Fischerei: Kritik am MSC-Siegel
Vom Fischstäbchen bis zum Filet – das blau-weiße MSC-Siegel auf Verpackungen soll für nachhaltige Fischerei stehen. Doch für mehr als 60 internationale Umwelt- und Meeresschutzorganisationen steht die Glaubwürdigkeit des Marine Stewardship Council zur Debatte. Sie äußern in einem Schreiben an den MSC „erhebliche und wachsende Bedenken“ am Zertifizierungsverfahren und fordern zügig strengere Regeln. Unter den Absendern sind etwa Greenpeace und die Deutsche Stiftung Meeresschutz.
Umweltschützer üben Kritik
In den vergangenen Jahren habe der MSC zum Beispiel umstrittene Fischereien als nachhaltig zertifiziert, klagen die Umweltschützer in dem am Mittwochnachmittag veröffentlichten Brief. Der Fang Tausender gefährdeter und bedrohter Tiere und irreparable Schäden in den Lebensräumen durch die Fangmethoden seien die Folge. Diese Praxis führe Verbraucher in die Irre. „Fischereien, die bedrohte Arten als Beifang haben, verdienen kein Nachhaltigkeitssiegel“, betonte Thilo Maack, Meeresbiologe bei Greenpeace. Wolle der MSC ernst genommen werden, müsse er die Bewertungskriterien entsprechend ändern.
Greenpeace sieht derzeit kein Siegel auf dem deutschen Markt mit garantierter Nachhaltigkeit. MSC-zertifizierter Fisch sei jedoch immer noch die bessere Wahl als konventionelle Ware, betont Maack. Grundsätzlich müssten Verbraucher Fisch aber wieder mehr als Delikatesse begreifen. Im Regelwerk des MSC für die Zertifizierung ist etwa vorgeschrieben, dass Unternehmen nicht mehr Fisch fangen dürfen als nachwächst und keine irreversiblen Schäden im Ökosystem hinterlassen dürfen. Die Umweltschützer beklagen aber, dass mehrere Schwachstellen im Verfahren länger bekannt seien, vom MSC aber nicht angegangen würden.
Für Verbesserungen bereit
Eine Sprecherin des MSC erklärte, man versuche „allen objektiven Einwänden“ von bei dem Thema involvierten Gruppen gerecht zu werden. Derzeit werde etwa geprüft, ob und wie die Anforderungen an Fischereien zum Schutz gefährdeter und geschützter Tierarten weiter verbessert werden können. Dass die Regenerierung solcher Arten nicht durch Fischerei behindert werden dürfe, fordere der MSC deutlich. Beifang generell sei aber nicht völlig auszuschließen, weil viele Fischarten nur in gemischten Schwärmen vorkämen. Der MSC schaue auf die Höhe akzeptablen Beifangs. Der MSC betont, dass Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit auch immer umsetzbar bleiben müssten: „Anforderungen, die überhaupt nur die besten fünf Prozent aller weltweiten Fischereien je erfüllen könnten, helfen uns nicht dabei, unsere Ozeane langfristig und großflächig zu schützen.“
In den Industrienationen ist der Fischkonsum in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsen. Laut Welternährungsorganisation (FAO) sind bis zu 89 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände ausgereizt, überfischt oder zusammengebrochen. Die Überfischung der Meere war 1997 auch Ausgangspunkt für die Gründung des MSC durch den WWF und den Lebensmittelkonzern Unilever. „Der MSC steht an einem Wendepunkt und muss sicherstellen, dass sein Wachstum nicht zu Lasten der Qualität geht“, erklärte Heike Vesper, Meeresexpertin beim WWF. (dpa/MJ)