Nobelhart & Schmutzig

Billy Wagner: „Who the f*** is Michelin?“

Sternekoch Billy Wagner
Sternekoch Billy Wagner kritisiert die vermeintliche Intransparenz beim Guide Michelin. (© Mike Wolff, TSP)
Billy Wagner, Spitzenkoch im Gourmettempel „Nobelhart & Schmutzig“, regt sich massiv über seine neue Michelin-Auszeichnung auf und postet seine Empörung in den sozialen Medien. Hier das Video davon…
Donnerstag, 05.03.2020, 12:25 Uhr, Autor: Thomas Hack

„Who the f*** ist Michelin“? – Diese provozierenden Worte prangten dieser Tage auf dem T-Shirt von Sternekoch Billy Wagner vom Berliner Gourmettempel „Nobelhart & Schmutzig“, der auf Facebook ein Video von sich selbst gepostet hat. Der Grund für dessen Empörung ist die aktuelle Auszeichnung, die sein Restaurant am Dienstag vom Guide Michelin erhalten hatte. Dabei geht es jedoch nicht etwa um einen neuen „Stern“, sondern um die neue Kategorie „Das grüne Kleeblatt“, eine Auszeichnung, die jetzt 18 deutsche Lokale erhalten haben, die einen ganz besonderen Einsatz für Nachhaltigkeit an den Tag legen.

„Bei Michelin hat die Instransparenz durchaus ihren Platz!“

Wagner kritisierte in erster Linie die Tatsache, dass es für den Guide Michel eigentlich gar keine Möglichkeit gäbe, wirklich zu überprüfen, ob ein Restaurant nachhaltig arbeite oder nicht. „So ist er eben, der Guide Michelin. Da hat die Intransparenz durchaus ihren Platz. Wo Intransparenz keinen Platz hat? In Sachen Nachhaltigkeit“, hat der Spitzenkoch dazu verlauten lassen. Zudem sehe er im „Grünen Kleeblatt“ lediglich einen momentanen Hype, während sein Restaurant „Nobelhart & Schmutzig seit jeher nachhaltig arbeite. (TH)

Hier das vollständige Billy Wagner- Video:

Guide Michelin: The Green Leaf – The sustainability award

Gestern wurde der neue Michelin Guide veröffentlicht. Wie in der französischen Ausgabe findet sich darin ein neues Emblem für Restaurants, die sich durch besonderen Einsatz in Sachen Nachhaltigkeit auszeichnen: Das grüne Blatt. Selbiges heftete der Guide Michelin kurzerhand dem Nobelhart & Schmutzig sowie 18 deutschen Restaurants an den Latz.Natürlich, ehrt und freut mich das. Und es ärgert mich zugleich. Es ärgert mich, da Michelins Auszeichnung für Nachhaltigkeit intransparent, irreführend und letztendlich nicht nachhaltig ist.Nun magst du einwenden, der Name Michelin stünde genauso wenig für Transparenz wie Billy Wagner Nobelhart & Schmutzig für lammfromme Enthaltsamkeit. Es liegt sozusagen in der Natur der Sache und ist daher auch keine legitime Kritik. Was die Restaurantbewertungen angeht, mag das so sein. Da wissen und akzeptieren wir: Die Wege des Guide Michelin sind unergründlich. Die Tester sind anonym; erfahren Speis und Trank wie jeder olle Gast an jedem ollen Tag.So ist er eben, der Guide Michelin. Da hat die Intransparenz durchaus ihren Platz. Wo Intransparenz keinen Platz hat? In Sachen Nachhaltigkeit.***Lieber Guide Michelin, woher wollt ihr denn wissen, dass wir beim Nobelhart & Schmutzig wirklich so nachhaltig sind? Klar: Ich quatsche viel, gern und vor allem auch laut. Zum Beispiel über regionale Nahrungsmittel, über die Zusammenarbeit mit kleinen Produzenten, über alte Hühnerrassen oder saisonales Grünzeug. Es freut mich, dass einiges davon auch bei euch angekommen ist.Aber ist mein Gelabere denn wirklich genug, dass wir dafür eine Nachhaltigskeitszertifizierung verdienen? Was ist mit den Kollegen, die nicht so laut krähen, aber trotzdem nachhaltig arbeiten?Und überhaupt:… Seid ihr euch sicher, dass wir im Nobelhart & Schmutzig nicht tonnenweise Müll produzieren?… Wisst ihr eigentlich, ob wir nicht doch denn dreckigsten, billigsten CO2-Schleuder-Stromvertrag haben?… Und kann es nicht sein, dass ich Großmaul nicht einfach nur erzähle, wie toll nachhaltig wir doch sind? Habt ihr es denn nachgeprüft? Belohnt ihr uns nicht vielleicht einfach für fein grünes Marketing?***Lieber Guide Michelin, ein Abendessen kann man durchaus mit seinen professionell gespitzten Sinnen im jeweiligen Moment genießen und auf dieser Grundlage seine Bewertung verfassen. Aber Nachhaltigkeit?Um dazu eine qualifizierte Aussage zu treffen, gilt es, bloßen Hype zu hinterfragen und Fakten zu kontrollieren. Ein echtes Nachhaltigkeitssiegel müsste im Restaurant und über seine Lieferkette hinweg hinter die Kulissen schauen. Tatsächlich haben wir im Nobelhart schon viel Zeit und Aufwand in das Thema Nachhaltigkeit investiert. Täglich lernen wir dazu. Das Nachhaltigkeitssiegel des Guide Michelin maskiert die Komplexität, welche das Thema Nachhaltigkeit im Restaurantbetrieb tatsächlich innehat: Verwendet man Glas anstelle von Plastikbehältnissen, nutzt man biologisch abbaubares Markierband anstatt der konventionellen Alternative, usw. Und trotzdem: Wir vermuten, man hat uns das grüne Blättchen nicht für unsere realen Anstrengungen verliehen, sondern für unser Marketing.**Lieber Guide Michelin man befördert Nachhaltigkeit nicht dadurch, dass man den schönen Schein oder grünes Marketing auszeichnet. Ebenso befördert man Nachhaltigkeit nicht dadurch, dass man sie als wert- und sinnentleerte Chiffre lediglich im Sinne des eigenen Marketing anführt.Es tut mir leid, es so sagen zu müssen: Euer kleines grünes Blättchen? Leider gar nicht nachhaltig. Bei der Nachhaltigkeit muss Intransparenz aufhören. Aber genug der Beschwerden. Lieber Ralf Flinkenflügel, ich lade Sie hiermit herzlich ein, uns tagsüber zu besuchen und mit uns über Nachhaltigkeit zu sprechen: Was dies im Restaurantalltag bedeutet, was wir bereits geleistet haben und wo Probleme bestehen.Vielen Dank für’s Zuhören. (Bzw. Lesen)www.instagram.com/billywagnerwirt–The new Michelin Guide was published yesterday. As with the French edition, there is now a new emblem for restaurants particularly committed to sustainability: The Green Leaf. This year’s Guide very quickly attached this emblem to Nobelhart & Schmutzig and 18 other restaurants across Germany.Of course, I’m honoured and pleased to have been acknowledged. But it annoys me at the same time. It annoys me because Michelin’s sustainability award is opaque, misleading and ultimately unsustainable.Now, you may object that the Michelin name doesn’t claim to stand for transparency any more than mine does for lamb-free dining. That’s fair enough. But we know that the Michelin Guide’s testing routes are deliberately untraceable. The testers are anonymous; they experience the food and drink just like every other guest on every other day. So when it comes to their sustainability assurances, these testing routes highlight how they fall short.–Dear Michelin Guide,How do you know that we’re really so sustainable at Nobelhart & Schmutzig? Sure, I make a lot of noise about it: about working with regional food; working with small producers; old chicken breeds and seasonal greens, and I am pleased that some of this has reached you.But is all my chatter really enough to deserve a sustainability certification? What about my colleagues who don’t shout so loudly but still work sustainably?And anyway:… Are you sure we don’t produce tons of rubbish at Nobelhart & Schmutzig?… How do you know we don’t use the dirtiest, cheapest CO2-sling power contract?… Could it be you’re just going off how great I say we are at being sustainable? Did you check it out for yourself? Maybe you should just reward us for great green marketing?–Dear Michelin Guide,You can assess a meal with your professionally sharpened senses, but sustainability…?In order to make a fully qualified statement it would be necessary to question mere hype and check the facts. A real sustainability seal would have to look behind the scenes at a restaurant and all across its supply chain. We have invested a lot of time and effort in sustainability at Nobelhart, we learn every day. The Michelin Guide’s sustainability seal masks the complexity that sustainable practises have in the restaurant business – using glass instead of plastic containers; biodegradable masking tape instead of conventional alternatives etc. We suspect that we have not been given The Green Leaf lent for our real effort, but for our marketing.–Dear Michelin GuideYou don’t promote sustainability by honoring a beautiful appearance or green marketing. And to that end, sustainability cann’t be promoted merely by aligning it with an empty and meaningless vessel to further your own marketing campaign. I’m sorry to have to say it like this: but your little green leaf isn’t sustainable at all – non-transparency such as this must stop. But enough of the complaints…. Dear Ralf Flinkenflügel, I hereby invite you to visit us during the day to talk about sustainability and what that means in the everyday life of a restaurant; what we have done already and what the problems are.Thanks for listening (or reading)www.instagram.com/billywagnerwirt

Gepostet von Nobelhart & Schmutzig am Mittwoch, 4. März 2020

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