Johann Lafer über Geschmack, den Gastro-Nachwuchs und die Mehrwertsteuer
Sie haben heute zu einer exklusiven Gartenparty eingeladen. Was hat Ihnen besonders gut gefallen?
Ich bin mit Leib und Seele Koch und verfolge eine gewisse Art meiner Philosophie des Kochens. Leider denkt man aber sehr selten oder nicht präzise genug daran, was man zum Essen trinken soll. Als die Anfrage an mich herangetragen wurde, dass ich mal darüber nachdenken soll, was bei einem gewissen Spektrum an Weinen von meiner Seite aus kulinarisch präsentiert werden kann, war das für mich schon eine Herausforderung. Denn ich musste mir einmal ganz bewusst überlegen und darüber nachdenken, was man als Grundprodukte einsetzen möchte und muss, um am Ende eine gewisse Harmonie mit den Weinen zu kreieren. Aber ich habe den Eindruck, dass es in den meisten Fällen ganz gut gelungen ist.
Sie sind Koch aus Leidenschaft, das merkt man gleich. Wie geben Sie diese Passion an den Nachwuchs weiter?
Ich habe zum Beispiel letzte Woche in der Berufsschule in Bernkastel-Kues mit Auszubildenden einen Tag gekocht. Dabei habe ich ihnen von meinem Leben erzählt und ihnen Perspektiven aufgezeigt, damit diese Menschen einfach mal das Gefühl entwickeln können, dass nicht alles so schlimm ist, wie es dargestellt wird. Ich habe das Gefühl, dass diese Menschen oft auch nicht richtig aufgeklärt oder informiert werden, welche Chancen man tatsächlich hat. Und durch den Personalmangel werden auch oft Mitarbeiter über Gebühr belastet und überfordert, sodass sie dann irgendwann keine Lust mehr haben, den Beruf weiterzumachen und hinschmeißen. Da bin ich vehement dagegen. Und wenn wir als Vorbilder in der Branche uns nicht bemühen würden oder nicht dafür einsetzen und alles dafür tun würden, dass Menschen nicht nur studieren, sondern auch einen Handwerksberuf lernen, dann würde ich ein sehr schlechtes Gewissen haben.
Wo sehen Sie denn vielleicht eine Lösung, um wieder mehr Nachwuchstalente für die Gastro-Branche zu begeistern?
Es stimmt mich sehr traurig, dass wir öffentlichen Köche aus dem Fernsehen und darüber hinaus, es nicht geschafft haben, die Leute zu begeistern; so wie das zum Beispiel beim Fußball oder anderen Sportarten der Fall ist. Es ist uns nicht gelungen, eine solche Euphorie auch für die Küche auszulösen. Ich weiß nicht, warum. Offensichtlich habe ich in der Vergangenheit viele Fehler gemacht, die sich heute rächen. Und ich muss auch sagen, wir brauchen ganz viele Vorbilder. Ich glaube, der Fußball macht es uns vor: Die Stars motivieren hier junge Menschen, ebenfalls Stars werden zu wollen. Und wenn uns das in der Gastronomie ähnlich gelingen würde, dann würde ich sagen, haben wir sicherlich einen Schritt nach vorn geschafft. Aber zurzeit ist auch die ganze Arbeit an der Spitze meines Erachtens nicht richtig. Da muss viel mehr Image-Arbeit betrieben werden, eine emotionale Euphorie auszulösen. Und das geht nur mit sehr viel Nachdruck und mit sehr viel Detailarbeit.
Wie können Sie denn hierfür einen Anstoß geben?
Ich versuche schon vieles zu machen, aber das geht nur gemeinsam. Das geht nur von ganz oben nach unten und von unten nach oben. Das beginnt bei der Ausbildungsverordnung, das beginnt bei der Behandlung von Mitarbeitern. Kochen ist so vielfältig und bietet eine große Bandbreite, sodass man auch nicht bei allem, was die Menschen in diesem Berufsfeld machen müssen, von kochen sprechen kann. Und deswegen glaube ich, muss man einfach mal die Möglichkeiten aufzeigen, was dieser Beruf für eine Bandbreite bietet und auch den jungen Leuten eine Chance geben, diese Bandbreite kennenzulernen. Aber wenn man jeden Tag immer das Gleiche macht und keine Abwechslung hat, dann ist es so monoton, dass man auch kein Koch mehr ist.
Ein weiteres Thema, das die Branche derzeit sehr beschäftigt, ist die Forderung nach dem Beibehalten der reduzierten Mehrwertsteuer. Wie stehen Sie hierzu?
Die reduzierte Mehrwertsteuer von sieben Prozent ist natürlich ein wirtschaftlicher Vorteil und ich finde, wenn Kondome oder Pornoheftchen sieben Prozent Mehrwertsteuer haben, dann kann es nicht sein, dass Essen 19 Prozent hat. Das ist ein Ungleichgewicht in der gesellschaftlichen Bewertung bestimmter Ausgaben. Aber man muss auch fairerweise sagen, dass der Konsument und auch der Gastronom viele Jahre nicht ehrlich mit sich umgegangen ist. So wurden manchmal auch Dinge zu Konditionen verkauft, die nicht fair waren und auch nicht zu dem wirtschaftlichen Erfolg geführt haben, den man eigentlich haben müsste. So haben zum Beispiel Familienbetriebe ihre eigene Arbeitsleistung nicht berechnet und vieles mehr. Und man muss auch fairerweise sagen, dass die Gäste ebenfalls lernen müssen, dass Essen – gerade auch durch die Erhöhung der Lebensmittelpreise und durch die neuen Personalkosten – auch etwas kosten muss und darf. Dementsprechend müssen Gäste lernen, dass sich die Wertschätzung für gute Qualität und für gutes Essen auch in Form der Rechnung widerspiegeln muss. Man kann ja auch nicht mit einem VW-Käfer Formel 1 fahren. Das wird nicht funktionieren.
Zu guter Letzt: Sie kennen bestimmt auch unser HOGAPAGE-Magazin. Was gefällt Ihnen besonders gut daran?
Wenn man einen Gesamtüberblick über die Gastronomie und die Hotellerie in Deutschland haben möchte und wenn man wirklich auch schauen möchte, was in der Branche passiert, funktioniert und was wo stattfindet, dann kommt man an dieser Zeitschrift nicht vorbei. Das ist ein Magazin, das man einfach genauso liest, um sich immer wieder zu informieren und zu erfahren, was aktuell in der Branche geschieht und was wichtige Faktoren sind, die in Zukunft oder auch in der Gegenwart passieren. HOGAPAGE ist für mich ein Informationsmagazin, das ich einfach lesen muss, damit ich auf dem aktuellen Stand bin und bleibe.
Vielen Dank für das tolle Gespräch, Herr Lafer.
(SAKL)