Offener Brief

Hotelier wirft Politik „Staatsversagen“ vor

Restaurantsbetreiberin schaut auf einen Brief
An Kaweh Mansoori (SPD), den hessischen Minister für Wirtschaft, richtet sich Günther Klasens offener Brief gegen die Corona-Soforthilfen-Rückforderungen. (Foto: © Drobot Dean/stock.adobe.com)
Derzeit erhalten Tausende Unternehmen Rückforderungsbescheide für Corona-Soforthilfen aus dem Jahr 2020 – auch viele Gastronomen und Hoteliers sind betroffen. Ein Hotelier aus Hessen schlägt nun Alarm und warnt in einem offenen Brief an den hessischen Wirtschaftsminister vor den existenzbedrohenden Folgen für die Branche. 
Mittwoch, 27.08.2025, 16:51 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

In einem offenen Brief hat sich Günther Klasen, Geschäftsführer der Benessere Hotelbetriebsgesellschaft, gegen die Rückforderungen von Corona-Soforthilfen ausgesprochen. Sein Unternehmen sei zwar selbst nicht betroffen, man erhebe jedoch aus Solidarität zu anderen Gastronomen, Selbstständigen und kleinen Betrieben, die teilweise um ihre Existenz fürchten, die Stimme. 

In dem Schreiben, das er an den hessischen Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) richtet, spricht Klasen von einem „totalen Staatsversagen“. „Wer in einer Krise hilft, darf Jahre später nicht so handeln, als seien die Hilfen ein Missverständnis gewesen“, betont Klasen in seinem Brief. Dieses Vorgehen habe ein Klima der Unsicherheit geschaffen, das Unternehmen lähme und den Standort Hessen wie auch Deutschland insgesamt schwäche. 

Die Diskussion um Rückforderungen hätten damit nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Folgen. „Vertrauen in staatliches Handeln wird verspielt“, stellt Klasen in seinem Schreiben heraus. „Wenn der Staat Hilfe erst verspricht, sie verspätet liefert – und Jahre später zurückfordert -, dann verliert er nicht nur sein Gesicht. Dann verliert er das Vertrauen der Gesellschaft.“

Ungünstiger Zeitpunkt

Kritisiert wird zudem in dem Brief der Zeitpunkt der Rückforderungen. Diese würden die Branche in einer Phase treffen, in der vor allem viele kleine Betriebe durch Inflation, Personalmangel, Energiekosten und Bürokratie bereits belastet seien. Die Folge seien verschobene oder abgesagte Investitionen, der Absprung von Betriebsnachfolgern sowie die Geschäftsaufgabe vieler Selbstständiger. „Das ist keine Einzelfallproblematik. Das ist systematische Zermürbung“, heißt es wörtlich in dem Brief. Die Rückforderungen seien für viele der letzte Stoß in den Abgrund.

Gerade in Hessen zeige sich dies deutlich: „Innenstädte verlieren ihre Gastronomie, im ländlichen Raum schließen Wirtshäuser, die oft das soziale Herz der Gemeinden bilden.“ Damit gehe nicht nur ein Geschäftsmodell verloren, sondern auch die Kultur, die Lebensqualität und der gesellschaftliche Zusammenhalt.

Klarheit und Verlässlichkeit für Mehrwertsteuer gefordert

Umso wichtiger sei es nun, Klarheit und Verlässlichkeit in Bezug auf die Mehrwertsteuer in der Gastronomie zu schaffen. Die häufigen Wechsel zwischen 7 und 19 Prozent hätten die Branche stark verunsichert. Betriebe könnten weder verlässlich kalkulieren noch planen und investieren. 

Der Steuersatz von 7 Prozent, der ab dem kommenden Jahr wieder gelten soll, müsse endlich klar und verbindlich beschlossen werden. „Alles andere gefährdet tausende Existenzen.“

Abschließend fordert Klasen von der Landespolitik verlässliche Rahmenbedingungen. „Es geht nicht um Sonderwünsche. Es geht um Planungssicherheit, um faire Rahmenbedingungen und um das Überleben einer Branche, die ein wichtiger Teil unserer Wirtschaft und unserer Kultur ist. Hessen braucht starke, verlässliche Betriebe – und dafür braucht es eine Politik, auf die man sich verlassen kann.“ Andernfalls drohe Hessen in wenigen Jahren eine Gastronomie-Landschaft voller Leerstände.

Rückforderungsbescheide sind anfechtbar

Aktuell prüfen die Bewilligungsstellen nachträglich, ob in den jeweiligen Betrieben, die vor fünf Jahren Corona-Soforthilfen in Anspruch genommen haben, die entsprechenden Fördervoraussetzungen tatsächlich vorgelegen haben. Das Problem: Die damaligen Förderbestimmungen waren oft unklar formuliert und die Verwaltungspraxis uneinheitlich. Bundesweit erreichen daher Tausende Betriebe derzeit entsprechende Rückforderungsbescheide.

Wichtig zu wissen: Nicht jeder Rückforderungsbescheid ist auch rechtlich haltbar. Der Erfolg eines Widerspruchs hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Höhe der Rückforderung, der konkreten Begründung des Bescheids und den individuellen Umständen des Falls. Wichtig ist es, die Rechtsbehelfsfristen zu beachten. Nach dem Erhalt des Bescheids läuft in der Regel eine einmonatige Frist für Widerspruch oder Klage. Nach Versäumnis dieser Frist ist keine Gegenwehr mehr möglich. 

(Benessere Hotelbetriebsgesellschaft mbH/haufe.de/SAKL)

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