Bundestag stimmt für Milliarden-Finanzpaket
Der Bundestag hat mit Zweidrittelmehrheit das Grundgesetz geändert und damit das historische Milliarden-Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur beschlossen. Für die Änderung von vier Artikeln der Verfassung stimmten laut Ergebnisliste des Bundestags 512 Abgeordnete, 206 votierten dagegen, es gab keine Enthaltung. Erforderlich waren mindestens 489 Stimmen. Neben CDU, CSU und SPD hatten auch die Grünen angekündigt, das Vorhaben zu unterstützen.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hatte in der Sitzung leicht andere Zahlen verkündet, nämlich 513 Ja-Stimmen und 207 Nein-Stimmen. Das wurde nachträglich korrigiert.
Nun muss am Freitag noch der Bundesrat zustimmen, um den Weg für Milliarden-Investitionen in die deutsche Verteidigungsfähigkeit und in marode Verkehrswege, Energienetze, Schulen oder Sportanlagen freizumachen. Auch in den Klimaschutz sollen Milliarden fließen.
Das ist geplant
Bei Verteidigung und Infrastruktur gibt es in Deutschland einen riesigen Investitionsstau. Union und SPD, die gerade über eine gemeinsame Bundesregierung verhandeln, wollen diesen über neue Schulden auflösen. Zusammen mit den Grünen wurde Folgendes vereinbart:
Die Schuldenbremse – die der Neuverschuldung des Bundes enge Grenzen setzt – soll für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert werden. Für alle Ausgaben in diesen Bereichen, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen Kredite aufgenommen werden – das wäre nach Rechnung der Politiker in diesem Jahr alles über etwa 44 Milliarden Euro.
Außerdem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. Daraus soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur bezahlt werden. 100 Milliarden Euro sollen an die Länder gehen, weitere 100 Milliarden Euro sollen fest in Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen.
Das Geld darf aber nur fließen, wenn im normalen Kernhaushalt eine angemessene Investitionsquote gilt – damit wollen die Grünen verhindern, dass das Geld genutzt wird, um auf Umwegen Wahlgeschenke zu finanzieren.
DTV begrüßt geplanten Schritt zur Modernisierung der Infrastruktur
Der Deutsche Tourismusverband (DTV) zeigt sich erfreut über die im Bundestag erzielte Einigung zur Änderung des Grundgesetzes, da diese die Schaffung eines Sondervermögens in Höhe von 500 Milliarden Euro vorsieht, das gezielt „für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und zur Beschleunigung der Klimaneutralität bis 2045“ eingesetzt werden soll.
„Das Sondervermögen Infrastruktur bietet die große Chance, endlich die dringend benötigten Mittel in unser überlastetes Schienennetz sowie in die Sanierung maroder Straßen, Brücken und Schleusen zu investieren. Dadurch lässt sich nicht nur der Tourismus als zentraler Wirtschaftsfaktor stärken, sondern auch die Lebensqualität und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ganz Deutschlands nachhaltig verbessern“, betont Reinhard Meyer, Präsident des DTV, die Notwendigkeit dieser Investitionen.
Der DTV unterstreicht daher die Dringlichkeit der Situation und appelliert an den Bundesrat, die Gesetzesänderung ohne Verzögerung zu verabschieden: „Wir müssen jetzt handeln, um auch die Zukunftsfähigkeit unserer touristischen Infrastruktur zu sichern. Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen.“
Zusätzlich zu den finanziellen Investitionen weist der DTV auf die Notwendigkeit hin, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. „Eine effiziente Umsetzung der geplanten Maßnahmen erfordert nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch eine grundlegende Modernisierung der Verwaltungsprozesse. Nur so können wir sicherstellen, dass die Investitionen schnell und effektiv wirken“, sagt Meyer abschließend.
Wie der Bundestag darüber debattierte
Für den Beschluss war extra noch einmal der alte Bundestag einberufen worden, weil die Mehrheitsverhältnisse im nächsten Bundestag ein Ja schwierig gemacht hätten. Außerdem hatten Union und SPD lange um die Zustimmung der Grünen geworben und ihnen einige Zugeständnisse gemacht.
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann rechnete dennoch mit dem mutmaßlichen nächsten Kanzler Friedrich Merz ab. Auch er habe bereits im vergangenen Jahr gewusst, dass Deutschland dringend Investitionen und zugleich mehr Geld für die Verteidigung brauche. Die Union aber habe das öffentlich nie zugegeben und die Grünen sogar noch für entsprechende Forderungen diffamiert. „Aber ich bin dennoch in der Sache froh, dass wir das jetzt heute so entscheiden, denn es ist notwendig für unser Land“, sagte Haßelmann.
Merz verteidigte seine Pläne mit Verweis auf die Sicherheit Deutschlands, Europas und der Nato. SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil warb mit Vorteilen der geplanten Investitionen für Bürger. „Dieses Paket wird die Mehrheit der Menschen in ihrem Alltag entlasten“, sagte er. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) warnte: „Unsere Sicherheit darf nicht durch haushaltspolitische Zwänge gefährdet werden.“
Harte Vorwürfe kamen aus den Reihen der AfD, der FDP, des BSW und der Linken. FDP-Fraktionschef Christian Dürr warf der Union vor, sich gegen wirtschaftlichen Erfolg des Landes zu entscheiden. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla erklärte, Merz habe nicht nur kein Rückgrat, er sei inzwischen „komplett wirbellos“. Der Linken-Politiker Sören Pellmann redete mit Blick auf die geplante Aufrüstung von „Nebelkerzen aus Angst und Furcht“ und unrealistischen Untergangsszenarien. Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sagte: „Kriegskredite mit Klimasiegel, darauf muss man erstmal kommen.“
Was der Beschluss für die Koalitionsverhandlungen bedeutet
Das Finanzpaket ist die Grundlage für alles, was Union und SPD auf dem Weg in eine mögliche schwarz-rote Koalition bisher beschlossen haben. Ohne die Milliardenkredite müssten sie vieles wohl noch einmal ganz von vorne besprechen.
Doch auch mit dem von den Grünen erzwungenen Kompromiss wird es nun nicht einfach. Vor allem die Festlegung, dass aus dem Sondertopf nur zusätzliche Vorhaben finanziert werden dürfen, könnte den Verhandlern Schwierigkeiten bereiten. Denn für viele Projekte müssen sie nun Geld im normalen Haushalt auftreiben.
„Die wirklich schwierigen Gespräche stehen uns alle noch bevor“, warnte Merz bereits am Wochenende. Union und SPD dürften nämlich vollkommen unterschiedlicher Meinung dazu sein, wo gespart werden soll – im Sozialetat, bei klimaschädlichen Subventionen? Die SPD plädiert auch dafür, über höhere Steuern für Vermögende mehr Geld einzunehmen – was die Union strikt ablehnt.
Die weiteren Schritte
Nicht nur im Bundestag ist eine Zweidrittelmehrheit nötig, sondern auch im Bundesrat. Diese dürfte aber stehen, nachdem sich in Bayern am Montag CSU und Freie Wähler auf eine Zustimmung geeinigt hatten.
Die Länder profitieren von dem Paket auch deutlich: Nicht nur bekommen sie 100 der 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz. Sie dürfen dann künftig zusammen auch Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen – bisher gilt für die Länder eine Schuldengrenze von null.
Sollte auch die Länderkammer zustimmen, fehlt nur noch die Ausfertigung des Gesetzes durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dieser muss prüfen, ob die Grundgesetzänderung nach den Vorschriften der Verfassung zustande gekommen ist.
Dem Vernehmen nach haben die Juristen im Bundespräsidialamt mit dieser Prüfung bereits parallel zum Gesetzgebungsverfahren begonnen, um diese schnell abschließen zu können. Dass das Bundesverfassungsgericht das Verfahren vor der Abstimmung im Bundestag schon für rechtens erklärt hat, dürfte es Steinmeier leicht machen, seine Unterschrift unter das Gesetz zu setzen.
(dpa/DTV/SAKL)