Umsatzsteuer

Unberücksichtigte Faktoren über die geplante Mehrwertsteuererhöhung

BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert
BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert betont, dass weder die Reaktionen der Gastronomen noch die der Verbraucher bei der Mehrwertsteuererhöhung mitberücksichtigt werden würden. (Foto: © BdS)
Bei den aktuellen Diskussionen zur drohenden Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie wurden die Argumente, die gegen eine erneute Erhöhung sprechen, allesamt genannt und umfangreich besprochen. Allerdings blieb bislang ein Aspekt dabei unbeleuchtet.
Montag, 13.11.2023, 14:03 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Bei der Berechnung des zusätzlichen Steueraufkommens durch die mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer wird (vermutlich) davon ausgegangen, dass bei gleichbleibenden Netto-Umsätzen der Gastronomie lediglich der höhere Steuersatz auf Speisen zum Vor-Ort-Verzehr angewendet wird und ansonsten alle anderen Parameter gleich bleiben.

BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert betont: „Weder die Reaktionen der Gastronomen noch die der Verbraucher sind hier allerdings mitberücksichtigt. Diese werden jedoch sicherlich nicht ausbleiben und sollten in der derzeitigen Diskussion mit einbezogen werden, denn sie haben gravierende Auswirkungen auf das zusätzliche Steueraufkommen.“

„Von den erhofften Mehreinnahmen wird nach unseren aktuellen Berechnungen auf Basis des CREST Verbraucherpanels* wohl nur ein Bruchteil tatsächlich übrigbleiben“, sagt Jochen Pinsker, Industry Advisor Foodservice Europe des Marktforschers Circana Group GmbH*.

Vier Faktoren

Vier Faktoren wurden in die Berechnungen von Circana einbezogen:

  • Zum einen werden die Gastronomen bei weitem nicht die gesamten zusätzlichen Steuerbelastungen an die Kunden weitergeben. Die Preise für Speisen werden nicht von 7 Prozent auf 19 Prozent erhöht werden können, sondern nur etwa die Hälfte wird (im Durchschnitt über alle Gastronomen) weitergegeben werden.
  • Aufgrund der gestiegenen Preise wird mit einem Rückgang der Besuchszahlen gerechnet. Der erwartete Rückgang wird noch recht optimistisch mit lediglich 3 bis 5 Prozent beziffert.
  • Bereits in den vergangenen Monaten wurden erste sogenannte Trading-Down-Effekte beobachtet, also die Verschiebung von Besuchen von höher- in niedrigpreisigere Segmente. Bei den notwendigen Preiserhöhungen wird von einer weiteren Verstärkung dieses Effektes ausgegangen.
  • Darüber hinaus wird eine Verschiebung vom Vor-Ort-Verzehr zur Mitnahme erwartet. Dabei handelt es sich um einen Effekt, der bereits in früheren Zeiten höherer Preissensibilität beobachtet wurde. Für Verbraucher bedeutet diese Möglichkeit weitere Einsparmöglichkeiten.

Selbst bei optimistischen Annahmen – wie von Circana prognostiziert – werden diese Effekte bereits die Hälfte (49 Prozent) der erhofften Steuermehreinnahmen auffressen. Für BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert bedeutet dies eine inakzeptable Tatsache, bei der die gastronomischen Betriebe die Leidtragenden wären.

Appell an die Politik

Kurz vor den abschließenden Beratungen im Deutschen Bundestag appelliert Suchert daher noch einmal mit Nachdruck an die politischen Entscheider, die noch bis Ende des Jahres reduzierte Mehrwertsteuer zu entfristen: „Wir brauchen die Entfristung der Mehrwertsteuer für Planungssicherheit, ein vielfältiges Speisenangebot und für einen fairen Wettbewerb in Europa, weil unternehmerische Freiheit wieder mehr Spielraum braucht und Kosten explodieren, weil Aus- und Weiterbildung für alle möglich sein muss und Nachhaltigkeitsinitiativen finanzielle Ressourcen benötigen sowie zur Sicherung von 100 Prozent Tarifbindung in der Systemgastronomie. Die fairen 7 Prozent müssen bleiben!“

Anmerkungen

*Über die Circana Group GmbH: Die Circana Group GmbH, Nürnberg, ist eine Tochtergesellschaft von Circana L.P. mit Sitz in Chicago und New York/USA, spezialisiert auf Analysen und konzeptionelle, strategische Lösungen für die Profi-Gastronomie sowie deren Partner. Im Vordergrund stehen eigene Instrumente der Primärforschung wie das Verbraucherpanel CREST, regelmäßige Sentiment Studien sowie das Benchmarking Panel SalesTrack. Durch die Kombination von Daten, Branchenexpertise und statistischen Methoden hilft das Unternehmen seinen Kunden – Gastronomieketten, Zulieferer, Großhandel und Verbände – den Markt und die Gäste und Verbraucher zu verstehen, um Entscheidungen in nahezu allen Aspekten des Geschäfts zu treffen, einschließlich Verkauf, Marketing, Bedarfsplanung, Vertriebs- und Sortimentsplanung, Produktentwicklung und mehr. Circana erstellt regelmäßig belastbare Vorhersagen zur Entwicklung der Gastronomiesegmente und Änderungen des Verzehrverhaltens für den gesamten Foodservice-Markt.

*Über CREST: Für das Verbraucherpanel CREST befragen die Marktforscher von Circana täglich 800 Panelteilnehmer in Deutschland zu ihrem Verzehr am Vortag mittels einer Online-Befragung. Die Resultate der repräsentativen Stichprobe werden monatlich auf Gesamtdeutschland hochgerechnet. CREST deckt alle gastronomisch präparierten und für den sofortigen Verzehr gekauften Speisen und Getränke ab.

(BdS/SAKL)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Frau schaut auf Speisekarte vor einem Restaurant
Umfrage
Umfrage

Studie zeigt: Deutsche würden Gastrobesuche bei 19-Prozent-Mehrwertsteuer weiter reduzieren

Seit Monaten fordert das Gastgewerbe: Die 7-Prozent-Mehrwertsteuer muss bleiben! Eine repräsentative Verbraucherbefragung des Deutschen Tiefkühlinstituts verdeutlicht nun noch einmal, wie wichtig das Beibehalten der reduzierten Mehrwertsteuer ist. 
Christoph Meyer
Positives Signal
Positives Signal

Lösung für 7-Prozent-Mehrwertsteuer? Ampel äußert sich positiv

Seit Monaten fordert die Branche: Die 7-Prozent-Mehrwertsteuer in der Gastronomie muss bleiben! Nun gibt es ein erstes ermutigendes Signal aus der Ampelkoalition. 
Christian Dürr
Vorschlag
Vorschlag

Christian Dürr: So ließe sich die 7-Prozent-Mehrwertsteuer finanzieren

Um die 7-Prozent-Mehrwertsteuer beizubehalten, muss laut Finanzminister Christian Lindner eine Gegenfinanzierung gefunden werden. Hierfür hat FDP-Fraktionschef Christian Dürr nun einen Vorschlag. 
Kinder an der Essensausgabe einer Schulkantine
Debatte
Debatte

Hat eine höhere Mehrwertsteuer Auswirkungen aufs Schulessen?

Diskussion um die Mehrwertsteuer: Eine mögliche Anhebung auf 19 Prozent für Speisen in der Gastronomie wirft Fragen zur Zukunft der Schul- und Kita-Verpflegung auf. Der Dehoga befürchtet steigende Kosten, während andere die Auswirkungen anders einschätzen.
Sie sprechen sich für den Erhalt der 7-Prozent-Mehrwertsteuer aus (v. l. n. r.): Oliver Klug (Pressesprecher Lieferando), Markus Schreiber (Bürgerschaftsabgeordneter SPD) und Kemal Üres (Gastronom und Initiator „Vereint für die Gastro“) (Foto: © Vereint für die Gastro e. V.)
Aktion
Aktion

Hamburger Schanzenviertel kämpft um den Erhalt der 7-Prozent-Mehrwertsteuer

In Hamburgs Schanzenviertel schlagen Restaurants und Cafés Alarm: Sie befürchten ein „Restaurant- und Kneipensterben“, sollte die Mehrwertsteuer auf Speisen Anfang 2024 tatsächlich von 7 auf 19 Prozent angehoben werden. Mit auffälligen rot-weißen Plakaten, Aufklebern und Tischaufstellern machen sie deshalb auf ihre große Sorge aufmerksam. 
Gruppe beim Essen im Restaurant
Umfrage
Umfrage

Mehrheit der Deutschen für 7-Prozent-Mehrwertsteuer in der Gastronomie

Sollte die Mehrwertsteuer auf Speisen wieder auf 19 Prozent angehoben werden, könnte dies verheerende Folgen für die Gastronomie haben. Das befürchtet auch eine Mehrheit der Deutschen. Sie ist der Meinung, dass die 7-Prozent-Mehrwertsteuer in der Gastronomie beibehalten werden sollte. Dies verdeutlicht eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Metro AG.
Christoph Ploß
Forderung
Forderung

Christoph Ploß fordert dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer für Restaurants

Aktuell gilt in der Gastronomie ein Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Die Regelung soll jedoch Ende des Jahres auslaufen. Die CDU befürchtet dann ein Restaurantsterben. Christoph Ploß fordert daher die dauerhafte Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer.