Impulstag Gastgewerbe

Erwartungen vor der NRW-Landtagswahl 2022

Der Branchen-Gipfel am Dienstag, 5. April 2022 mit der Landespolitik. (Foto: © DEHOGA / Michael Gstettenbauer )
Der Branchen-Gipfel am Dienstag, 5. April 2022 mit der Landespolitik. (Foto: © DEHOGA / Michael Gstettenbauer )
Der Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein-Westfalen hatte wenige Wochen vor der Landtagswahl zum politischen Austausch mit Gastronomen und Hoteliers geladen.
Mittwoch, 06.04.2022, 16:07 Uhr, Autor: Martina Kalus

Das Gastgewerbe im bevölkerungsreichsten Bundesland befindet sich trotz dem seit Sonntag geltenden Wegfall der Corona-Beschränkungen immer noch im Ausnahmezustand. Viele „Corona-Probleme“ sind geblieben: hohe Umsatzverluste, zurückzuzahlende Kredite, dramatische Beschäftigtenentwicklung, verunsicherte Unternehmer, Beschäftigte und Gäste sowie die Ungewissheit über die weitere pandemische Entwicklung. „Mit neuen Herausforderungen wie den Folgen des Ukraine-Krieges und der stark steigenden Lebensmittel- und Energiepreise ist die Branche zusätzlich konfrontiert“ unterstrich Patrick Rothkopf, Regionalpräsident des Dehoga NRW, anlässlich des Impulstages Gastgewerbe, der gestern in Neuss stattfand.

Der Hotel- und Gaststättenverband hatte wenige Wochen vor der Landtagswahl zum politischen Austausch mit Gastronomen und Hoteliers geladen. Gekommen waren die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten von Bündnis90/Grünen Mona Neubaur, von der FDP Dr. Joachim Stamp, von der SPD Thomas Kutschaty und für die CDU Ina Scharrenbach, NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung. An der Veranstaltung nahmen in Präsenz und Online knapp 2.000 Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem Gastgewerbe teil.

Kostenanstieg und Corona-Auswirkungen

Wie sehr das Thema „Kostenanstieg“ die Branche momentan bewegt, zeigt eine aktuelle bundesweite Umfrage des Dehoga, an der sich auch rund 500 Gastronomen und Hoteliers aus NRW beteiligten. Standen in den letzten beiden Jahren die wirtschaftlichen und personellen Auswirkungen der Corona-Pandemie immer auf den vordersten Plätzen, sind für die Unternehmer im Gastgewerbe jetzt Steigerungen bei „Energiekosten“ (87,4%), Lebensmittelpreisen (86,7%) und Personalkosten (72,2%) die größten Herausforderungen gefolgt von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie (68,2%) und dem akuten Mitarbeitermangel (57,9%). Das aktuelle Jahr wird nach Einschätzung des Dehoga NRW deshalb zum Härtetest für viele der rund 45.000 Gastronomen und Hoteliers und die Entwicklung des Gastgewerbes zwischen Rhein und Weser. „Wir wollen anknüpfen an die Vor-Corona-Jahre. Wir wollen wieder Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen. Wir wollen wieder in unsere Betriebe und damit in die Zukunft der Branche investieren. Wir wollen durchstarten mit und ohne Corona! Dazu brauchen wir bei den jetzigen Gegebenheiten die Unterstützung durch die Politik, auch wenn wir lieber Rechnungen schreiben als Förderanträge!“, gab sich Patrick Rothkopf, Regionalpräsident des Dehoga NRW, kämpferisch.

Der Dehoga erwartet neben dem reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Speisen und Getränke, dass der Staat Betriebe und Beschäftigte, die immer noch von der Pandemie betroffen sind, weiterhin unterstützt. (Foto: © DEHOGA / Michael Gstettenbauer
Der Dehoga erwartet neben dem reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Speisen und Getränke, dass der Staat Betriebe und Beschäftigte, die immer noch von der Pandemie betroffen sind, weiterhin unterstützt. (Foto: © DEHOGA / Michael Gstettenbauer )

Forderungen und Antworten

Der Dehoga erwartet deshalb neben dem reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Speisen und Getränke, dass der Staat Betriebe und Beschäftigte, die immer noch von der Pandemie betroffen sind, weiterhin unterstützt und zudem jetzt die notwendigen Maßnahmen ergreift, einen dritten Corona-Herbst mit verheerenden Konsequenzen für die Branche zu verhindern. „Die Pandemie und ihre Auswirkungen sind auch mit Wegfall der Beschränkungen für Gastronomie und Hotellerie lange nicht vorbei“, so Rothkopf. Wichtige Botschaft für Gastronomen und Hoteliers: In der politischen Diskussion war man sich genau darüber im Klaren und versprach auch künftig staatliche Unterstützungen für das Gastgewerbe, wollte aber zum Beispiel in Bezug auf eine Entfristung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Speisen nichts versprechen, was angesichts des Ukraine-Krieges und seinen Auswirkungen nicht eingehalten werden könne. An dieser Stelle betonte Rothkopf, dass die Entfristung des reduzierten Satzes für Speisen und die Ausweitung auf Getränke die wichtigste Maßnahme zur Zukunftssicherung der Branche sei.

Rothkopf richtete den Blick zudem auf Themen, die vom „Überthema“ Corona lange Zeit überlagert worden waren. „Wir haben zwei Jahre verloren, in denen wir unsere Betriebe nicht weiterentwickeln konnten und viele Investitionen, auch in Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung, hintanstehen mussten. Da müssen und wollen wir jetzt ran, und der Staat kann uns mit Beratungsprogrammen und anderen Fördermaßnahmen unterstützen.“ Eine umfassende Stärkung des Geschäfts- wie des Freizeittourismus durch eine stärkere Bewerbung des Marktes NRW, belebtere Innenstädte, eine bessere Infrastruktur und moderne Mobilitätskonzepte stehen ebenfalls oben auf der Agenda des Gastgewerbes. Große Einigkeit bestand in der Politikerrunde darin, dass Nordrhein-Westfalen seine touristischen Potenziale bei weitem noch nicht ausreichend ausschöpfe und sich deshalb besser und mit mehr Selbstbewusstsein vermarkten müsse. Eine Schlüsselfunktion würde Gastronomie und Hotellerie auch bei der Weiterentwicklung und Belebung der Innenstädte zukommen.

Am Ende des Impulstages machte Rothkopf deutlich, dass der Dehoga mit Unterstützung der Politik die Branche wieder zu dem machen möchte, was sie vor der Krise war: einem der wichtigsten Job-, Integration und Wirtschaftsmotoren in Nordrhein-Westfalen.

(Dehoga NRW/MK)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Der Dehoga hat die Bilanz des Gastgewerbes 2023 in NRW veröffentlciht. (Foto: © xartproduction/stock.adobe.com)
Kostendruck
Kostendruck

Dehoga veröffentlicht Jahresbilanz des Gastgewerbes in NRW

Das Gastgewerbe kämpft weiterhin mit zahlreichen Herausforderungen. Dies verdeutlicht nun einmal mehr die Jahresbilanz des Gastgewerbes in NRW 2023 des Deutscher Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga.
Lohn und Gehalt
Lohnerhöhung
Lohnerhöhung

Dehoga NRW: Tarifvertrag mit Ausrufezeichen

Der neue Tarifvertrag im Gastgewerbe NRW sieht Lohnsteigerungen bis zu 27,3 Prozent vor. Auch die Ausbildungsvergütungen steigen deutlich. Der Dehoga NRW geht davon aus, dass Preisanpassungen notwendig werden.
Zwei Mitarbeiter in einem Café
Schlechter Ruf, starke Chancen
Schlechter Ruf, starke Chancen

Die Sache mit dem Gastgewerbe und der Work-Life-Balance

Eine aktuelle SumUp-Analyse zeigt: Das Gastgewerbe liegt bei der Work-Life-Balance auf dem letzten Platz. Doch die Branche punktet mit Teamgeist, Karrierechancen und innovativen Modellen, die Arbeitgeber aktiv nutzen können.
Dr. Thomas Geppert
Widerspruch
Widerspruch

Dehoga Bayern widerspricht NGG: „Gastgewerbe verzeichnet branchenübergreifend die wenigsten Überstunden“

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Bayern weist die Kritik der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hinsichtlich der Anhäufung von Überstunden im Landkreise Roth entschieden zurück.
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche
Gasspeicherumlage
Gasspeicherumlage

Bundesregierung will Gaskunden entlasten

Unternehmen und Privathaushalte sollen ab dem kommenden Jahr weniger für Erdgas zahlen. Die Bundesregierung will die Gasspeicherumlage abschaffen. Der Bundestag wird am Donnerstag erstmalig über einen entsprechenden Entwurf debattieren.
Widerrufsbutton
Gesetzentwurf
Gesetzentwurf

Geplante Pflicht zum Widerrufsbutton für Online-Käufe – Ist das Gastgewerbe betroffen?

Widerruf per Klick – so stellt sich die Bundesregierung die Zukunft von Online-Käufen vor. Unternehmen sollen verpflichtet werden, den elektronischen Widerruf per Schaltfläche (Button) zu ermöglichen. Gilt das auch für gastgewerbliche Betriebe?
Lars Klingbeil (SPD) sitzt neben Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Thorsten Frei (CDU)
Energiepolitik
Energiepolitik

Kabinett beschließt Entlastungen für Stromkunden – profitiert auch das Gastgewerbe?

Das Bundeskabinett hat wichtige Vorhaben in der Energiepolitik beschlossen. Milliarden-Zuschüsse sollen die Netzentgelte beim Strom senken. Eine Senkung der Stromsteuer für alle soll es aber vorerst nicht geben.
Zwei Gastronomen bei der Abrechnung
Umfrage
Umfrage

Dehoga schlägt Alarm: „7 Prozent Mehrwertsteuer auf Essen sind überlebenswichtig“

Die Lage im Gastgewerbe ist weiterhin angespannt. Der Dehoga befürchtet das sechste Verlustjahr in Folge für die Branche. Präsident Guido Zöllick fordert daher entschlossenes Handeln der Politik und Steuerfairness.
Bartender kontrolliert Ausweis
Gesetzesänderung
Gesetzesänderung

Bundesregierung will „begleitetes Trinken“ abschaffen: Was bedeutet das für die Gastronomie?

Dass Jugendliche bereits ab 14 Jahren zu bestimmten Bedingungen Alkohol trinken dürfen, ist umstritten. Die Regierung will dieser Praxis nun ein Ende setzen. Was bedeutet das für Gastronomen?