Kommentar

Dem Shitstorm die Stirn bieten

Mohr im Hemd
Unter dem Druck der PC-Community ist selbst der traditionelle „Mohr im Hemd“ in vielen Lokalen schon zum „Schokokuchen mit Schlag“ geworden. (© fotolia.com/Ideenkoch)
Ein Lokal in Zell am See hat seit Jahren einen halblustigen Text auf dem WC hängen. Seit dieser durch die (un-)sozialen Medien geistert ist die Hölle los, Aufrufe zur Gewalt inklusive.
Donnerstag, 15.11.2018, 11:25 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Der Shitstorm hat wieder zugeschlagen: In einem Salzburger Lokal namens „Kupferkessel“ hat ein Gast (angeblich Student der Politikwissenschaft…) auf der Herrentoilette einen Aushang mit der Aufschrift „Merkblatt zur richtigen Frauenhaltung“ entdeckt. Auf die Inhalte braucht man nicht weiter einzugehen, sie decken tatsächlich jedes Klischee ab: Eine Frau „sollte nützlich sein (d.h.: Brav im Haushalt und einigermaßen gut im Bett). Sie sollte herzeigbar sein (d.h.: Ihr Aussehen sollte zumindest kein Mitleid erregen)“. Und dann gibt es noch Tipps zu Anschaffung, Pflege, Ausbildung, etc.“ Lustig? Es soll auch Leute geben, die beim Villacher Fasching lachen können. Aber guter Geschmack ist zum Glück noch nicht in Gesetzesform gegossen. Dass das Logo des Lokals einen schwarzen, dickbäuchigen  Kannibalen zeigt, der mit einem Messer im Mund einem Weißen nachläuft, war dann nur mehr das Tüpfelchen auf dem I. Auf Facebook und Twitter, dem Pranger und der Guillotine der heutigen Zeit, gingen die Wogen unter den Berufsempörten hoch, Sexismus und Rassismus waren die Standardunterstellungen, Boykottaufrufe die logische Folge, die Betreiberfamilie wurde persönlich beschimpft und bedroht, es gab sogar einen Aufruf, das Lokal anzuzünden.

Kein persönliches Gespräch mehr
Zwei Kleinigkeiten wurden von der politisch korrekten Jakobinern übersehen: Zum einen, dass das Logo schon seit Jahrzehnten existiert und bislang wohl von allen Gästen als das gesehen wurde, was es tatsächlich ist: eine Karikatur. Zum anderen aber vor allem, dass das gleiche Merkblatt auch auf der Damentoilette hängt, mit beinahe identischen Inhalten nur eben als „Merkblatt zur richtigen Männerhaltung“. Wie erwähnt, über Humor lässt sich streiten, aber der Vorwurf des Sexismus geht damit wohl ins Leere. Und es ist auch symptomatisch, dass besagter Politikstudent, nachdem er sich von seiner Schockstarre erholt hat, nicht das Gespräch mit dem Wirten gesucht, sondern – wohl nicht ganz unbewusst – einen Internet-Shitstorm provoziert hat. Entsprechend fassungslos zeigt sich auch der Betreiber in einem Entschuldigungsbrief auf seiner Homepage: „Es war nie unsere Absicht jemanden damit zu beleidigen, verletzen oder zu diskriminieren. Wir fanden diese Zettel so realitätsfern und hätten nie im Leben daran gedacht, dass jemand auf die Idee kommt er spiegelt unser Frauen- bzw. Männerbild wider.“ Auch habe sich seit über 40 Jahren noch nie ein Gast beschwert, sonst wäre es kein Problem gewesen, die betreffenden „Klo Lektüren“ zu entfernen. Stattdessen müsse man jetzt auf Online-Plattformen Drohmails über den eigenen Betrieb lesen. „Wir finden es wirklich sehr traurig, dass in der heutigen Zeit über solch ein Thema nicht mehr persönlich geredet werden kann, sondern alles in einer ‚Massen‘-Diskussion, wo auch dann ein sogenannter ‚Shitstorm‘ zustande kommt, auf den Online Plattformen ausgetragen werden muss!“

Irgendein –ismus lässt sich immer finden
Ein Problem, das vermutlich die Mehrheit der Gastronomen und Hoteliers kennt: Probleme werden nicht mehr vor Ort und direkt angesprochen, sondern – das Handy zur Beweissicherung ist ja zum Glück omnipräsent – hintenherum über Facebook, Twitter & Co. Und treffen dort auf eine dauererregte PC-Community, die bei allen Vorkommnissen außerhalb ihres beengten Blickfeldes sofort Rassismus, Sexismus, Faschismus oder Islamophobie ortet. Den Hut als Ankläger, Richter und Henker in Personalunion, ohne dem „Angeklagten“ eine Chance zur Verteidigung zu geben, setzen sich viele dann gerne auf.

Wie man indes einem solchen Shitstorm unaufgeregt gegenübertritt, zeigt die Vorarlberger Mohrenbrauerei seit Jahren. Benannt nach ihrem Gründer Josef Mohr im 18. Jahrhundert verwendet sie noch heute das alte Familienwappen, das die Silhouette eines Mohren samt Kraushaar und wulstigen Lippen zeigt. Aufrufe, diesen „rassistischen“ Namen und erst recht das Logo zu ändern, gab es zu Hauf. Indes: Man legt bis heute Wert darauf, diesen vor allem im Ländle gut eingeführten Namen und auch das historische Logo zu behalten, die selbstverständlich nicht den geringsten rassistischen Kontext enthielten. Die selbstgerechten Moralisten kann man also auch einfach auflaufen lassen bzw. ignorieren. Gut zu wissen!

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