Interview

„Das wichtigste Instrument für eine pandemiefreie Zeit wird das Hygienekonzept sein“

Olaf Jastrob, 1. Vorsitzender des Deutschen Expertenrates Besuchersicherheit (DEB)
Olaf Jastrob, 1. Vorsitzender des Deutschen Expertenrates Besuchersicherheit (DEB). (Foto: ©DEB)
Im Interview haben wir mit Olaf Jastrob, 1. Vorsitzender des Deutschen Expertenrates Besuchersicherheit, unter anderem über Maßnahmen in der Post-Corona-Zeit und den Beruf des Hygienebeauftragten gesprochen.
Montag, 01.03.2021, 11:34 Uhr, Autor: Kristina Presser

Der Deutsche Expertenrat Besuchersicherheit (DEB) hat zu Beginn des Jahres die Checkliste „Hygienekonzept für Veranstaltungen“ herausgegeben. Sie soll Veranstaltern von Events und Konferenzen eine Hilfestellung bei der Einhaltung von Hygienestandards bieten. Wir haben mit Olaf Jastrob, 1. Vorsitzender des Deutschen Expertenrates Besuchersicherheit (DEB), über die Entwicklung dieser Checkliste gesprochen, welche Schutzmaßnahmen bei Events wohl auch in Post-Corona-Zeit beibehalten werden und wie es um die Zukunft der Hygienebeauftragten bestellt ist.

Herr Jastrob, die Checkliste „Hygienekonzept für Veranstaltungen“ des DEB soll der „Einhaltung und Gewährleistung rechtskonformer Hygienestandards“ dienen, heißt es im Checklisten-Vorblatt. Auf welcher wissenschaftlichen bzw. rechtlichen Basis wurde die Checkliste erstellt?
Vorweg möchten wir erläutern, dass diese Checkliste bei der Erstellung eines Hygienekonzepts helfen soll. Wir beobachten seit Pandemie-, bzw. korrekt wäre hier der Begriff Epidemiebeginn, dass oftmals in kürzester Zeit von ungeschultem Personal vermeintliche Hygienekonzepte erstellt werden. Oftmals werden Vorlagen aus dem Internet genommen, die jedoch die jeweiligen Verhältnisse nicht berücksichtigen. Daher soll die Checkliste des Deutschen Expertenrates Besuchersicherheit (DEB) einen Orientierungsrahmen zur Erstellung eines Hygienekonzepts bieten. Die Grundlage für diesen Orientierungsrahmen bieten die Erfahrungen vieler Fachleute verschiedenster Fachrichtungen, die jedoch alle an umfangreichen Hygienekonzepten mitgearbeitet haben. Es sind Verantwortungsträger aus kleinen und großen Versammlungsstätten, Eventmanager von Open-Air-Veranstaltungen im letzten Sommer oder Führungskräfte aus (Genehmigungs-)Behörden. Sie alle haben früher bereits Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen entwickelt und verfügen über eine versierte Expertise.

Da Hygienekonzepte hinsichtlich eines über Luft und Kontakte übertragenden Infektionsgeschehens eine neue Materie darstellen, bedarf es der Erfahrungen von Fachleuten, da spezifische Grundlagen für die Anwendung in Deutschland in dem Maße nicht existieren.

Natürlich berücksichtigen die Verfasser rechtliche und vor allem wissenschaftliche Entwicklungen im nationalen und internationalen Raum. Hierzu zählen neben Verordnungen und Veröffentlichungen bzw. Studien von Epidemiologen beispielsweise auch Stellungnahmen aus dem Bereich Arbeitsschutz, anderer Praxisanwender oder Erfahrungen von Behörden. Wie eingangs beschrieben, ist diese Checkliste jedoch als Hilfestellung zu verstehen. In einem Konzept müssen diese Punkte entsprechend den örtlichen Begebenheiten weiter vertieft werden. Hier müssen die Verfasser respektive die Verantwortlichen unbedingt tagesaktuelle (gleichzeitig jedoch auch gesicherte) Erkenntnisse einfließen lassen.

Welche Hygiene- und Schutzmaßnahmen bei Events und Tagungen werden sich Ihrer Meinung nach langfristig, das heißt über die Pandemie hinaus, halten?
Betrachten wir den Zeitpunkt, wenn „Corona“ kein Thema mehr sein wird und Veranstaltungen auch wieder mit fünf- oder gar sechsstelligen Personenzahlen stattfinden. Dann werden die meisten Maßnahmen nicht mehr sichtbar sein. Sicherlich werden viele noch vorsichtig sein und von sich aus eine MNB oder Maske tragen, sich häufiger die Hände waschen und versuchen Abstand zu halten.

Das wichtigste Instrument für eine pandemiefreie Zeit wird unserer Meinung nach jedoch das Hygienekonzept sein. Dies wird standardmäßiger Bestandteil des Sicherheitskonzeptes werden. Nun, was soll ein Schutzkonzept, wenn keine Gefahr besteht? Kurz: Es ist für den Fall der Fälle. Wollten es früher die wenigsten Menschen in Deutschland als realistisches Szenario wahrhaben, sind sie nun für mögliche Epidemien dieses Schadensausmaßes sensibilisiert. Damit Veranstaltungen auch bei bestimmten Inzidenzen noch möglich sind und nicht die komplette Absage notwendig sein wird, werden Veranstalter künftig auch mögliche Schutzmaßnahmen bei der Planung berücksichtigen; allein aus wirtschaftlichem Interesse. Folglich könnten künftig in früheren Phasen schneller Maßnahmen zur frühzeitigen Eindämmung ergriffen werden, die ebenfalls bei Veranstaltungen sichtbar würden. Die Vorplanungen würden nicht nur die Logistik, sondern auch die räumliche Planung als auch die organisatorischen Vorbereitungen zu Personal und der Kontaktnachverfolgung umfassen.

Im Zuge der Corona-Pandemie ist quasi ein neuer Beruf entstanden – der des Hygienebeauftragten bei Veranstaltungen und Events. Wird es diesen Beruf auch künftig, in der Post-Corona-Zeit, geben?
Wir gehen davon aus, dass die Funktion des Hygienebeauftragten fester Bestandteil bei Veranstaltungen sein wird. Wir orientieren uns generell an den Entwicklungen im asiatischen Raum infolge der SARS-Pandemie zu Beginn des Jahrtausends. Die Menschen dort sind wesentlich sensibilisierter für sich dynamisch verbreitende Infektionskrankheiten. Der Infektionsschutz wird folglich im Vorfeld sowohl in Form des Hygienekonzepts als auch eines Verantwortlichen für diesen Bereich mehr Beachtung finden. Natürlich trägt eine Professionalisierung wesentlich zur Besuchersicherheit bei. Einen eigenständigen Beruf erwarten wir jedoch weniger. Wichtig ist, dass Fachleute mit Vorerfahrung aus den Bereichen Sicherheit und Veranstaltungsorganisation hierfür geschult werden und die Aufgabe übernehmen. Bei kleinen bis mittleren überschaubaren Veranstaltungen können der hygienebezogene Gesundheitsschutz und die Hygienekontrolle durchaus auch nur ein Teil der Aufgaben des Durchführenden darstellen.

Als DEB fordern wir jedoch auch, dass der Fokus der Verantwortlichen nicht nur auf vergleichbare Infektionskrankheiten liegen soll. Auch die Lebensmittelhygiene, der Umgang mit Abfall, die allgemeine Hygiene (z.B. in Sanitäranlagen) aber auch die Trinkwasserversorgung sollten mehr Beachtung finden. Hier spielt auch der Schutz dieser Bereiche vor Fremdeinwirkungen (Stichwort Terrorismus) eine Rolle; die sogenannte Food Defense. Wichtig wird sein, dass Betreiber, Dienstleister, Künstler und Besucher ihn bei der Durchführung befolgen und den Gesundheitsschutz ernst nehmen.

Wir danken für das Gespräch.

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