CDU-Antrag für dauerhaft reduzierte Mehrwertsteuer abgelehnt
Die Opposition im Bundestag hat vor Preissteigerungen in Kneipen und Restaurants sowie für Gaskunden gewarnt. Hintergrund sind Pläne der Bundesregierung, Steuervergünstigungen auslaufen zu lassen.
Der Linke-Abgeordnete Christian Görke sprach am Donnerstag bei einer Debatte im Bundestag von milliardenschweren Steuererhöhungen und einem „Preisschock“. Er warf der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP soziale Kälte vor.
Der CDU-Abgeordnete Olav Gutting kritisierte, die Regierung wolle die Menschen trotz hoher Inflation noch weiter belasten.
Antrag der CDU/CSU-Fraktion abgelehnt
Essen zum Mitnehmen, im Supermarkt oder bei der Lieferung wird mit sieben Prozent besteuert. Um die Branche während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuerersatz auch für Speisen im Restaurant von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden.
Die Regelung wurde wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende dieses Jahres. Eine Verlängerung wird derzeit in der Koalition diskutiert.
Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion, den Verzehr von Speisen in Restaurants dauerhaft mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent zu besteuern, fand keine Mehrheit im Parlament. Die CDU-Abgeordnete Anja Karliczek hatte die Ampel zuvor aufgefordert, dafür zu stimmen – um klarzumachen, dass sie die Gastronomie in schwierigen Zeiten unterstütze.
Zur Ablehnung des Antrags erklärt sie: „Die Ampel-Regierung und die Regierungsfraktionen lassen unsere Gastronomen mit ihren fleißigen Mitarbeitern erneut im Stich. Die von uns geforderte dauerhafte Entfristung der Umsatzsteuerermäßigung für Speisen in der Gastronomie wäre angesichts der steigenden Kosten für Lebensmittel, Energie sowie Gehälter und eines ohnehin margenschwachen Geschäfts überlebenswichtig für die Betriebe. Die Konsequenz wird sein, dass weitere Tausende Betriebe aufgeben werden müssen. Damit verlieren wir weiter ein Stück Lebensqualität und Attraktivität als Tourismusstandort Deutschland. Ein trauriger Tag.“
Die finanzpolitische Sprecherin Antje Tillmann ergänzt: „Erneut wird die Ampel ihrem selbst gesetzten Anspruch als Fortschrittskoalition nicht gerecht: Wir hatten den Umsatzsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie mit dem Corona-Steuerhilfegesetz im Juni 2020 auf sieben Prozent befristet ermäßigt.
Statt diese Ermäßigung angesichts der weiterhin sehr angespannten Lage der Gastronomie nun dauerhaft festzuschreiben, hat die Ampel unseren Gesetzentwurf heute abgelehnt. Damit verpasst insbesondere das FDP-geführte Bundesfinanzministerium die Chance, Wirte in diesen schwierigen Zeiten vor weiteren Belastungen zu schützen.
Zur Unzeit müssen Gastronomen zum Jahreswechsel ihre Systeme umstellen. Auch sind die Speisepreise seit Januar 2020 in der Gastronomie um 20 Prozent gestiegen. Mit der Erhöhung der Umsatzsteuer zum neuen Jahr dürften die Preise um weitere 12 Prozent steigen. Die Ablehnung unseres Gesetzes heizt die Inflation somit an.“
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: „Nach Corona-Schock, Energiepreis-Schock und Lebensmittelpreis-Schock braucht die Gastronomie dauerhafte Entlastungen bei der Mehrwertsteuer und keinen Ampel-Steuer-Schock.“ Die „Arroganz-Ampel“ handle gegen den Mittelstand und die Gastronomie.
Verlängerung der Energiepreisbremsen fraglich
Zum anderen geht es darum: Wegen der plötzlich extrem hohen Preise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung Gas und Fernwärme im vergangenen Jahr steuerlich begünstigt. Ursprünglich sollte bis März 2024 der niedrigere Mehrwertsteuersatz von 7 statt 19 Prozent gelten.
Nun aber soll die Entlastungsmaßnahme nach dem Willen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) schon zum Jahreswechsel auslaufen. „Die krisenbedingten Preisspitzen an den Gasmärkten haben sich inzwischen gelegt“, erklärte das Ministerium. Zudem würden „Spielräume für die öffentlichen Haushalte“ geschaffen. In der „Rheinischen Post“ sprach sich Lindner für die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Erdgas zum Jahresbeginn aus, plädierte aber auch für die Verlängerung der Energiepreisbremsen bis Ende April 2024.
Eine frühere Anhebung des Mehrwertsteuersatzes sei auch für private Haushalte und Betriebe verkraftbar, wenn sie andererseits durch die Verlängerung der Energiepreisbremsen weiter entlastet würden. „Da die Preisbremsen nach der gemeinsamen Auffassung der Bundesregierung weiter bestehen sollen, haben private Haushalte und Betriebe dennoch weiterhin einen Schutz vor ruinösen Preisspitzen“, sagte Lindner.
Die Verlängerung der Energiepreisbremsen bis zum Frühjahr 2024 war zuvor von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gefordert worden. Mit der um drei Monate vorgezogenen Anhebung des Mehrwertsteuersatzes auf Gas würden Mehreinnahmen erzielt, die auch den Ländern zugutekämen, sagte FDP-Chef Lindner. Die Länder erhielten dadurch 2024 mehr als eine Milliarde Euro zusätzliche Einnahmen.
Die Linke-Fraktion fordert in einem Antrag, die Steuererhöhungen auf Gas, Fernwärme und in der Gastronomie zu stoppen. Der SPD-Finanzpolitiker Tim Klüssendorf sagte:
„Ich glaube auch nicht, dass es der sinnvollste Weg ist, während einer Heizperiode eine zugesagte Steuerunterstützung zu entziehen.“ Die SPD werde in den Haushaltsberatungen darüber noch Entscheidungen treffen, genau so wie zur Frage der Umsatzsteuerermäßigung in der Gastronomie.
Endgültige Entscheidung soll im Rahmen der Steuerschätzung im November getroffen werden
Der FDP-Politiker Till Mansmann sagte, die Liberalen seien für eine Verlängerung und Entfristung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in der Gastronomie. Es müsse aber die neue Steuerschätzung abgewartet werden, sodass es erst im November eine Entscheidung geben könne.
Der Grünen-Abgeordnete Dieter Janecek sagte, er könne die Sorgen der Branche verstehen. Der Bundeshaushalt sei aber in einer Phase der Konsolidierung. Eine Entscheidung werde im Lichte der Steuerschätzung getroffen.
Der Bundesverband der Systemgastronomie kritisierte die Ablehnung des Gesetzentwurfs der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die Regierungsfraktionen hätten damit eine große Chance verpasst. „Der Bundestag hat eine Chance verpasst, die (System-)Gastronomie in Deutschland zu entlasten! Jetzt gilt es, nicht nachzulassen, die Kräfte in der Branche weiter zu bündeln und gemeinsam ohne Unterlass für eine Entfristung des reduzierten Steuersatzes zu kämpfen“, sagte BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hatte im Falle einer Rückkehr zum bisherigen Mehrwertsteuersatz bereits vor mehr als 12.000 Betriebsschließungen, Preissteigerungen von mehr als 15 Prozent, sinkenden Umsätzen und weniger Jobs gewarnt. Auch der Hamburger Starkoch Tim Mälzer forderte eine Beibehaltung der vergünstigten Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie.
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(dpa/SAKL)