Studie

Hotellerie wird immer abhängiger von OTAs

Nahaufnahme eines Laptops mit einer Buchungsplattform für Hotels
Bei der fünften HOTREC-Studie zum Hotelvertrieb liegt ein besonderes Augenmerk auf der Rolle der Online-Buchungsportale. (Foto: © REDPIXEL/stock.adobe.com)
Der europäische Branchenverband HOTREC hat seine aktuelle, alle zwei Jahre stattfindende Studie zum europäischen Hotelvertriebsmarkt vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Trend, dem man nun entgegenwirken will.
Montag, 27.07.2020, 09:40 Uhr, Autor: Kristina Presser

Die Hotellerie ist mehr denn je abhängig von Online-Buchungsportalen (OTAs) wie Booking.com und Expedia. Diese gewinnen seit 2013 stetig an Einfluss. Dagegen nimmt der Anteil der Direktbuchungen kontinuierlich ab. Das ist das Ergebnis der aktuellen, biennal stattfindenden HOTREC-Studie zum europäischen Hotelvertriebsmarkt, die nun vom Branchenverband vorgestellt wurde. Ziel der Studie ist es, die Entwicklungstendenzen der wichtigsten Distributionskanäle in Europa aufzuzeigen, Marktanteile zu ermitteln und in einem Gesamtkontext zu analysieren. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz Wallis zu Beginn des Jahres 2020 für das Referenzjahr 2019 durchgeführt und basiert auf den Antworten von mehr als 2.800 Hotels aus ganz Europa.

Ergebnisse der HOTREC-Studie

Die aktuellen Auswertungen machen deutlich, dass zwischen 2013 und 2019 der Marktanteil der Online-Buchungsportale im europäischen Hotelvertrieb kontinuierlich von 19,7 Prozent im Jahr 2013 auf 29,9 Prozent im Jahr 2019 gestiegen ist. Gleichzeitig ist der Anteil der Direktbuchungen in ganz Europa um mehr als 10 Prozentpunkte von 57,6 Prozent im Jahr 2013 auf 45,5 Prozent im Jahr 2019 zurückgegangen.

In Deutschland wurden im Jahr 2013 noch 63,7 Prozent aller Übernachtungen über direkte Kanäle (online und offline) im Hotel gebucht, im Jahr 2019 lag der Anteil nur noch bei 58,5 Prozent. Die Online-Buchungsplattformen konnten ihren Anteil dagegen von 20,9 Prozent im Jahr 2013 auf 29,6 Prozent im Jahr 2019 ausbauen.

Die drei Big-OTA-Player

Die drei Hauptakteure auf dem europäischen Markt der Online-Buchungsportale sind nach wie vor Booking Holding Inc., Expedia Group und die HRS Group mit einem aggregierten Marktanteil im Bereich der Online-Buchungsportale von 92 Prozent. Dabei ist die Booking Holding (Booking.com, Agoda) der einflussreichste Akteur in Europa mit einem Marktanteil innerhalb der Online-Buchungsportale von 68,4 Prozent im Jahr 2019 (Deutschland: 66,6 Prozent). Die Portale der Expedia Group (Expedia, Hotels.com, eBookers, Orbitz Travel) weisen 2019 Marktanteile in Europa von 16,3 Prozent auf (Deutschland: 12,3 Prozent). Die HRS Group verzeichnete in Europa dagegen einen stetigen Rückgang – 2019 waren es nur noch 7,2 Prozent (Deutschland: 17,1 Prozent).

Die diesen drei Unternehmen innewohnende Marktmacht schaffe starke Abhängigkeiten für die Hotellerie, wie es in der Zusammenfassung der HOTREC-Marktstudie heißt, und führe häufig zu Konflikten. Die meisten der befragten Hoteliers (56 Prozent) fühlen sich unter Druck gesetzt, die Geschäftsbedingungen der Buchungsportale (etwa in Bezug auf Stornierungsbedingungen und Sonderrabatte) zu akzeptieren, obwohl sie diese freiwillig nicht annehmen würden. Fast 60 Prozent der Hotels hatten schon Meinungsverschiedenheiten mit Online-Buchungsplattformen und nur eines von vier dieser Hotels (26 Prozent) fand bei Konflikten eine faire und wirksame Lösung mit den Portalen.

Marktbedingungen müssen wieder fairer werden

Angesichts der Studienergebnisse betonte Markus Luthe, Vorsitzender der Distribution Working Group von HOTREC und Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA): „Es ist mehr denn je von entscheidender Bedeutung, dass trotz der enormen Ungleichgewichte zwischen den verschiedenen Akteuren die Marktbedingungen wieder fairer und ausgeglichener werden.“ Jeder einzelne Hotelier müsse die Freiheit haben, die Bedingungen für seine eigenen Dienstleistungen selbst festlegen und mit jedem Vertriebspartner fair über Vertragsbedingungen verhandeln zu können.

In diesem Zusammenhang gebe die am 12. Juli 2020 in Kraft getretene Platform-to-Business Regulierung (P2B-Verordnung) Anlass zu Hoffnung, da man erwarte, dass das neue Gesetzeswerk das Marktgebaren der Online-Portale den Hoteliers gegenüber eindämmen werde. Auch der angekündigte Digital Services Act, der die seit 2000 bestehende eCommerce-Richtlinie ablösen soll, könne helfen, die Marktdominanz dieser Akteure zu begrenzen. „Wir glauben, dass dies einen weiteren Schritt in die richtige Richtung darstellen könnte“, ergänzt Luthe.

Kurzfassung der Studie unter: www.hotellerie.de

(HOTREC/KP)

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