Studie

10 Handlungsempfehlungen für mehr Nachhaltigkeit in Kantinen und Mensen

Frau gibt einer Schülerin in der Mensa Mittagessen aus.
Die Studie „BioRegioKantine“ hat untersucht, wie in Kantinen und Mensen mehr bioregionale Produkte serviert werden können. (Foto: © Africa Studio/stock.adobe.com)
Forscher der Universität Hohenheim haben untersucht, wie bioregionale Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung häufiger auf den Teller kommen können. Das Ergebnis: zehn konkrete Empfehlungen für die Praxis.
Dienstag, 10.06.2025, 13:19 Uhr, Autor: Sarah Hoffmann

Rund 15 bis 18 Millionen Menschen essen in Deutschland täglich in Kantinen und Mensen außer Haus. Damit ist die Gemeinschaftsverpflegung ein wichtiger Hebel für eine Transformation des Ernährungssystems. Das Land Baden-Württemberg hat sich vorgenommen, den Anteil bioregionaler Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent zu steigern.

„Es gibt inzwischen zwar eine ganze Reihe von einzelnen Best Practice-Beispielen, aber in der Breite kommt die Umsetzung nur in kleinen Schritten voran“, erläutert Dr. Birgit Hoinle vom Fachgebiet Gesellschaftliche Transformation und Landwirtschaft an der Universität Hohenheim.

Studie „BioRegioKantine“

Aus diesem Grund hat die Forscherin – zusammen mit dem Zentrum Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim und der Ökonsult GbR – eine Studie mit dem Titel „BioRegioKantine“ zu diesem Thema erstellt.

Zunächst identifizierten die Beteiligten Erfolgs- und Hemmfaktoren für den Einsatz bioregionaler Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung. Dafür wurden wissenschaftliche Artikel aus dem europäischen Raum sowie Projektberichte im deutschsprachigen Kontext ausgewertet und Experten aus Ernährungswirtschaft, Stadtverwaltungen, Biomusterregionen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zu ihrer Einschätzung befragt. 

„Daraus wiederum haben wir zehn konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet“, berichtet Dr. Hoinle.

Das Ergebnis: Bioregionale Produkte könnten in der Gemeinschaftsverpflegung öfter serviert werden – wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Entscheidend sind unter anderem eine enge Zusammenarbeit der Beteiligten, politischer Wille, klare Zielvorgaben und deren Umsetzung in Vergabeverfahren.

Ebenso wichtig: eine stärker pflanzenbasierte Speiseplanung und der Dialog mit den Tischgästen. Doch es gibt auch Hürden, etwa der Mangel an verfügbaren, vorverarbeiteten Produkten oder knappe Budgets. 

Zehn Handlungsempfehlungen

Die resultierenden Empfehlungen können als Bausteine für eine Transformationsstrategie dienen. „Sie umfassen regulatorische und finanzielle Instrumente sowie Maßnahmen zur Kooperation entlang der Wertschöpfungskette, zur Transformation in den Küchen und zur Bildung und Kommunikation“, fasst Andreas Greiner von Ökonsult zusammen. 

  1. Klare politische Zielvorgaben: Gesetzliche Regelungen können effizienter als freiwillige Vereinbarungen wirken, da Anbieter ihre Produkte danach ausrichten müssen.
  2. Bio und Regionalität in Vergabeverfahren: Nachhaltigkeit kann über Vergabeverfahren wirkungsvoll verankert werden.
  3. Frischeküchen und kommunale Eigenbetriebe fördern: Das soll eine nachhaltigere Menüplanung und direkte Kooperationen mit regionalen Erzeugern erleichtern.
  4. Koordinationsstellen zur Vernetzung institutionalisieren: Eine kontinuierliche Vernetzungsarbeit vor Ort sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Voraussetzung dafür sind dauerhaft finanzierte Stellen.
  5. Logistik- und Bündelungsstrukturen optimieren: Logistische Hürden würden die Verbreitung bioregionaler Produkte im Großhandel behindern. Kleinbetriebe würden gebündelte Lieferwege benötigen, um Zugang zum Großhandel zu erhalten.
  6. Digitale Werkzeuge gezielt weiterentwickeln: Digitale Plattformen können Angebot und Nachfrage bioregionaler Waren verbinden. Dafür brauche es wirtschaftlich tragfähige Modelle, breite Nutzung und eine systematische Weiterentwicklung.
  7. KMU für die Vorverarbeitung fördern: Großküchen benötigen vorverarbeitete Produkte. Doch die mangelnde Verfügbarkeit von aufbereiteten bioregionalen Produkten gelte als zentrales Hemmnis. Daher sollten KMU und Start-ups in diesem Bereich gefördert werden.
  8. Fortbildungen und Coachings zu nachhaltiger Gemeinschaftsverpflegung: Schulungen, Beratung und Austauschformate können die Kompetenz der Mitarbeiter stärken.
  9. Küchenberufe attraktiver machen: Gute Ausbildung, faire Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung seien entscheidend, um Fachkräfte für die Großküche zu gewinnen und zu halten.
  10. Ernährungsumgebungen nachhaltig gestalten: Tischgäste wollen mitgenommen werden. Eine bloße Menüplan-Umstellung reiche nicht – Veränderungen sollen aktiv kommuniziert werden. 

Hintergrund: BioRegioKantine

Das Projekt BioRegioKantine wurde von Februar 2024 bis April 2025 vom Fachgebiet Gesellschaftliche Transformation und Landwirtschaft der Universität Hohenheim (Leitung: Prof. Dr. Claudia Bieling), dem Zentrum für Ökologischen Landbau sowie dem Beratungsunternehmen Ökonsult durchgeführt. Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg förderte es finanziell.

(Universität Hohenheim/SAHO)

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