Gerichtsurteil

Schließung der Außengastronomie rechtens

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Das Oberverwaltungsgericht Bremen lehnte drei Eilanträge gegen die Schließung der Außengastronomie ab. (Foto: © iStockphoto)
Die Schließung der Außengastronomie ist nach einer Entscheidung des Bremer Oberverwaltungsgerichts rechtens. Das Gericht lehnte die Eilanträge von drei Gastronomiebetrieben gegen die Corona-Verordnung ab.
Mittwoch, 14.04.2021, 09:33 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Die Schließung der Außengastronomie ist nach einer Entscheidung des Bremer Oberverwaltungsgerichts rechtens. Das Gericht hatte den Eilantrag auf Außervollzugsetzung der angeordneten Schließung abgelehnt. Die Antragsteller machten im Wesentlichen geltend, ihnen werde seit mehr als vier Monaten ein existenzgefährdendes Berufsverbot auferlegt. Sie würden als Nichtstörer in Anspruch genommen, ohne dass ihnen eine gesetzliche Entschädigung zustehe. Die Maßnahme sei bereits ungeeignet, da im Freien praktisch keine Ansteckungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 stattfänden. Zudem sei sie aufgrund ihrer Dauer nicht mehr verhältnismäßig und verstoße gegen den Gleichheitssatz.

Senat hat keine rechtlichen Bedenken bei Schließungen

Nach Auffassung des zuständigen Senats bestehen nach summarischer Prüfung keine durchgreifenden Bedenken gegen die angegriffene Regelung. Der befristete Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit sei von einer verfassungskonformen Grundlage getragen. Eine Inanspruchnahme von Nichtstörern, auch in der Form der Beschränkung des Betriebs gastronomischer Einrichtungen sei gesetzlich vorgesehen und diene dazu, die Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 im Wege der Tröpfcheninfektion und über Aerosole von Mensch zu Mensch einzudämmen. Das Gebot zur Schließung von überschreite daher nicht erkennbar die sich aus dem Gebot der Verhältnismäßigkeit ergebenden Grenzen.

Infektionsrisiko auch im Freien gegeben

Allerdings sei – worauf u.a. der Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung in einem offenen Brief vom 11.04.2021 hinweise – das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus SARS-CoV2 im Freien deutlich geringer als in geschlossenen Räumen. Damit sei die Maßnahme jedoch nicht ungeeignet, denn gleichwohl bestehe eine Ansteckungsgefahr im Bereich der Außengastronomie, wo Kunden über einen längeren Zeitraum ohne Mund-Nasen-Bedeckung eng zusammensitzen und laut miteinander sprechen. Zugleich sei zu berücksichtigen, dass die inzwischen vorherrschende Variante B.1.1.7 deutlich ansteckender sei und dazu führe, dass die Wirksamkeit der bislang erprobten Infektionsschutzmaßnahmen erheblich vermindert sei. Zudem sei von Bedeutung, dass die Schließung der Außengastronomie erheblich dazu beitragen dürfte, die Mobilität der Bevölkerung im öffentlichen Raum insgesamt zu mindern.

Diffuses Infektionsgeschehen spricht gegen Öffnungen

Der Senat hält es zwar grundsätzlich für denkbar, dass in Anbetracht des geringeren Infektionsrisikos im Freien Schutz- und Hygieneauflagen in der Außengastronomie grundsätzlich ein gleich geeignetes Mittel sein könnten, um Infektionsrisiken zu begegnen. In der gegenwärtigen Situation mit Inzidenzwerten von über 100 je 100.000 Einwohnern und einem diffusen Infektionsgeschehen sei jedoch die Einschätzung der Verordnungsgeberin, dass die Kontakte insgesamt stärker unterbunden werden müssten, um das Infektionsgeschehen weiter einzudämmen, voraussichtlich nicht fehlerhaft. Auch wenn die das Grundrecht der Berufsfreiheit erheblich einschränkende Maßnahme bereits mehrere Monate andauere, sei sie noch verhältnismäßig, denn sie diene dem Schutz der Gesundheit und des Lebens jedes/jeder Einzelnen wie auch dem Erhalt eines funktionsfähigen Gesundheitswesens und damit Gemeinschaftsgütern von höchstem verfassungsrechtlichem Rang.

Der Eingriff werde dadurch gemildert, dass den direkt oder indirekt Betroffenen von Seiten der Bundesregierung weitere finanzielle Unterstützungen in Aussicht gestellt worden seien. Ein ausgleichspflichtiger Eingriff in das Eigentum liege nicht vor. Die Antragsteller hätten die behauptete Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenz nicht anhand konkreter Zahlen substantiiert.

Kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz

Die angegriffene Vorschrift verstoße auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Soweit Mensen, Kantinen und Gastronomiebetriebe in Beherbergungsstätten privilegiert seien, verstoße dies nicht gegen das Willkürverbot. Die Ausnahmen seien restriktiv ausgestaltet und unterfielen nicht dem Freizeitbereich. In Mensen und Kantinen sei die Verweildauer erheblich kürzer als in der Außengastronomie.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(OVG Bremen/NZ)

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