Restaurantkonzept

New York: In diesem Restaurant kochen die Großmütter

Frau kocht im Enoteca Maria auf Staten Island
Im Enoteca Maria auf Staten Island kochen Großmütter traditionelle italienische Gerichte. (© dpa)
Bei Mutter schmeckt´s immer noch am besten – und bei der Großmutter ist jedes Gericht ein Gedicht. Dieses ungeschriebene Küchen-Gesetz macht sich ein italienischer Gastronom zu Nutze und lässt die „Nonnas“ an den Herd.
Donnerstag, 23.03.2017, 11:41 Uhr, Autor: Felix Lauther

Für Joe Scaravella hat das italienische Wort für „Großmutter“ oder „Oma“ nicht unbedingt mit Enkelkindern und Stammbäumen zu tun, sondern mit Kochkunst und alten Familienrezepten. In seinem New Yorker Restaurant stehen ausschließlich Nonnas am Herd – Frauen, die das Kochen zwar nie professionell gelernt haben, es aber schon viele Jahre und vor allem mit Leidenschaft tun.

5 Tage die Woche kochen die „Nonnas“ auf Staten Island
„Enoteca Maria“ heißt das kleine Restaurant im historischen Bezirk auf Staten Island, in dem nicht in einer, sondern gleich in zwei Küchen mittwochs bis sonntags Nonnas am Werk sind: In der einen bereiten italienische Nonnas – oder Nonne wie Großmütter eigentlich in Italien heißen – Pasta-Klassiker und Spezialitäten wie Kaninchenbraten in Weißwein zu. In der anderen kochen täglich wechselnde Nonnas – aus allen möglichen Ländern. Griechenland und Polen, Argentinien und Venezuela, Tschechien und Weißrussland, selbst Bangladesch und Kasachstan waren schon vertreten. Die Gerichte schlagen die Frauen selbst vor.

„Das Alter ist eine Metapher. Man muss nicht wirklich ein Enkelkind haben, es bedeutet Erfahrung“, sagt Scaravella, dessen Eltern aus Italien stammen. Sowohl die Heimat seines Vaters in Piacenza und seiner Mutter in Sizilien hat er mehrfach besucht. „Meine Verbindung zum Essen hat mich an diesen Ort geführt, so identifiziere ich mich mit meiner Kultur. Diese Gerüche in der Küche setzen deine Erinnerung wirklich in Gang.“ Und Erinnerungen aus Jugend- oder Kindheitstagen und an die (groß)elterliche Küche will er auch bei den Gästen wecken.

Für den in Brooklyn aufgewachsenen Unternehmer mit dem weißen Vollbart ist es etwa „Capuzzelle“ – ein mit Brotkrumen, Rosmarin, Gemüse und Knoblauch gefüllter Schafskopf samt Hirn und Zunge. „Ich erinnere mich lebhaft daran, wie mein Großvater das Auge mit der Gabel herausschraubte und wie traumatisiert ich war“, sagt er. Gäste recken die Hälse, wenn in der Enoteca wieder einer der dunklen Tierschädel am Nebentisch serviert wird.

Das „Enoteca Maria“ will „einfach“ kochen
Für die aus der Küstenstadt Oran in Algerien stammende Habiba Hachemi hat dagegen der Couscous mit Rosinen, gekochtem Huhn und Gemüse, der heute auf der Karte steht, einen nostalgischen Wert. „Ich war 14 Jahre alt, als meine Mutter mir das Kochen beibrachte. Meinte Tochter kocht auch, sie macht alles“, sagt. Hachemi. Die beiden erfuhren über das Internet vom Restaurant und stellten sich vor, seitdem zählt Habiba zur Gruppe der wechselnden Nonnas, erzählt sie in der Küche.

Anders als bei privaten Kochclubs und so manchen neu eröffneten Restaurants, die sich mit ausgefallenen Kreationen übertrumpfen wollen, regiert in der „Enoteca Maria“ das Gesetz der Einfachheit. „Ich will nicht zu viel Druck aufbauen, vor allem nicht, wenn sie zum ersten Mal hier sind“, sagt Scaravella über das Repertoire der Köchinnen. Simple, aber gut zubereitete Speisen und Arme-Leute-Essen passten besser. „Ich sage ihnen immer, ich will nichts Kompliziertes.“

Scaravella hofft, die Menschen mit seinem etwas ungewöhnlichen Restaurant zusammenbringen zu können – er arbeitet auch mit Nonnas aus den palästinensischen Autonomiegebieten, aus Syrien und Ägypten. „Heute versuchen alle, uns auf so vielen verschiedenen Ebenen zu spalten. Wir müssen jede Kultur feiern.“ (dpa / FL)

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