7-%-Mehrwertsteuer und Bundeshaushalt 2026 – So bewertet das Gastgewerbe die neuen Beschlüsse
Vier Tage lang wurde debattiert, am 28. November kam es dann zur endgültigen Abstimmung: Der Bundestag hat über den Etat für 2026 entschieden.
Die Parlamentarier genehmigten der Regierung von Kanzler Friedrich Merz insgesamt Ausgaben von 524,5 Milliarden Euro. Das sind 21,5 Milliarden mehr als dieses Jahr. Zur Finanzierung sollen allein im Kernhaushalt Schulden von fast 98 Milliarden Euro aufgenommen werden. Hinzu kommen Kredite aus Sondertöpfen für die Bundeswehr und die Infrastruktur.
Insgesamt dürfte die Neuverschuldung damit bei mehr als 180 Milliarden liegen – so hoch wie zuvor nur in der Corona-Pandemie. Das Vorhaben der schwarz-roten Koalition: Das Land auf Wachstumskurs bringen und Arbeitsplätze sichern, erklärte Finanzminister Lars Klingbeil in der Schlussdebatte im Parlament.
Fast eine Woche später dann die noch bedeutendere Entscheidung für das Gastgewerbe: Der Bundestag hat die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants beschlossen. Damit ist nun ein politischer Knoten gefallen, der die Branche seit Monaten belastet hatte. Branchenverbände begrüßen den Beschluss als entscheidenden Schritt für Planungssicherheit und mehr Stabilität für Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung – bewerten gleichzeitig aber auch den Bundeshaushalt 2026 mit einer Mischung aus Zustimmung und Kritik.
DZG: „Investitionssignale sind da – doch der große Wurf bleibt abzuwarten“
„Der gestrige Beschluss ist ein Signal der Vernunft“, sagt Dr. Marcel Klinge, Vorstandschef der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG), zum Beschluss des Bundestags, die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie dauerhaft von derzeit 19 auf 7 Prozent zu reduzieren. „Er schafft Planungssicherheit und zeigt, dass Politik auf Basis belastbarer Daten entscheiden kann.“
Nach Einschätzung der DZG geht es bei der Umsatzsteuersenkung nicht um ein branchenspezifisches Entgegenkommen, sondern um ein strukturelles Instrument: „Die sieben Prozent sind kein Geschenk, sondern eine Investition in Beschäftigung, regionale Wertschöpfung und Orte des Miteinanders“, betont Klinge. „Sie stabilisieren jene Betriebe, die Städte und Gemeinden täglich tragen.“
Gleichzeitig setze auch der Rekordhaushalt 2026 wichtige Investitionssignale – von Infrastruktur über Mobilität bis Digitalisierung, bewertet Klinge den am 28. November beschlossenen Bundeshaushalt für das Jahr 2026. Davon könnte auch die Gastwelt mit Tourismus, Hospitality, Foodservice und Freizeitwirtschaft profitieren: bessere Verkehrsanbindung, stärkere Regionen und Potenzial für zusätzliche Inlandsnachfrage.
Ob der Haushalt der versprochene „große Wurf“ für das Land und die Gastwelt-Industrie wird, müsse sich jedoch erst zeigen. „Positiv ist die höhere Förderung der Deutschen Zentrale für Tourismus“, stellt Klinge heraus. Gerade der Hospitality-Sektor sei auf „zahlungskräftige“ Gäste aus dem Ausland angewiesen. Im Jahr 2024 waren deren Ausgaben laut WTTC-Daten nämlich leicht rückläufig.
„Entscheidend bleibt nun, dass die dauerhafte Wiedereinführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Speisen die letzte Hürde nimmt und zum 1. Januar 2026 Realität wird“, betont der DZG-Vorstandschef. Ohne diese Grundlage fehle vielen Betrieben Planungssicherheit und Investitionsspielraum.
Denn der Bundestagsbeschluss ist nur ein Zwischenschritt. Am 19. Dezember entscheidet der Bundesrat. Die DZG appelliert daher an die Länder, das Gesamtbild im Blick zu behalten. „Jetzt kommt es auf die Länder an“, betont Klinge. „Die sieben Prozent sichern Arbeitsplätze, halten regionale Wirtschaftskreisläufe in Gang und stärken Begegnungsorte – in Großstädten wie im ländlichen Raum.“
Eines zeige der Haushalt jedoch erneut sehr deutlich: „Die Gastwelt braucht endlich eigene politische Zuständigkeiten, damit ihre wirtschaftliche Bedeutung im Gesamtetat nicht weiter untergeht“, unterstreicht Klinge.
Kritisch sieht der DZG-Vorstandschef den Jahr für Jahr weiter steigenden Steuerzuschuss in die Rentenversicherung, der sich mittlerweile auf 130 Milliarden Euro pro Jahr bewegt und damit ein Viertel der gesamten Ausgaben des Bundes ausmacht. Auf die Frage, warum dies problematisch sei, antwortet Klinge: „Ohne radikale Reformen unserer sozialen Sicherungssysteme werden die Belastungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen steigen. Für die gesamte Gastwelt, die in großen Teilen einen Personalkostenanteil von 30 bis 40 Prozent hat, ist das wirtschaftlich eine ernsthafte Bedrohung.“
An schnellen und tiefgreifenden Reformen führe daher kein Weg vorbei, denn die steigenden Ausgaben könnten nicht unendlich mit Steuermitteln „subventioniert“ werden – „dadurch fehlen an anderer Stelle dringend benötigte Mittel für Steuersenkungen und Investitionen, etwa in Künstliche Intelligenz“, so Klinge.
BdS: „Umsatzsteuersenkung ist entscheidender Impuls“
Für die mittelständischen Unternehmen der Systemgastronomie setzt der beschlossene Bundeshaushalt 2026 wichtige und längst überfällige Signale, teilt der Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) auf Anfrage von HOGAPAGE mit. „Unsere Betriebe arbeiten seit Jahren unter enormem wirtschaftlichem Druck: Stark gestiegene Kosten für Lebensmittel, Energie und Personal konnten nur teilweise an die Gäste weitergegeben werden. In dieser Lage sind zielgerichtete Entlastungen zwingend notwendig, um Stabilität und Investitionskraft im Mittelstand zu sichern“, erklärt BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert.
Besonders positiv wertet der Verband die dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer auf Speisen auf 7 Prozent, die nun auch den Bundestag passiert hat. „Damit erfüllt die Politik eine zentrale, langjährige Forderung unserer Branche“, betont Suchert.
Die Entlastung sei ein entscheidender Impuls für wirtschaftliche Erholung und zukünftiges Wachstum. Die Mitgliedsunternehmen würden dies verantwortungsvoll nutzen – für Investitionen in moderne, nachhaltige Restaurants, für zehntausende neue Arbeitsplätze und für noch mehr Ausbildungs- und Aufstiegschancen. „Gerade jetzt, wo die Arbeitslosigkeit so hoch ist wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr und die Wirtschaft stagniert, braucht es politische Entscheidungen, die Beschäftigung erleichtern und Wachstum ermöglichen“, erklärt der BdS-Hauptgeschäftsführer.
Die Systemgastronomie sei einer der größten Einstiegs- und Aufstiegstreiber des deutschen Arbeitsmarktes. „Unsere Unternehmen bieten niedrigschwellige Zugänge zur Beschäftigung, und fördern Integration“, so Suchert. Mitarbeiter aus über 160 Nationen würden erfolgreich zusammenarbeiten – unabhängig von Herkunft, Sprache oder Bildungsbiografie. „Diese Rolle als Branche der Chancen wollen wir weiter ausbauen und damit ein zentraler Motor des wirtschaftlichen Aufschwungs bleiben“, erklärt Suchert.
Darüber hinaus enthält der Haushalt auch Maßnahmen wie die Abschaffung der Gasspeicherumlage und die Senkung der Netzentgelte, die Bürger wie Unternehmen bei Strom- und Energiepreisen entlasten sollen. „Damit werden die Strom- und Energiekosten für unsere Mitgliedsbetriebe leicht sinken und auch die Kaufkraft unserer Gäste könnte damit in Zeiten starker Inflation etwas gestärkt werden“, bewertet Suchert diese Maßnahme. „Wenn Verbraucher weniger zur Bewältigung ihrer Grundkosten aufwenden müssen, bleibt am Ende des Monats womöglich mehr Budget für Freizeit und Gastronomie.“
Zugleich sei es für die Unternehmer der Systemgastronomie jedoch enttäuschend, dass die zur Strompreisminderung effizienteste Maßnahme der Stromsteuersenkung für alle Unternehmen nicht wie im Koalitionsvertrag versprochen umgesetzt wurde.
Darüber hinaus würden weiterhin konsequente Schritte zum Abbau überbordender Bürokratie fehlen. „Betriebe benötigen spürbare, schnell wirksame Entlastungen, damit ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht weiter geschwächt wird“, betont Suchert. In starkem Kontrast zu den Bürokratieentlastungsversprechen würde jedoch beispielsweise die Planung der Bundesregierung, das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz auf die Außerhausverpflegung auszuweiten, stehen. „Eine verpflichtende Kennzeichnung in der Gastronomie hat keinerlei Mehrwert für Tierwohl oder Verbrauchertransparenz, bringt aber neue bürokratische Hürden für die ohnehin belasteten Gastronomen mit sich“, erklärt der BdS-Hauptgeschäftsführer. Dringend erforderlich sei außerdem ein unbürokratischer, bedarfsgerechter Zugang zum Arbeitsmarkt, insbesondere für Arbeitskräfte aus den Westbalkanstaaten und weiteren Drittländern.
„Für die Zukunft braucht es daher mehr politische Verlässlichkeit und weitere mutige Korrekturen. Nur dann kann die Systemgastronomie ihre Stärke als Arbeitgeber, Integrationsmotor und Wachstumstreiber für Deutschland voll entfalten“, betont Suchert abschließend.
DTV kritisiert die Kürzung von wichtiger Tourismusförderung
Der Deutsche Tourismusverband (DTV) bewertet den verabschiedeten Bundeshaushalt für das Jahr 2026 kritisch. Das besonders für touristische Infrastruktur relevante Förderprogramm Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) wurde um neun Millionen Euro auf nun 640 Millionen Euro gekürzt. 
„Die Kürzung der GRW ist ein Fehler. Hier wird an der falschen Stelle gespart“, sagt DTV-Präsident Reinhard Meyer. „Bei der GRW zahlt sich jeder Förder-Euro in die touristische Infrastruktur mehrfach aus. Durch mehr Gäste auch in der Nebensaison und mehr Steuereinnahmen. Wenn aber unsere touristische Infrastruktur bröckelt, sinkt die Attraktivität unserer Orte für Einheimische und Gäste. Was wir jetzt benötigen, ist eine deutliche Erhöhung, keine weiteren Kürzungen.“
Hintergrund zur GRW:
Bereits im Haushalt 2025 war die GRW um rund 31 Millionen Euro gegenüber 2024 gekürzt worden. Mit der erneuten Reduzierung um neun Millionen Euro, wurde das Förderprogramm insgesamt um 40 Millionen Euro innerhalb von zwei Jahren gekürzt.
Aus diesen GRW-Mitteln werden unter anderem Infrastruktur- und Investitionsprojekte wie Radwege, Promenaden, Serviceeinrichtungen und Betriebe des touristischen Gewerbes unterstützt, die maßgeblich zur regionalen Wertschöpfung und Beschäftigung beitragen.
Die 2,3 Milliarden Euro für den Kultursektor bewertet der DTV hingegen positiv. „Dieser Rekordetat für Kunst und Kultur ist richtig und wichtig“, betont Meyer. „Kulturelle Projekte und Einrichtungen wie Museen, Veranstaltungen, historische Gärten und Parks tragen entscheidend dazu bei, touristische Destinationen aufzuwerten und neue Besuchergruppen anzusprechen. Dies ist eine wichtige Investition in die Attraktivität des Reiselandes Deutschland.“
(dpa/DZG/BdS/Deutscher Tourismusverband/SAKL)