Millionenbetrug

Langjährige Haftstrafen für Kassenmanipulation in Restaurants

Geld in einer Registrierkasse
Mittels einer Spezial-Software haben Restaurants Steuern in Millionenhöhe hinterziehen können. (© Evgeni Schemberger/stock.adobe.com)
Zwei Brüder halfen knapp 3.800 Restaurants, Steuern zu hinterziehen – allein in niedersächsischen Städten geht es um sechs Millionen Euro. Nun sind die Männer zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden.
Donnerstag, 28.11.2019, 14:25 Uhr, Autor: Thomas Hack

Wegen der Manipulation von Kassensystemen und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Millionenhöhe hat das Landgericht Osnabrück zwei Männer zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die 59 und 57 Jahre alten Männer müssen für siebeneinhalb beziehungsweise dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, wie es in der Urteilsverkündung hieß. Beide Männer hätten gewerbsmäßige Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet und technische Aufzeichnungen gefälscht. Mit der Masche hätten Asia-Restaurants in acht niedersächsischen Städten Steuern in Höhe von sechs Millionen Euro hinterziehen können.

Falsche Preise durch Manipulationssoftware

Im Verlauf des Prozesses hatte der 59-Jährige gesagt, dass er sich das Programmieren selbst beigebracht habe. Mittels einer von ihm entwickelten Software war es Restaurant-Betreibern seit 2012 möglich, aus Tagesabschlüssen bestimmte Posten zu löschen, ohne dass der Vorgang ersichtlich war. Als Beispiel nannte der Vorsitzende Richter der 2. Großen Strafkammer, Norbert Carstensen, dass die Restaurants auf diese Weise ein Mittagsmenü für 5,90 Euro anbieten konnten – statt eines Normalpreises von 10,90 Euro, der nach der Aufdeckung der Manipulation verlangt wurde.

7 1/2 Jahre Haft und 680.000 Euro Geldstrafe

Neben seiner Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren kommt auf den älteren der beiden Verurteilten eine Zahlung von 680.000 Euro zu. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder stieg 2016 in das System ein. Der einschlägig vorbestrafte Mann betreute die Kunden der in Gelsenkirchen ansässigen Firma bei technischen Problemen. Carstensen bescheinigte vor allem dem älteren Mann ein hohes Maß an krimineller Energie. Er habe die Manipulationssoftware stetig optimiert. Insgesamt haben die Brüder 1.200 Kunden in Deutschland und 2.600 in Europa mit ihrer Software versorgt.

Bis zu 1 Milliarde Steuerschaden

Das Landgericht Osnabrück befasste sich zunächst mit den Fällen in Osnabrück, Neuenhaus, Meppen, Papenburg, Cloppenburg, Lohne (Oldenburg), Wardenburg, Wilhelmshaven und Adendorf. Angesichts des Steuerschadens von sechs Millionen Euro, der allein in Niedersachsen entstand, rechnete der Vorsitzende Richter für ganz Deutschland einen Schaden von bis zu einer Milliarde Euro hoch. An Ende seiner Urteilsbegründung kritisierte Carstensen den Gesetzgeber, der es bislang versäumt habe, einheitliche und geschlossene Kassensysteme zu schaffen. Damit könnten die Möglichkeiten derartiger Manipulationen verringert werden. Die Steuer-, Finanz- und Ermittlungsbehörden würden trotz eines bekannten Problems mehr belastet, weil die Politik nicht handle. (lni/TH)

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