Es muss mehr getan werden

Mindestlohnverstöße: NGG beklagt mangelnde Kontrollen

Mann hält Zettel mit Inschrift „Mindestlohn“ in den Händen
Die Kontrollen sollen nach Einführung des Mindestlohns vor 3,5 Jahren um 17Prozent zurückgegangen sein, sagt NGG-Vorsitzende Michaela Rosenberger. (© gustavofrazao / fotolia)
Michaela Rosenberger von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) beklagt im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung, dass die Kontrollen hinsichtlich des Mindestlohngesetzes zu lasch sind. Die Zahl der Kontrollen sei zudem deutlich zurückgegangen.
Montag, 15.05.2017, 10:07 Uhr, Autor:Felix Lauther

Michaela Rosenberger wirft der Politik vor, dass sie den Arbeitgebern im Gastgewerbe Tür und Tor öffnet, ihre Mitarbeiter auszunutzen. Sie beklagt, dass die Kontrollen der Gaststätten seit der Einführung des Mindestlohns um 17 Prozent zurückgegangen sind. Dies sei „ein fatales Signal an die Arbeitgeber: ‚Es interessiert uns noch weniger als früher, was Ihr mit Euren Arbeitnehmer macht‘“. Eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes sei zudem der falsche Weg.

Systemgastronomie
Hier will die NGG eine Lohnerhöhung auf über neun Euro für die Mitarbeiter der untersten Lohngruppe erreichen. Das Angebot der Arbeitgeber, das nur neun Cent über dem Mindestlohn pro Stunde liegen soll, bezeichnet Rosenberger als „Frechheit“. Sollte es zu keiner Einigung mit der Systemgastronomie kommen, will die Gewerkschaft ihre Mitglieder zum Streik aufrufen.

Mindestlohn
Im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung betont die NGG-Vorsitzende, dass der Mindestlohn nicht dazu geführt habe, dass Arbeitsplätze verloren gegangen sind. 8,84 Euro pro Stunde zu verdienen, reiche aber nicht aus, um „eine Rente aufzubauen“, erklärt Rosenberger. Sie bezeichnet den aktuellen Mindestlohn als „Auffangnetz“. Lediglich die „Schließung der Lohnlücke zwischen Mann und Frau“ sei dadurch kleiner geworden.

Einhaltung des Mindestlohns
Beim Thema Kontrollen wird Michaela Rosenberger richtig deutlich: Die Überprüfung der Betriebe durch den Zoll sei „ein Skandal“. So sollen die Kontrollen seit Einführung des Mindestlohns um 17 Prozent zurückgegangen sein. Die Gewerkschaft kenne zudem Fälle, in denen Spüler für vier Euro die Stunde in einem Gastro-Betrieb gearbeitet hätten.

Von der Politik fühle man sich bei der NGG auch im Stich gelassen. 1.600 neue Kontrolleure wurden versprochen – 600 Stellen seien erst besetzt. Hier spare der Finanzminister laut Rosenberg „an der falschen Stelle“.

Arbeitszeitgesetz
„Wir brauchen keine Reform des Arbeitszeitgesetzes“, betont die NGG-Vorsitzende im Interview mit der Zeitung weiter. Die Tarifverträge und das bereits flexible Gesetz schützten die Arbeitnehmer diesbezüglich. „Statt einer Flexibilisierung“ bräuchte die Branche eine „stärkere Regulierung“, so Rosenberg. Zwei Milliarden Überstunden, „wovon 1 Milliarde unterbezahlt sind“, sprächen hier eine eindeutige Sprache. „Der Ruf nach einer Lockerung des Arbeitszeitgesetzes ist getrieben von dem Wunsch, diese täglichen Gesetzesverstöße und die Ausbeutung zu legalisieren“, wie Rosenberg weiter erklärt. (Neue Osnabrücker Zeitung / FL)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Besteck in einem Restaurant
Corona-Politik
Corona-Politik

NRW-Gastgewerbe pocht auf verbindliche Öffnungsperspektiven

Auch in Nordrhein-Westfalen wird seitens des Gastgewerbes der Druck auf die Politiker erhöht: Die Branche fordert klare Perspektiven und legt einen ausgefeilten Stufenplan für Öffnungen vor.
Ein Tisch mit Richterhammer
Urteilsspruch
Urteilsspruch

Erster Gastronom gewinnt Corona-Klage gegen Versicherung

Millionen-Summe für Gastronomen: Nachdem der Münchner Augustinerkeller-Wirt Christian Vogler aufgrund der coronabedingten Schließung seines Restaurants gegen die Versicherung geklagt hat, hat ihm nun das Landgericht recht gegeben.
Personal eines Hotels
Corona-Hilfen
Corona-Hilfen

Petition zur Kurzarbeit-Verlängerung gestartet

In einer neuen Online-Petition für die Verlängerung von Kurzarbeit fordern mehrere Institutionen zur Teilnahme auf. In nur fünf Tagen kamen 40.000 Unterschriften zusammen.
Eine Frau mit Mundschutz im Restaurant
Zweckentfremdung
Zweckentfremdung

Gastrobranche kritisiert Polizeizugriffe auf Gästelisten

Der Streit um Polizeizugriffe auf Gästelisten geht in die nächste Runde: Branchenvertreter, FDP und Grüne fordern das Ende dieser Praktiken, CDU-Politiker sehen darin eine notwendige Maßnahme.
Eine Kellnerin in einem Restaurant
Corona-Hilfen
Corona-Hilfen

Grüne fordern Kurzarbeitergeld an Feiertagen

Die Fraktion der Grünen kritisiert die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit, an Feiertagen kein Kurzarbeitergeld zu zahlen. Dies sei eine weitere Belastung für das angeschlagene Gastgewerbe.
Ein Richterhammer
Corona-Politik
Corona-Politik

Hunderte Gastgeber wollen gegen Bundesländer klagen

Zahlreiche Gastronomen und Hoteliers sehen sich von den Bundesländern im Stich gelassen und wollen nun Entschädigungen auf dem rechtlichen Weg erzwingen.
Die Statue der Justitia
Politik & Gastgewerbe
Politik & Gastgewerbe

SPD-Politiker will Airbnb in Schranken weisen

Der Trierer SPD-Vorsitzende Sven Teuber hat beantragt, die Zweckentfremdung von Apartments einzuschränken und unter harte Strafen zu stellen. Damit soll ein kürzlich beschlossenes Landesgesetz kommunal umgesetzt werden.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier
Politik & Gastgewerbe
Politik & Gastgewerbe

Altmaier will Kassenbonpflicht kippen

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat die Bürokratie- und Umweltprobleme erkannt, die die geplante Kassenbonpflicht 2020 nach sich zieht. Jetzt will er das Finanzministerium von deren Einstellung überzeugen. 
Eine Demo vor dem Bundestag
Bürokratie
Bürokratie

Erste Demos gegen Kassenbon-Pflicht gestartet

Ab 2020 müssen auch Gastronomen den Gästen die Kassenbons ausdrucken, damit dem Fiskus kein einziger Cent mehr entgehen kann. Doch im ersten Bundesland gibt es jetzt öffentliche Kritik – und die ersten Demos vor dem Landtag!