Lösungsansätze

Mit Kochroboter und Gratis-Tattoos gegen den Fachkräftemangel

Kochroboter
Im Lieblingsplatz-Hotel in Grömitz bei Lübeck kocht bereits ein Roboter. (Foto: © picture alliance/dpa | Markus Scholz)
Nach wie vor ist der Fachkräftemangel eine der größten Herausforderungen im Gastgewerbe. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch. Und so setzen viele Hoteliers und Gastronomen auf kreative Ideen und unkonventionelle Lösungen, um dem Personalmangel in der Branche entgegenzuwirken. 
Donnerstag, 16.11.2023, 13:16 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Pasta- und Reisgerichte beherrscht der neue Koch im Lieblingsplatz-Hotel in Grömitz bei Lübeck bereits. „Er könnte aber genauso gut eine Currywurst oder eine Sushi Bowl machen“, sagt Hotelier Niels Battenfeld.

Dabei kocht hier kein Mensch, sondern ein Roboter. 250.000 Euro hat sich Battenfeld die vier mal zwei Meter große Maschine kosten lassen, mit der er dem Fachkräftemangel in der Branche trotzt.

Beim ersten Kontakt seien die Gäste noch skeptisch, räumt Battenfeld ein. „Am zweiten Tag ist das aber schon ganz selbstverständlich.“ Bestellt wird per App oder auf dem Display am Automaten, die Maschine wirft dann die vorgegarten Zutaten in den Topf und bereite das Essen frisch zu. „Genauso wie ein richtiger Koch“, sagt Battenfeld.

Natürlich sei der Roboter kein Spitzenkoch, schaffe aber bis zu 100 Portionen pro Stunde. Auch die knappe Karte von bisher nur sechs Gerichten soll schnell auf 15 bis 20 wachsen – bis zu 120 wären möglich.

Fachkräftemangel – ein großes Problem in der Branche

Mit dem kochenden Roboter ist Battenfeld noch ein Exot. Doch mit dem Problem, dass Hotels und Gaststätten kaum noch Mitarbeiter finden, ist er nicht allein. Bundesweit fehlen im Gastgewerbe 65.000 Mitarbeiter, schätzt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga.

Für die Branche sei dies derzeit das größte Problem, sagt Enno Schmoll, der an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven Tourismuswirtschaft lehrt. „Und es ist bisher nicht abzusehen, dass sich dies grundsätzlich ändern wird.“

Laut einer Dehoga-Umfrage von Dezember 2022 mussten bereits fast drei Viertel der Befragten ihre Öffnungszeiten einschränken, fast die Hälfte hatte das Angebot auf der Karte reduziert.

Mit Tattoos und Prämien um neue Mitarbeiter werben

Um überhaupt noch Mitarbeiter zu finden, greifen manche Hoteliers zu drastischen Maßnahmen. Das Landhotel Gut Thansen in Soderstorf in der Lüneburger Heide lobt für neue Köche und Servicekräfte im Spätdienst bis zu 11.000 Euro Prämie aus, die verteilt auf drei Jahre ausgezahlt wird. Bisher habe er so immerhin zwei Köche und eine Servicekraft gewinnen können, berichtet Geschäftsführer Philipp von Stumm.

Die Münchener Hotelkette Ruby wirbt seit Mitte 2022 mit Gratis-Tattoos um neue Mitarbeiter. „In den ersten Monaten der Kampagne hatten wir sofort 25 Prozent mehr Bewerbungen“, berichtet Sprecherin Kristin Lingner. Darunter viele Quereinsteiger, die man mit der Aktion gezielt anlocken wollte. „Die Gastronomie gilt ja immer noch als etwas verstaubt, viele wollen gar nicht, dass man Tattoos sieht.“ Bei Ruby sei das anders. „Das wollten wir mit der Kampagne auch zeigen.“

Sind Willkommensprämien der richtige Weg?

Von reinen Willkommensprämien hält Tourismusexperte Schmoll allerdings wenig. „Wenn einer wegen Geld kommt, geht er auch wieder wegen Geld.“ Wichtiger seien weiche Faktoren wie Arbeitsbedingungen und Teamgeist. Und wie neue Mitarbeiter an ihrem Arbeitsort aufgenommen werden. „Man muss ihnen die Möglichkeit geben, nicht nur dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, sondern auch dort zu leben“, sagt Schmoll.

Bewährt habe sich hier zuletzt auch die Vier-Tage-Woche bei gleicher Wochenarbeitszeit. Betriebe, die sie eingeführt haben, hätten seither keinen Arbeitskräftemangel mehr, berichtet Schmoll. „Das zieht noch, lässt sich aber nicht bei allen umsetzen.“

Dass Service-Roboter einmal die Lücken schließen, kann er sich dagegen nur schwer vorstellen. „Wenn ich in Urlaub bin, brauche ich das Menschliche. Das wird man nicht durch Roboter ersetzen können.“

Battenfeld ist vom Roboter überzeugt

Hotelier Battenfeld ist dagegen überzeugt von seinem Konzept, das er nun auf alle zwölf Standorte seiner kleinen Hotelkette Lieblingsplatz ausrollen will. „Der Roboter soll den Menschen aber nicht ersetzen, sondern entlasten.“

Auch das Haus in Grömitz sei trotz Robo-Koch und automatisiertem Check-in alles andere als menschenleer. Zwar komme man mit bis zu einem Drittel weniger Personal aus. „Das war aber gar nicht das Hauptziel. Wir brauchen immer Leute, damit die Seele des Hauses nicht auf der Strecke bleibt.“

Zwölf Mitarbeiter gebe es in dem im Juli neu eröffneten Haus in Grömitz trotzdem, darunter auch ein Koch und zwei weitere Küchenkräfte. Nur, dass diese sich nun um Logistik und Qualitätskontrolle kümmern und nicht mehr den ganzen Tag selbst am Herd stehen. „Damit ändern wir das Jobprofil“, hofft Battenfeld. „Und das macht den Job dann wieder interessant.“

Ein Traum wird für ihn aber bisweilen unerfüllt bleiben: „Mein Wunsch wäre ein Housekeeping-Roboter“, sagt Battenfeld, der selbst Hotelfachmann gelernt hat. „Das ist ja wirklich ein harter Job.“

Bisher sei es aber noch keinem Hersteller gelungen, einen Roboter zu entwickeln, der nicht nur saugt und wischt, sondern auch die Betten bezieht, das Bad putzt und den Müll herunterträgt. „Das wäre die eierlegende Wollmilchsau.“

(dpa/SAKL)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Lena Iyigün, Vorstandsvorsitzende der IGF, Mananya Chantarabamroong, Mit-Inhaberin BKK Thai Street Food und des Restaurants Bangkok, Metin Lierz, Geschäftsführer Mezze & More
Fachkräftemangel
Fachkräftemangel

„Ausländerbehörde ist Wirtschaftsfaktor“: IGF begrüßt Aussage von Wirtschaftsdezernentin Wüst

Der Entwurf für den Doppelhaushalt 2024/2025 der Stadt Frankfurt steht. Der Magistrat hat sich über die wichtigsten Eckwerte verständigt. In diesem Zusammenhang und mit Blick auf den Fachkräftemangel begrüßt die Initiative Gastronomie Frankfurt ausdrücklich die Aussage von Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst.
Gast in einem Restaurant schaut verärgert auf sein Handy.
Studie
Studie

Wie sich der Fachkräftemangel auf Online-Bewertungen auswirkt

Kritischere Restaurantgäste: Nicht immer zeigen Gäste Verständnis für den Fachkräftemangel. Es folgt daher eine negativere Restaurantbewertung. Diesen Umstand verdeutlicht eine Auswertung von knapp einer halben Million Restaurantbewertungen.
Gastronomen mit kreativen Ideen
Innovationen
Innovationen

Fachkräftemangel und Energiekrise: Gastronomen mit kreativen Ideen

Nach der Corona-Pandemie und trotz der Energiekrise richten sich Brandenburgs Gastronomen wieder neu aus. Sie starten optimistisch in die neue Saison und setzen auf so manche Innovation.
Der Kochroboter von GoodBytz kann warme und kalte Speisen zubereiten.
Internorga 2023
Internorga 2023

Sodexo startet Pilotprojekt mit Robo-Kitchen

Sodexo und GoodBytz haben auf der Fachmesse Internorga 2023 eine exklusive Partnerschaft bekannt gegeben. Sodexo sieht in der Erfindung des Hamburger Start-ups eine gewaltige Chance. Was kann die vollautomatisierte Küche leisten?
v. l. n. r.: Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und Heimat, Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz und Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, bei einer Pressekonferenz zur Fachkräfte-Einwanderung (Foto: © picture alliance/dpa | Michael Kappeler)
Personalmangel
Personalmangel

So soll die Arbeitskräfte-Einwanderung erleichtert werden

Vielen Unternehmen fällt es zurzeit schwer, Stellen zu besetzen – insbesondere auch Hotel- und Gastronomiebetrieben. Die Bundesregierung will daher die Zuwanderung von Fachkräften ankurbeln. Ein entsprechender Plan wurde am 30. November vom Kabinett verabschiedet.
Koch und Auszubildende beim Anrichten in der Küche
Interview
Interview

Die jungen Generationen vom Gastgewerbe überzeugen

Neue Generation, neue Standards: Was die Gen Z und Millennials in der Hospitality-Branche voraussetzen und wie sich das Gastgewerbe aufstellen sollte, um junge Talente in der Branche zu halten, erklärt Michael Scheiblich von Planday im Interview mit HOGAPAGE.
Küchen-Roboter
Digitalisierung
Digitalisierung

Automatisiertes Kochen mit Aramark

Pasta, Bowls und Salate auf Knopfdruck? Aramark revolutioniert die Betriebsgastronomie. Im kommenden Frühjahr bringt das Cateringunternehmen als erstes in Deutschland vollautomatisierte Küchen-Roboter in die Betriebsrestaurants.