Rechtsstreit

EuGH-Generalanwalt bestärkt Rechtsposition des deutschen Hotelverbands

Ausschnitt eines Smartphone-Displays mit der Booking.com-Seite
Deutsche Rechtsstreitigkeiten mit Booking.com kommen wohl bald vor deutsche Gerichte. (Foto: ©PixieMe/stock.adobe.com)
Seit Jahren schwelt der Rechtsstreit zwischen einem deutschen Hotel und Booking.com. Der Vorwurf: unter anderem Machtmissbrauch. Jetzt sollen sich deutsche Hotels bald vor deutschen Gerichten wehren können.
Freitag, 11.09.2020, 09:01 Uhr, Autor: Kristina Presser

Der Hotelverband Deutschland (IHA) will in einem Musterverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klären lassen, ob sich ein deutsches Hotel gegen missbräuchliches Marktverhalten von Booking.com vor einem deutschen Gericht wehren kann oder ob es bei einem Amsterdamer Gericht Klage erheben muss. Bereits seit 2015 schwelt der Rechtsstreit, in dem nun der Generalanwalt des EuGH in Luxemburg, Henrik Saugmandsgaard Øe, sich eindeutig zugunsten des Hotels positioniert hat, wie der IHA in einer Mitteilung erklärt. In seinen Schlussanträgen macht Saugmandsgaard Øe deutlich: „In Anbetracht all dessen bin ich der Ansicht, dass eine Klage wie die von Wikingerhof [Wikingerhof in Kropp, Schleswig-Holstein] ‚eine unerlaubte Handlung oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung‘ im Sinne von Art. 7 Nr. 2 der Brüssel Ia-Verordnung zum Gegenstand hat.“ Damit schließt er sich der Rechtsauffassung an, die der IHA/Wikingerhof im Rahmen des Verfahrens vertritt.

Das Verfahren geht auf die vom Hotelverband unterstützte und seit 2015 anhängige Klage des Hotels Wikingerhof gegen das aus seiner Sicht missbräuchliche Verhalten des marktbeherrschenden Buchungsportals Booking.com zurück. Konkret beklagt das Hotel dreierlei: eine von Booking.com ohne seine Kenntnis und Zustimmung durchgeführte Rabattaktion, die generelle Höhe des Kommissionssatzes und einen nur eingeschränkten Zugang zu Kundendaten.

Ein steiniger Weg durch die deutsche Gerichtshierarchie

Das Landgericht Kiel hatte die Klage des Wikingerhofes am 27. Januar 2017 wegen internationaler Nichtzuständigkeit des Gerichts abgewiesen und auf Amsterdam, den Firmensitz von Booking.com, als Gerichtsstand verwiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil wies das OLG Schleswig am 12. Oktober 2017 ab. Eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wurde explizit nicht zugelassen, da das OLG Schleswig der Sache keine grundlegende Bedeutung zuschrieb. Daraufhin erhob der Wikingerhof Mitte Juli 2018 Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof. Dieser beschloss wiederum, die relevante Rechtsfrage zur Auslegung des Art. 7 EuGVVO dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen – aufgrund der europarechtlichen Klärungsbedürftigkeit und Bedeutung des Verfahrens.

IHA-Hauptgeschäftsführer Markus Luthe: „Wir hoffen jetzt natürlich, dass der Europäische Gerichtshof wie in den allermeisten Fällen den Schlussanträgen des Generalanwalts folgen und für Rechtssicherheit in dieser in Zeiten der Internationalisierung und Digitalisierung zentralen Frage sorgen wird.“ Denn es mache faktisch einen erheblichen Unterschied, ob sich David gegen Goliath mit niederländischen Anwälten in fremder Sprache und in ungewohntem Rechtsrahmen in Amsterdam gegen rechtswidriges Verhalten wehren muss, oder ob jeder Beherbergungsbetrieb in Deutschland vor das für seinen Standort zuständige Landgericht ziehen könne.
(IHA/KP)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Booking.com
Untersagung
Untersagung

Booking darf eTraveli nicht übernehmen

Die Europäische Kommission hat offiziell die Übernahme der eTraveli Group durch Booking Holdings untersagt. HOTREC und der Hotelverband Deutschland (IHA) begrüßen die Entscheidung. 
Markus Luthe, IHA-Hauptgeschäftsführer (links), und Otto Lindner, IHA-Vorsitzender (rechts), stehen Rede und Antwort auf dem IHA-Hotelkongress 2019
Hotelkongress 2019
Hotelkongress 2019

IHA fordert gesetzliches Verbot von Bestpreisklauseln in Deutschland

Auf dem Hotelkongress des Hotelverbandes Deutschland sollte es vor allem um Digitalisierung gehen. Überschattet wurde er aber durch das kurz zuvor gefallene Urteil am Oberlandesgericht Düsseldorf.
Christian Graf von Kanitz-Kopsch und Otto Lindner
Wettbewerb
Wettbewerb

IHA Start-up Award 2024: Jetzt schnell noch bewerben!

Der Countdown läuft: Nur noch bis zum 30. April können sich Start-up-Unternehmen für den IHA Start-up Award 2024 bewerben. Gesucht sind praxisnahe und innovative Produktentwicklungen für die Hotellerie in Deutschland.
Christian Graf von Kanitz-Kopsch und Otto Lindner
Wettbewerb
Wettbewerb

IHA Start-up Award 2024: Innovative Produkte für die Hotellerie gesucht

Der Hotelverband Deutschland (IHA) schreibt erneut seinen Branchenaward für Start-ups aus. Ziel ist die Förderung praxisnaher und innovativer Produktentwicklungen für die Hotellerie in Deutschland.
Herbert Rütten
Nachruf
Nachruf

Hotelverband Deutschland trauert um Herbert Rütten

Herbert Rütten war langjähriger Vorsitzender der International Hotels Association (IHA) und ein bedeutender Vertreter der deutschen Hotellerie. Am Abend des 16. Januar 2024 ist er im Alter von 92 Jahren verstorben.
IHA-Vorsitzender Otto Lindner begrüßt den Beitritt der deutschen Häuser der Feine Privathotels. (Foto: © IHA )
Zusammenschluss
Zusammenschluss

Feine Privathotels schließen sich IHA an

Die „Feine Privathotels“ haben anlässlich ihrer Jahresversammlung ein eindeutiges Statement zur Stärkung der Interessenvertretung der Hotellerie gegeben: Seit dem 1. August 2023 sind die deutschen Häuser der Kollektion dem Hotelverband Deutschland (IHA) beigetreten. 
Manfred Gangnus
Todesfall
Todesfall

Hotelverband Deutschland trauert um ehemaligen Schatzmeister Manfred Gangnus

Mit großer Betroffenheit haben Vorstand und Geschäftsführung des Hotelverbandes Deutschland (IHA) die Nachricht vom Tode ihres ehemaligen Schatzmeisters vernommen. Manfred Gangnus verstarb am Montagmorgen im Alter von 73 Jahren in seiner Wahlheimat Bad Neuenahr aufgrund eines Herzversagens.