Interview

„Gäste suchen nach Flexibilität, Freiheit und Unabhängigkeit“

Karim Malak
Wegen der Coronapandemie wurden Zimmer und Co-Working-Spaces zu Arbeitsplätzen umfunktioniert, so der CEO der Adagio Aparthotels Karim Malak. (Foto: © Abacapress/Andreas Rehkopp/StevensFrémont)
Im Interview spricht Karim Malak, CEO Adagio Aparthotels, über die aktuelle Situation der Apartment-Hotels, alternative Nutzungsmöglichkeiten und seine Erwartungen an die Zukunft.
Dienstag, 22.12.2020, 14:00 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Herr Malak, Stichwort Corona – Sie beherbergen viele Langzeitgäste und Geschäftsreisende. Heißt das, Sie sind von den Hotelschließungen nicht betroffen? Gab es irgendwelche Einschränkungen für Ihre Gäste?
Von Land zu Land waren die jeweiligen Maßnahmen der Regierungen sehr unterschiedlich und wir haben uns überall an die jeweiligen Bestimmungen gehalten. So waren während der geltenden Reisebeschränkungen und den Lockdowns auch wir, wie alle Hotels, nicht in der Lage, Urlauber und Freizeitgäste in unseren Häusern zu beherbergen. Mehr als 50 Prozent unserer Gäste sind allerdings Geschäftsreisende, die nach wie vor reisen und bei uns wohnen durften.

Wie hat sich Ihre Nutzung der Hotels in den letzten Monaten verändert?
Das war ganz unterschiedlich – hier ein paar Beispiele: Unsere Adagio Aparthotels wurden regelrecht zu Arbeitsplätzen – so wurden beziehungsweise werden unsere Apartments tageweise als Home Office vermietet, unsere Co-Working-Spaces in den Hotels wurden ebenfalls als Arbeitsplatz und auch als Meetingräume genutzt. Von Anfang an standen unsere Hotels auch für die Unterbringung von Notfallpersonal und Einsatzkräften bereit. Gleichzeitig bieten wir Unterkunft und Fürsorge für gefährdete Personen, wie z.B. Opfer von häuslicher Gewalt.

Ein sehr schönes Beispiel ist Wien: Unser Adagio Aparthotel Vienna City unterstützt Eltern beim Home Schooling und bietet seine Apartments als „fliegendes Klassenzimmer“ an. Das Angebot ist kostenlos und wurde in Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion von Wien geschaffen.

Was sind die Vorteile der Aparthotelbranche im Vergleich zur klassischen Hotellerie?
Aparthotels treffen den Zeitgeist – Gäste suchen nach Flexibilität, Freiheit und Unabhängigkeit. Dabei haben sie bei uns noch das Plus eines Hotelservices. Außerdem sind unsere Werte und Unterscheidungsmerkmale unsere Stärken: So sind wir Profis im Bereich Sauberkeit und Hygiene und alle erforderlichen Maßnahmen werden sofort implementiert. Das ist ein großer Unterschied zu z.B. privaten Anbietern von Apartmentvermietungen. Unsere Apartments haben ausnahmslos eine komplett ausgestattete Küche – das garantiert Unabhängigkeit auch bei Sperrstunden/Ausgangssperren. Unsere Gäste können sich flexibel selbst versorgen. Außerdem können sie sich in den Gemeinschaftsbereichen aufhalten und sind nicht nur an ihr Apartment gebunden.

Darüber hinaus steht unser Team rund um die Uhr verfügbar, wir haben einen wöchentlichen Apartment-Reinigungsservice, Frühstück zum Mitnehmen, oftmals Fitness-Bereiche und bieten eine große Auswahl an Spielen in unserer „Bibliothek der Dinge“ und in den Gemeinschaftsarealen.

Zudem bieten wie Staffelpreise. Das heißt: Je länger der Aufenthalt, desto günstiger der Preis. Das macht uns wettbewerbsfähig. Unsere gemischte Gästestruktur erlaubt uns die Belegungsraten auszugleichen und wir sind nicht anhängig von einem Gästesegment. Wenn Freizeitreisende aufgrund von Reisebeschränkungen nicht mehr anreisen, bleibt ein Teil der Geschäftsreisenden und Langzeit-Gäste erhalten. Gleichzeitig können wir unsere laufenden Kosten gleicherweise geringhalten, was es uns ermöglicht, schnell rentabel zu arbeiten und belastbar zu sein. Ein weiterer Vorteil: Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist bei Adagio viel länger als in der  Hotellerie, was gleichzeitig auch eine höhere Belegungsrate für das gesamte Jahr bedeutet.

Warum denken Sie, dass das Konzept in den letzten Jahren immer beliebter geworden ist?
Viele Reisende bevorzugen es, unabhängig und flexibel zu sein; schätzen Raum, Privatsphäre und Ruhe. Heute mehr denn je – in Zeiten, in denen soziale Distanzierung alltäglich geworden ist. Adagio passt sich mit seiner Lage, seiner Ausstattung und seinem Service jeder Form des Reisens an – sei es eine Geschäftsreise, ein Urlaub mit Freunden oder der Familie oder „Bleisure“, also die Kombination von Business und privatem Genuss. Fast die Hälfte der Gäste nutzt mittlerweile ein Aparthotel für private Reiseanlässe, denn es ermöglicht maximale Freiheit während des Aufenthalts bei überschaubaren Kosten.

Wohin wird sich die Aparthotelbranche in Zukunft entwickeln?
Investoren haben verstanden, dass wir die beste Möglichkeit für die Profitabilität ihrer Vermögensanlage (Assets) sind. Denn die Rendite pro Quadratmeter ist im Bereich der Aparthotellerie die höchste in der ganzen Hospitality-Branche. Außerdem kann das Anlagenportfolio diversifiziert und, falls notwendig, die Immobilie ohne weiteres in eine Wohnimmobilie umfunktioniert werden. Infolgedessen wird die Aparthotelbranche, im Gegensatz zur klassischen Hotellerie, stärker wachsen. Kreiert werden unterschiedliche Konzepte, ausgelegt auf die verschiedenen Kundentypen – besonders Augenmerk liegt hier auf dem Lifestyle-Bereich.

Ich denke, dass es in Zukunft mehr und mehr hybride Konzepte geben wird, mit einem Mix aus ganz kurzen Trips, wie einem Wochenende, und langen Aufenthalten, die von mehreren Monaten bis sogar Jahren dauern können. In den Gemeinschafts-Bereichen wird es ein starkes Crossover geben zwischen festen Anwohnern, die für einen Drink, einen Workshop oder für einen Sprung auf eine organisierte Party vorbeikommen, und Apartment-Bewohnern, die sich in die lokale Nachbarschaft integrieren möchten. Mehr denn je werden lokale Geschäfte und lokale Gemeinschaften unsere Partner sein.

Im Zuge der flexibleren Arbeitsgestaltung werden wir sicher verstärkt Arbeitnehmer willkommen heißen, die ihren Arbeitsplatz tagsüber in den Co-Working-Space oder in eines der Apartments verlegen. Auch werden sich Reisegewohnheiten und Aufenthaltsgründe ändern und es wird verstärkt gemischtes Klientel geben. Einige werden in Aparthotels wohnen, andere bleiben nur einen Teil der Woche, weil sie dank der flexiblen Arbeitsstruktur mit Remote-Funktion nicht mehr an ihrem eigentlichen Arbeitsplatz gebunden sind. Und natürlich Freizeitreisende, die die Freiheit eines Apartments zu schätzen wissen.

Die Zahl der „Arbeitsnomaden“ wird weiter zunehmen und gerade für sie eignet sich das Co-Living-Konzept, das für Geselligkeit bei gleichzeitiger Kostenersparnis steht und die individuelle Privatsphäre garantiert – das ist auch der Grund, warum wir unser Co-Living Konzept schon 2021 auf den Markt bringen.

Welche Zukunftspläne haben Sie für Adagio Aparthotels?
Wir setzen unsere Expansion fort. Besonders am Herzen liegen uns Europa und der Mittlere Osten. Bis 2024 wollen wir insgesamt 220 Adagio Aparthotels mit 18.000 Apartments bieten. Außerdem möchten wir unser neues Design und das Co-Living-Konzept sukzessive implementieren. Darüber hinaus werden wir einige Apartments in Büros umwandeln, um der Nachfrage gerecht zu werden und für ein gemischtes Klientel interessant zu sein. Verstärken werden wir die Kooperation mit lokalen Partnern, um unseren Gästen Abwechslung und viele Erlebnisse bieten zu können. Wie Sie sehen: Wir haben einige große Projekte vor und sind in der glücklichen Lage Investoren zu haben, die uns vertrauen. Daher blicke ich auch in dieser besonderen Zeit zuversichtlich in die Zukunft der Adagio Aparthotels.

Wir danken für das Gespräch!

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