Rechtsstreit

Europäischer Gerichtshof stärkt deutschen Hotels den Rücken

Booking.com
Niederlage für Booking.com: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Bestpreisklauseln nicht von vornherein vom Kartellverbot ausgenommen seien. (Foto: © evgenii/stock.adobe.com)
Dürfen Hotels ihre Zimmer auf der eigenen Webseite günstiger anbieten als auf Booking.com? Darüber wird seit Jahren gestritten. Nun hat der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung getroffen. 
Donnerstag, 19.09.2024, 15:09 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Im Streit um sogenannte Bestpreisklauseln bei der Buchung von Hotelzimmern hat das Buchungsportal Booking.com eine Niederlage vor dem höchsten europäischen Gericht kassiert. Bestpreisklauseln seien nicht von vornherein vom Kartellverbot ausgenommen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) und stärkte damit vielen Hotels den Rücken. 

„Booking.com hat versucht, die Gerichte in den EU-Mitgliedstaaten gegeneinander auszuspielen. Mit seiner ‚Torpedoklage‘ zum Bezirksgericht in Amsterdam wollte Booking.com die letztinstanzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe unterlaufen, der die Bestpreisklauseln des Portals als eindeutig kartellrechtswidrig erachtet hatte. Dem haben die obersten europäischen Richter nun eine klare Absage erteilt“, kommentiert Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA).

Er ergänzt: „Wir hoffen, dass nach dieser wegweisenden Entscheidung des EuGH das zugrundeliegende Gerichtsverfahren vor dem Bezirksgericht Amsterdam nun schnell wieder Fahrt aufnimmt und die Schadensersatzansprüche der deutschen Hotels wegen jahrelanger Verwendung kartellrechtswidriger Bestpreisklauseln einer zeitnahen Entscheidung zugeführt werden können“, hofft Markus Luthe vom IHA.

Die Hotels fordern von Booking.com den Ersatz des Schadens, den sie aufgrund der Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts durch die Verwendung sogenannter weiter und enger Bestpreisklauseln erlitten haben.

Streit um Bestpreisklauseln

Hintergrund ist ein langer Streit vor deutschen und niederländischen Gerichten. Diesen führen Booking.com und 62 deutsche Hotelgesellschaften seit Mitte 2020 vor dem Bezirksgericht Amsterdam. Ein paralleles Verfahren mit rund weiteren 1.700 Hotels ist vor dem Landgericht Berlin anhängig.

Auf Portalen wie Booking.com, HRS und Expedia können Nutzer eine Vielzahl an Hotels und anderen Unterkünften vergleichen und auch direkt buchen. Für jede erfolgreiche Vermittlung über die Seite kassiert der Betreiber vom Hotel eine Provision. Beim Zimmerpreis wird das einkalkuliert – der Nutzer zahlt also indirekt. 

Bei Buchungen direkt beim Hotel schlägt so eine Provision naturgemäß nicht zu Buche. Hier könnten die Zimmer billiger sein. Da setzten die sogenannten Bestpreisklauseln von Booking.com an, die es Hotels verboten haben, Zimmer etwa über eigene Vertriebskanäle günstiger anzubieten. Eine entsprechende Abstellungsverfügung hatte das deutsche Bundeskartellamt bereits im Jahr 2015 gegen Booking.com erlassen, der deutsche Bundesgerichtshof hatte diese Entscheidung im Jahr 2021 letztinstanzlich bestätigt.

Klauseln als Nebenabrede zulässig?

Im Frühjahr 2023 setzte das Bezirksgericht Amsterdam das Verfahren aus und legte dem EuGH zwei Fragen zur Klärung vor. Erstens wollte das Bezirksgericht Amsterdam vom EuGH wissen, ob die fraglichen Bestpreisklauseln eine so genannte „notwendige Nebenabrede“ zum Hotelportalvertrag darstellen, was die Kartellrechtswidrigkeit dieser Klauseln entfallen lassen würde. Zum anderen hat das Bezirksgericht Amsterdam den EuGH um Klärung dahingehend ersucht, wie die relevanten Märkte in Bezug auf Hotelbuchungsportale abzugrenzen sind.

In beiden Fragen erteilte der EuGH nun dem in Amsterdam ansässigen Portal eine deutliche Absage und folgte damit den Schlussanträgen des Generalanwalts Anthony Collins vom 6. Juni 2024: Die Bestpreisklauseln sind nicht als kartellrechtsneutrale „notwendige Nebenabrede“ zu betrachten, und es existiert ein separater sachlicher Markt für Hotelbuchungsportale, auf dem Booking.com einen Marktanteil von über 60 Prozent hat.

Zwar habe die Erbringung von Online-Hotelbuchungsdiensten durch Plattformen wie Booking.com eine neutrale oder sogar positive Auswirkung auf den Wettbewerb. Denn zum einen können Verbraucher so deutlich besser die verschiedenen Unterkünfte vergleichen. Zum anderen bekämen die Hotels eine größere Sichtbarkeit. Allerdings seien die Bestpreisklauseln nicht notwendig, damit Booking.com und andere Plattformen wirtschaftlich blieben.

Der EuGH bestätigte weitgehend die Position des deutschen Bundesgerichtshofs, dass für die Anerkennung einer restriktiven Klausel als „notwendige Nebenabrede“ zwingend erforderlich ist, dass diese Klausel objektiv unerlässlich für die ordnungsgemäße Durchführung des betreffenden Vertrags ist.

„Diese immer wieder vorgebrachte Ausrede von Booking.com ist spätestens seit der Untersagung im Jahr 2015 durch das Bundeskartellamt in Deutschland hinfällig und nun auch endgültig vom Tisch“, fasst IHA-Geschäftsführer Tobias Warnecke zusammen. „Es reicht eben nicht aus, wenn Booking.com ins Blaue hinein behauptet, dass die Durchführung des Vertrags ohne die restriktive Klausel erschwert werden würde. Die von Booking.com verwendeten Bestpreisklauseln verstoßen daher auch nach Auffassung des EuGH gegen das europäische Wettbewerbsrecht.“

(dpa/IHA/SAKL)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Booking.com nutzt neben „Buchung abschließen“ auch „Buchen“ oder „Jetzt buchen“. (Foto: © PixieMe/stock.adobe.com)
Rechtsstreit
Rechtsstreit

Nach EuGH-Urteil: Booking.com droht Niederlage vor deutschem Gericht

„Buchung abschließen“: Geht aus dieser Formulierung hervor, dass Verbraucher ein Hotelzimmer zahlungspflichtig buchen? Nun hat sich der Europäische Gerichtshof mit dieser Frage befasst. 
Certified Star-Award 2024
Auszeichnung
Auszeichnung

Certified Star-Award setzt erstmals auf ein dreistufiges Verfahren

Ausgewählte Hotels müssen sich diesmal nicht nur dem Votum von Gästen, Tagungsteilnehmern und Stammkunden stellen. Zum ersten Mal wird es für den Certiefied Star-Award in diesem Jahr ein dreistufiges Verfahren geben. 
Sebastian Oremek
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

Wie können Hotels energieeffizienter betrieben werden?

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind nicht nur Schlagworte, sondern entscheidende Faktoren für die zukünftige Entwicklung der Hotelbranche – das findet Sebastian Oremek, Vice President Product bei E.ON One. Im Interview mit HOGAPAGE spricht er darüber, wie Hotels energieeffizienter betrieben werden können – auch ohne umfangreiche Investitionen.
(Die 62 eleganten Zimmer und Suiten des neuen Luxury-Boutique-Hotels bieten größten Komfort. (Foto: The Amauris Vienna)
Hotel
Hotel

The Amauris Vienna erhält begehrten Distinction Award

Das Luxury-Boutique-Hotel wurde im Rahmen der Rebrand 100 Global Awards 2024 geehrt. Die Auszeichnung würdigt das herausragende Rebranding des Hauses, das auf neue innovative Branchenstandards und Kreativität setzt.
Das RoLigio Wellness Resort Romantischer Winkel in Bad Sachsa
Zuwachs
Zuwachs

Romantik Hotels begrüßt sieben Neuzugänge

Die Romantik Hotels & Restaurants starten mit sieben neuen Romantik Hotels ins neue Jahr. Ab sofort ergänzen unter anderem zwei weitere Fünf-Sterne-Hotels die exklusive „Pearls by Romantik“-Kollektion.
Heiko Grote
Zukunfspläne
Zukunfspläne

Nachhaltigkeit, Effizienz, Gemeinschaft: Die „Great 2 Stay“-Vision der GS Hotels

„Great 2 Stay“ – mit diesem Slogan setzt die GS Hotel Gruppe auf eindrucksvolles Wachstum und ambitionierte Zukunftspläne bis Ende 2024. Unter der Leitung von CEO Heiko Grote sollen Innovation, Nachhaltigkeit sowie die Förderung der lokalen Wirtschaft in den Mittelpunkt gestellt werden. 
Guide Michelin zeichnet künftig auch Hotels aus. (Foto: © picture alliance / ZUMAPRESS.com | Mathew Tsang)
Hotelbewertungen
Hotelbewertungen

Guide Michelin zeichnet künftig auch Hotels aus

Der Guide Michelin ist bekannt für seine begehrten Sterne-Auszeichnungen für Restaurants. Zukünftig sollen jedoch auch Hotels bewertet und ausgezeichnet werden. 
V. l. n. r.: Moritz Dietl (Geschäftsführender Partner Treugast Solutions Group), Max C. Luscher (B&B Hotels), Astrid Schafleitner (Motel One), Mark Anderson (Whitbread), Chris-Norman Sauer (Premier Inn), Michael Hartung (Premier Inn) und Michael Lidl Geschäftsführender Partner Treugast Solutions Group) (Foto: © TREUGAST Solutions Group)
Auswertung
Auswertung

Treugast Rating 2023: Wer sind die Spitzenreiter im deutschen Hotelmarkt?

Das aktuelle Treugast Rating 2023 präsentiert Neueinsteiger, Top-Performer und herausragende Entwicklungen auf dem deutschen Hotelmarkt. Während sich zwei Hotelgruppen als Spitzenreiter behaupten, zeigt die Halbersbacher Hospitality Group ein vielversprechendes Debüt.
Booking.com
Untersagung
Untersagung

Booking darf eTraveli nicht übernehmen

Die Europäische Kommission hat offiziell die Übernahme der eTraveli Group durch Booking Holdings untersagt. HOTREC und der Hotelverband Deutschland (IHA) begrüßen die Entscheidung.