Reportage

Zittern um Traube Tonbach-Sterne

Torsten Michel, Küchenchef der Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach
Torsten Michel, Küchenchef der Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach in einer Küche des Hauses. (© picture alliance/Uli Deck/dpa)
Vier Michelin-Sterne unter einem Dach gibt es kein zweites Mal in Deutschland. Doch was passiert mit den Sterne-Restaurants „Schwarzwaldstube“ und „Köhlerstube“ nach dem verheerenden Feuer? 
Mittwoch, 19.02.2020, 10:04 Uhr, Autor: Thomas Hack

Fast behutsam zieht der Bagger einen etwa drei Meter langen Stahlträger aus der Ruine, die noch zum Jahreswechsel eines der Feinschmecker-Traumziele in Deutschland war. Wenn die Reste des abgebrannten Stammhauses des Hotels Traube Tonbach abgetragen sind, soll Neues entstehen, der alte Glanz wiederaufleben. „Wie eine Tochter, in der man die Mutter erkennt“, sagt Juniorchef Matthias Finkbeiner. Und sein Zeitplan ist mehr als ehrgeizig: In 18 Monaten sollen die Küchenchefs Torsten Michel und Florian Stolte ihre Sternerestaurants Schwarzwaldstube und Köhlerstube zurück haben. Das gehe nur, weil die Gemeinde schnell die Genehmigungen erteile, ein eingespieltes Architektenteam da sei und alle Handwerker voll mitzögen, lässt Heiner Finkbeiner dazu verlauten. Die Zeit dränge aber auch, weil die Versicherung nur für maximal zwei Jahre die Ausfallkosten trägt. Es geht um mehrere Dutzend Mitarbeiter, denen der 71-Jährige Patron des Unternehmens eine Jobgarantie gegeben hat.

Stolte will Stern verteidigen

Warum im Januar das Feuer ausgebrochen ist, weiß bis heute niemand genau, denn mögliche Beweise für einen technischen Defekt wurden vernichtet. Und doch Erleichterung in der Katastrophe: Niemand ist in dem Gebäude, niemand wurde verletzt. Viele hätten geweint an diesem Morgen, aber das Hotel war voller Gäste und es musste weitergehen. „Da galt es, der Aufgabe gerecht zu werden, wie eine Mauer zu stehen“, erinnert sich der Juniorchef. Schon ein paar Tage später sind die Pläne zumindest für die Übergangszeit fertig. Stolte bewirtet seit Anfang Februar seine Gäste in einem Teil das Hausrestaurants Silberberg und nutzt auch dessen Küche. „Es ist jetzt etwas enger als sonst, man arrangiert sich“, sagt Küchendirektor Jürgen Reidt. Für Stolte ist der Verlust der Köhlerstube besonders bitter. Erst im vergangenen Jahr hatte der 35-Jährige mit seinem Team erstmals einen Michelin-Stern erkocht. Jetzt will der er zeigen, dass er ihn auch unter diesen Bedingungen verteidigen kann.

Guide Michelin schweigt sich aus

Anfang März erscheint die neue Ausgabe des Guide Michelin. Behalten die beiden abgebrannten Restaurants ihre Sterne? Der Chefredakteur des Guide-Michelin Deutschland, Ralf Flinkenflügel, äußert sich inhaltlich dazu nicht und bedauert den Brand außerordentlich. Stolte fände es sehr schade, wenn die Bewertung ausgesetzt würde. Michel, bereits länger mit drei Sternen dekoriert, will sich darüber gar nicht den Kopf zerbrechen. „Das habe ich nicht in der Hand.“ Hauptsache, das Essen sei gut, meint Finkbeiner dazu. Der Brand sei „ein Unglück, kein Leistungsverlust“. Durch die großen Fenster des Restaurants Silberberg ist schon zu sehen, wie Schwarzwaldstube und Köhlerstube die Zeit von Ostern bis zum Einzug in den Neubau voraussichtlich Mitte 2021 überbrücken sollen. Auf dem Dach des Hotelparkhauses wird eine Küche in Containerbauweise entstehen.

Am wichtigsten ist die Treue der Gäste

Jetzt herrsche Aufbruchstimmung. Es werde diskutiert und geplant, es geht um die Einrichtung von Küchen und Gasträumen, um die Form der Tische, den Stil der Möbel, die Stoffe, Besteck und Geschirr. Dabei sollen die Grundzüge des alten Stammhauses wieder aufgenommen werden, etwa die Anordnung der drei Restaurants, neben Schwarzwaldstube und Köhlerstube ist das noch die historische Bauernstube. „Wir machen alles, damit die Familie zusammen bleibt“, sagt der 71 Jahre alte Chef – und meint damit weit mehr als nur die Finkbeiners. Was ihn und das ganze Personal durch diese Zeit trage, sei die Treue der Gäste. Er habe ganze Stapel Post bekommen. „Das gibt Kraft, Sicherheit und Zuversicht“, sagt Heiner Finkbeiner.  (dpa/TH)

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