochen hingegen lag in Helsinki noch im Schnee.
Sterneregen im Norden
Wenn man im Sternebereich tätig ist oder sein will, ist das Wetter logischerweise von Belang. Beständige Produktqualität ist ein Merkmal einer Michelin-Auszeichnung. Woher also gutes Produkt kriegen, wenn der Winter des letzten Jahres nicht nur in Finnland Anfang November losging und sieben Monate und gefühlte sieben Jahre anhielt?
Nein, keine Fangfrage. Sondern Ausdruck von Respekt. Denn Wetter kann den Nordlichtern scheinbar nichts anhaben. Das beweisen allein die Neuzugänge bei den Sternen.
Denn gleich zwei weitere Dreisterner haben’s in den Nordic Guide Michelin geschafft, und weitere Überraschungen ließen auch nicht auf sich warten. Kopenhagen kann’s natürlich immer noch ... fünf Einsterner, fünf Zweisterner, drei Dreisterner, darunter der Neuzugang Jordnaer.
Stavanger hat die Nase vorn
Aber eine neue Stadt schickt sich an, Fooddestination zu werden. Das saukalte Stavanger in Norwegen hat nun zwei Einsterner und mit dem RE-NAA einen neuen Dreisterner.
Bei den Schweden überzeugte neben vielen anderen Daniel Berlin, der seinen Laden in Malmö dichtgemacht und sich erst vor wenigen Monaten im tiefsten Südschweden niedergelassen hatte. Er holte sich seine zwei Sterne aus Malmö zurück – dieses Mal gleich aus dem Stand.
Kein Wunder, dass alle in Feierlaune waren. 120 Köche aus Island, Dänemark, Schweden, Norwegen hatten die Finnen eingeladen und natürlich die Landsleute nicht vergessen.
Ohne Fleisch geht auch
Bei der Aftershow-Party wurde erstmals in der Geschichte des Guide Michelin kein Fleisch serviert, darauf hatte Helsinkis Bürgermeister Juhana Vartiainen bestanden, weil die Stadt das seit Neuestem bei sämtlichen Empfängen so handhabt. Und da die Party in seinem Rathaus stattfand... trotzdem wurde es eine große Oper, begleitet von ebensolchen Grand-Heidsieck-Bouteillen.
Beim Gastgeber Helsinki sind jetzt vier Grüne Sterne am Werk, was wenig überrascht. Wer sehen will, wie Grün richtig gut und ohne Greenwashing geht, kommt bitte nicht nach Berlin, sondern hierher. Palace, das beste Restaurant der Stadt, hielt seine zwei Sterne; generell konnte jedes Sternerestaurant seine bereits erkochten Auszeichnungen halten.
Große Emotionen bei der Vergabe
Fast schon berührend war die Emotionalität dieser mit 60 Minuten genau richtig getimten Veranstaltung. Der Nachwuchs heulte, andere zerrten gleich ihre gesamte Brigade mit auf die Bühne und die zwei neuen Dreisterner, die als Schlussakkord bekanntgegeben wurden, kassierten Begeisterungsgebrüll und Luftsprünge von ihren Wettbewerbern.
Die wie immer totschicken und distinguierten Vertreter des Guide Michelin waren ebenfalls gerührt und nicht wenig perplex: Ein solches Gemeinschaftsgefühl kennen sie aus anderen Ländern nicht.
85 Restaurants führt der Michelin Guide Nordic Countries nun. Zwischen Ravioli, Skipisten-Stern und Kompostierer im Gastraum alles dabei, jetzt dämmert es langsam auch dem letzten Nordlicht, wie gut sie sind ... we’re walking on sunshine, baby, yeah!
(Gabriele Gugetzer /CHHI)