Politik muss liefern – Systemgastronomie fordert Verlässlichkeit
BdS-Präsident Matthias Kutzer betonte in seiner Eröffnungsrede die Rolle der Branche als gesellschaftlicher Kitt: „Wir verbinden täglich Millionen Menschen – unabhängig von Herkunft oder Status.“ Die Systemgastronomie beschäftigt rund 120.000 Menschen aus über 150 Nationen. Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten bleibt sie leistungsfähig – ein Verdienst der Unternehmer und ihrer Mitarbeiter.
Doch der BdS macht auch Druck: Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, wie die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen auf 7 Prozent, müssten endlich umgesetzt werden. Ebenso forderte Kutzer den Abbau überbordender Bürokratie und die Erweiterung digitaler Prozesse, etwa bei Arbeitsverträgen. Klare Ablehnung äußerte er gegenüber lokalen Verpackungssteuern und politischen Eingriffen in die Tarifautonomie: „Unsere Tarifbindung ist ein Erfolgsmodell – das darf nicht gefährdet werden.“
Politik: Mehr Mut, weniger Ankündigungen
Die wirtschaftliche Relevanz der Branche unterstrich auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr: „Die Systemgastronomie schafft Jobs, investiert regional – das ist Wirtschaftskraft zum Anfassen.“ In seiner engagierten Rede forderte er mehr Mut zur Mitte: weniger Bürokratie, eine Modernisierung des Arbeitsrechts und steuerpolitische Fairness. Die Gleichbehandlung bei der Mehrwertsteuer sei eine Frage der Gerechtigkeit – unabhängig vom Ort des Konsums.
Auch das Thema Einwanderung war zentral: Deutschland müsse den demografischen Wandel ernst nehmen und den Zuzug von Fachkräften deutlich vereinfachen. „Es muss einfacher sein, zum Arbeiten nach Deutschland zu kommen als zum Nicht-Arbeiten“, so Dürr. Zudem plädierte er für mehr Flexibilität bei Arbeitszeitmodellen und eine Reform der Altersvorsorge mit stärkeren kapitalgedeckten Elementen.
„Die Wirtschaft wartet nicht“
Dr. Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDS), würdigte die Systemgastronomie als Paradebeispiel für soziale Marktwirtschaft: Sie ermögliche Aufstieg, setze Maßstäbe bei Effizienz und Digitalisierung – und sei als Jobmotor unverzichtbar. Doch auch er mahnte konkrete Reformschritte an. Die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz müsse jetzt liefern: „Deutschland braucht keine Ankündigungen, sondern Umsetzung.“
Dulger warnte zudem vor steigenden Lohnzusatzkosten und populistischen Sozialversprechen ohne Finanzierung. Besonders scharf kritisierte er die Debatte um eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro: Das gefährde bestehende Tarifverträge und untergrabe die Tarifautonomie – gerade in der Systemgastronomie.
Tourismuspolitik mit Bodenhaftung
Die frisch gewählte Tourismusausschuss-Vorsitzende Anja Karliczek stellte die gesellschaftliche Bedeutung gastronomischer Betriebe heraus. Sie seien Orte des Miteinanders – gerade im ländlichen Raum. Die Politik müsse diese Rolle stärker anerkennen, betonte Karliczek, die selbst gastronomische Wurzeln hat. Sie forderte Vertrauen in politische Zusagen und pragmatische Lösungen für Betriebe, die unter Nachfolgeproblemen und wirtschaftlichem Druck leiden.
Zwischen Stagnation und Chancen
Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Michael Hüther zeichnete ein umfassenderes Bild: Deutschland befinde sich in einer Phase struktureller Stagnation, ausgelöst durch geopolitische Spannungen, investitionsfeindliche Rahmenbedingungen und Reformstau. Dennoch sieht Hüther Chancen: „Deutschland hat stabile Institutionen, technologisches Know-how und eine resiliente Gesellschaft – wir müssen diese Stärken jetzt strategisch nutzen.“
Konsumverhalten im Wandel
Dass die Systemgastronomie trotz Konsumzurückhaltung robust bleibt, zeigte Branchenanalyst Jochen Pinsker von Circana. Ihr Marktanteil liege bei 45 Prozent. Besonders erfolgreich: „To-Go-Angebote, Lieferdienste und digitale Bestellprozesse, die nicht nur den Umsatz steigern, sondern auch dem Personalmangel entgegenwirken.“ Potenzial sieht Pinsker bei jungen Erwachsenen, aktiven Senioren und im Frühstückssegment.
Polit-Talk mit Tiefgang
Erstmals wurde der BdS-Politiktalk „Pizza, Burger, Politik“ live vor Ort ausgetragen. BdS-Vizepräsident Ingo Gugisch diskutierte mit DGB-Vize Elke Hannack, SPD-Politiker Bernd Rützel, dem CSU-Abgeordnetem Peter Aumer und der McDonald’s-Franchisenehmerin Maike Neuenroth. Thema war unter anderem die überbordende Bürokratie im Betriebsalltag. Gugisch forderte klare politische Vorgaben: „2025 darf niemand mehr Personalunterlagen ausdrucken und einscannen müssen.“
Bei der Arbeitszeitflexibilisierung gingen die Meinungen auseinander: Während Hannack Schutzregelungen betonte, plädierten Neuenroth und Gugisch für flexible, lebensnahe Modelle. Einigkeit herrschte beim Thema Fachkräftemangel: Zuwanderung sei unverzichtbar, dürfe aber nicht an überholten Prozessen scheitern.
Jetzt ist die Politik am Zug
Die Mitgliederversammlung 2025 hat gezeigt: Die Systemgastronomie ist wirtschaftlich stark, gesellschaftlich relevant – und politisch klar positioniert. Sie fordert Verlässlichkeit statt Versprechen, Umsetzung statt Ankündigung.
BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert kündigte an, den politischen Dialog weiterhin konstruktiv, aber hartnäckig zu führen: „Nur mit verlässlichen Rahmenbedingungen kann die Systemgastronomie ihre Rolle als Brückenbauer auch in Zukunft erfüllen.“
(KAGI)