Coronakrise

Was eine Ausgangssperre bedeutet

Schuhe von oben, die an einer roten Linie mit dem Wort „Halt!“ stehen
Um die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, werden immer häufiger Ausgangssperren verhängt. (Foto: ©Jamrooferpix/stock.adobe.com)
In letzter Zeit taucht das Wort „Ausgangssperre“ in Verbindung mit dem Coronavirus immer häufiger auf. Aber was genau besagt eine Ausgangssperre? Was Sie wissen müssen, erfahren Sie hier.
Donnerstag, 19.03.2020, 13:22 Uhr, Autor: Kristina Presser

Viele unserer Nachbarländer befinden sich im Shutdown-Modus, es gibt Ausgangssperren unter anderem in Italien, Spanien und Frankreich. Hierzulande sieht die Regierung bislang von einer landesweisen Ausgangssperre ab, wenngleich vereinzelt bereits erste gelten. So wurde am gestrigen Mittwoch die erste Ausgangssperre im bayerischen Mitterteich verhängt und gilt nun bis 2. April. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schloss bei der heutigen Bayerischen Landtagssitzung erneut nicht aus, dass weitere Sperren folgen könnten. Aber was genau bedeutet eine Ausgangssperre für den Einzelnen?

Zunächst einmal gilt in Deutschland das Recht auf Freizügigkeit, die auch im Deutschen Grundgesetz verankert ist (GG, Art. 11):

GG, Art 11

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

Eine Ausgangssperre würde also massiv in dieses Recht eingreifen. Trotzdem gibt es Gründe, die eine Ausgangssperre rechtfertigen – in dem Fall das Coronavirus, das inzwischen als Pandemie eingestuft wurde. Hier tritt nun § 28 des Infektionsschutzgesetz (lfSG) in Kraft, auf den sich auch das Landesamt Tirschenreuth für Mitterteich beruft. Der Paragraf besagt, dass die zuständige Behörde in der Pflicht ist, so lang und so weit die notwendigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, bis eine weitere Verbreitung der übertragbaren Krankheit verhindert ist.

Welche Maßnahmen dürfen greifen?

Das bedeutet, die zuständige Behörde kann laut lfSG, § 28

  • Veranstaltungen oder Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und ggf. Gemeinschaftseinrichtungen schließen lassen.
  • Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind. Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) werden insoweit eingeschränkt.

Welche Konsequenzen eine Ausgangssperre also im Einzelnen hat bzw. wie diese umgesetzt wird, bestimmt die zuständige Behörde.

Wie sieht die Lage in Deutschland aus?

Zum jetzigen Stand gelten für Deutschland bereits einheitliche Leitlinien, die das öffentliche Leben massiv einschränken. Dazu zählt zum Beispiel auch das Verbot von Zusammenkünften in Vereinen. Auch der Gastronomiebetrieb wurde erheblich zurückgefahren. Und Hotels dürfen im Inland nur zu notwendigen und ausdrücklich nicht zu touristischen Zwecken genutzt werden.

Nun hat Mitterteich zusätzlich eine konkrete Ausgangssperre verhängt. Diese besagt, dass die Menschen ihre Wohnungen bzw. Häuser nicht „ohne triftigen Grund“ verlassen dürfen. Triftige Gründe sind:

  • Der Hin- und Rückweg zur Arbeit, allerdings nur mit Bescheinigung des Arbeitgebers (und sofern kein Homeoffice möglich)
  • Versorgungseinkäufe, d.h. für den Bedarf des täglichen Lebens innerhalb des Stadtgebiets Mitterteich
  • Besuche von Arztpraxen, Sanitätshäusern, Optiker, Hörgeräteakustiker und Gesundheitspraxen (z.B. Physiotherapieeinrichtungen)
  • Apothekenbesuche innerhalb des Stadtgebiets Mitterteich
  • Besuche von Filialen der Deutschen Post
  • Tanken an Tankstellen
  • Geldabheben bei Banken
  • Hilfeleistungen für Bedürftige
  • Feuerwehrkräfte und Rettungskräfte auf dem Weg zum Stützpunkt oder Einsatzort
  • Notwendiger Lieferverkehr
  • Abgabe von Briefwahlunterlagen
  • Unabdingbare Versorgungen von Haustieren

Zwar kann im Einzelfall eine Ausnahme beantragt werden. Das zuständige Landratsamt Tirschenreuth stellte jedoch klar, dass man sich generell strafbar macht, wenn man sich dieser Vorschrift widersetzt. Dass die Ausgangssperre auch wirklich eingehalten wird, kontrolliert die Polizei in den kommenden Tagen verstärkt.

Sollten in den kommenden Tagen weitere Ausgangssperren in Deutschland verhängt werden, kann man davon ausgehen, dass die Verbote bzw. Ausnahmen ähnlich wie jene für Mitterteich sein werden.

Wie sieht es in anderen Staaten aus?

In anderen EU-Staaten, in denen bereits eine landesweite Ausgangssperre gilt, herrschen ebenfalls ganz ähnliche Vorschriften. In Frankreich sind zudem öffentliche Parks und Gärten geschlossen. Tausende Polizisten kontrollieren das Einhalten der Ausgangssperre. Wer die geltenden Regeln missachtet, muss ein Bußgeld zahlen. Außerdem braucht jeder, der sich während der Ausgangssperre außerhalb seiner vier Wände aufhält, eine schriftliche Begründung. Die französische Regierung hat dafür Formulare zum Download bereitgestellt, wie unter anderem die Tagesschau berichtet, akzeptiert aber auch handschriftliche Formulare.

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