Einseitige Bewertung

Verpackungssteuer in Konstanz: Kritik an vorschnellem Fazit

Gastronom übergibt Bestellung zum Mitnehmen
Seit Einführung der Verpackungssteuer berichten viele gastronomische Betriebe von einem Gästerückgang, wie Branchenverbände herausstellen. (Foto: © baranq/stock.adobe.com)
Ein vorläufiges Fazit sorgt für Kritik: Die Stadt Konstanz verweist auf ein rückläufiges Müllaufkommen seit der Einführung der Verpackungssteuer zu Jahresbeginn. Branchenverbände wie der BdS sehen darin eine einseitige Bewertung ohne solide Datengrundlage – und warnen vor negativen Folgen für Gastronomie, Beschäftigte und Verbraucher.
Montag, 13.10.2025, 10:04 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Die Stadt Konstanz hat laut einer aktuellen Pressemeldung ein vorläufig positives Fazit zur seit Jahresbeginn geltenden Verpackungssteuer gezogen. Sie verweist auf ein rückläufiges Müllaufkommen.

Nach Ansicht der Branchenverbände Bundesverband der Systemgastronomie e.V. (BdS) und Bäckerinnungsverband Südwest lässt die Stadt dabei jedoch zentrale Aspekte der angekündigten Evaluation außen vor: die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Gastronomiebetriebe sowie auf Verbraucher. Zudem stütze sich die Analyse lediglich auf Daten aus wenigen Monaten – zu wenig für ein belastbares Fazit, wie die Verbände kritisieren. 

Wirtschaftliche Auswirkungen 

„Dass einzelne Zwischenergebnisse öffentlich gemacht werden, bevor die umfassende Evaluation abgeschlossen ist, irritiert sehr“, betont Kristina Harrer-Kouliev, Leiterin der Rechtsabteilung des BdS. „Eine seriöse Bewertung setzt voraus, dass alle relevanten Fakten auf dem Tisch liegen.“

Zahlreiche gastronomische Betriebe in Konstanz würden seit Einführung der Steuer von einem deutlichen Gästerückgang berichten. Die zusätzliche Abgabe verteuere Take-away-Angebote zum Teil um bis zu 30 Prozent und führe so zu spürbarer Kaufzurückhaltung. Besonders betroffen seien kleine und mittelständische Betriebe und damit auch ihre Beschäftigten sowie die Bürger. 

Nachfrage nach Mehrwert bewege sich auf niedrigem Niveau

Auch die gewünschte Lenkungswirkung in Richtung Mehrweg bleibt nach Ansicht der Verbände bislang aus: Zwar böten viele Betriebe entsprechende Alternativen an, die Nachfrage liege jedoch weiterhin auf niedrigem Niveau - ähnlich wie im übrigen Bundesgebiet.

„Wir teilen das Ziel, Abfall zu vermeiden und nachhaltige Angebote zu stärken“, sagt Stefan Körber, Hauptgeschäftsführer des Bäckerinnungsverbands Südwest. „Doch eine Steuer, die Betriebe belastet, Arbeitsplätze gefährdet und Preise erhöht, ist der falsche Weg. Nachhaltigkeit gelingt nur im Schulterschluss mit der Wirtschaft und den Bürgern gemeinsam und nicht gegen sie.“ 

Appell an die Stadt Konstanz

Die unterzeichnenden Verbände appellieren an die Stadt Konstanz, die angekündigte Evaluation vollständig abzuschließen und die Ergebnisse ausgewogen zu bewerten. Nur auf dieser Grundlage sowie eines angemessenen Erhebungszeitraums könne eine sachliche politische und öffentliche Diskussion geführt werden, die alle Seiten berücksichtigt – ökologische wie wirtschaftliche.

(BdS/SAKL)

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