Tourismusbilanz 2020

„Bund muss steuerlichen Verlustrücktrag ausweiten“

Bayerns Wirtschaft- und Tourismusminister Hubert Aiwanger
Hubert Aiwanger forderte bei der Vorstellung der Tourismusbilanz 2020 vom Bund, auch für touristische Einrichtungen eine faire, faktenbasierte Öffnungsperspektive zu erarbeiten. (Foto: © picture alliance/dpa | Matthias Balk)
Die aktuelle Bilanz zum Tourismus in Bayern zeigt die verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie. Bayerns Wirtschafts- und Tourismusminister Hubert Aiwanger fordert daher bei der Vorstellung der Tourismusbilanz 2020 Rahmenbedingungen, die den Betrieben ein erfolgreiches Wirtschaften ermöglichen.
Mittwoch, 10.02.2021, 15:41 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Der Tourismus in Bayern ist in Folge der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr stark eingebrochen. „Für den Tourismus in Bayern war 2020 mit Ausnahme einiger Sommermonate ein katastrophales Jahr“, so Bayerns Wirtschafts- und Tourismusminister Hubert Aiwanger. „Zwei Lockdowns, von denen einer noch immer andauert, haben die Branche stellenweise fast vollständig zum Erliegen gebracht.“

Der Minister forderte bei der Vorstellung der Tourismusbilanz 2020 vom Bund, auch für touristische Einrichtungen eine faire, faktenbasierte Öffnungsperspektive zu erarbeiten. Auch Einrichtungen wie Seilbahnen könnten in den nächsten Wochen verantwortbar mit guten Konzepten wieder geöffnet werden. Schrittweise müssten Hotellerie und Gastronomie folgen. „Die Tourismusbranche leidet besonders stark unter den Corona-Maßnahmen, viele Mitarbeiter kündigen angesichts der Perspektivlosigkeit. Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Bayern.“ Von der Bundesregierung fordert Aiwanger daher Rahmenbedingungen, die den Betrieben ein erfolgreiches Wirtschaften ermöglichen: „Der Bund muss den steuerlichen Verlustrücktrag auf mehrere Jahre ausweiten und die Spielräume der europäischen Arbeitszeitrichtlinie nutzen. Auch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, der dankenswerterweise jetzt bis Ende 2022 verlängert wurde, muss dauerhaft beibehalten und auf Getränke ausgedehnt werden.“

Die Bilanz des Tourismus in Bayern 2020

Die Zahl der Gästeankünfte ist im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 50,4 Prozent eingebrochen. Statt 40 Millionen reisten nur rund 19,8 Millionen Personen an. Die Zahl der Übernachtungen sank von rund 101 Millionen auf knapp 60 Millionen, das entspricht einem Rückgang von 40,6 Prozent.

Von dem Rückgang sind alle bayerischen Tourismusregionen betroffen, die Spannbreite reicht bei den Gästeankünften von Minus 42,7 Prozent in Allgäu/Bayerisch Schwaben bis Minus 55,7 Prozent in München-Oberbayern. Besonders stark war der Einbruch in den Städten, die unter der starken Reduzierung von Geschäftsreisen sowie den Absagen von Messen und Events gelitten haben. Im Gegensatz dazu – eine der wenigen guten Nachrichten des vergangenen Tourismusjahres – konnten vor allem die ländlichen Regionen ein paar ordentliche Sommermonate verbuchen.

„Urlaub in Bayern wird als sehr sicher wahrgenommen“

Aiwanger setzt deshalb auch für dieses Jahr auf eine starke Sommersaison: „Mit dem ‚Urlaub dahoam‘ ist es Bayern schon im vergangenen Jahr gelungen, neue Zielgruppen wie junge Menschen und Familien als Gäste zu gewinnen und so den weggefallenen Auslandtourismus durch heimische Nachfrage teilweise zu kompensieren. Es zahlt sich aus, dass wir schon vor Corona mit den Themen Authentizität, Regionalität und Umweltverträglichkeit auf Zukunftstrends im Tourismus gesetzt haben. Urlaub in Bayern ermöglicht Eintauchen in unsere Kultur und Lebensart – in Stadt und Land. Hinzu kommt: Urlaub in Bayern wird seit jeher als sehr sicher wahrgenommen. Diese Einschätzung der Gäste hat sich in der Corona-Krise bestätigt und ist ein wichtiges Plus im Wettbewerb der Destinationen.“

„Schwersten Krise seit dem zweiten Weltkrieg“

„Das bayerische Gastgewerbe befindet sich unverschuldet in der schwersten Krise seit dem zweiten Weltkrieg, derzeit sehen über 74 Prozent ihren Betrieb durch die Corona-Krise in seiner Existenz gefährdet, 24 Prozent denken bereits konkret über eine Betriebsaufgabe nach“, meint Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern. „Umso wichtiger war das Signal, die Reduzierung des Umsatzsteuersatzes auf Speisen zu verlängern. Hierdurch werden die Unternehmen in die Lage versetzt, nach einer Öffnung wieder Verluste auszugleichen, Schulden zu tilgen, gestundete Beiträge zu begleichen und wieder in eine Altersvorsorge, die oftmals im Rahmen des Überlebenskampfes aufgelöst werden musste, zu investieren. Hier kämpfen wir weiter für eine Entfristung auch nach 2022 und einen Einbezug von Getränken. Zugleich bedarf es jetzt aber auch dringend eines verlässlichen, transparenten Öffnungskonzeptes, das Planungssicherheit schafft. Ziel müssen erkenntnisbasierte Kriterien sein, die auch eine Differenzierung auf Basis der vorgehaltenen Hygiene- und Schutzkonzepte ermöglichen. Jetzt ist es an der Zeit, die Rahmenbedingen so zu verändern, dass Unternehmer sich aus eigener Kraft erholen können.“

„Wir arbeiten an der Weiterentwicklung des Gesundheitstourismus“

„3,4 Millionen Ankünfte in den bayerischen Heilbädern und Kurorten, das ist ein Minus von 40,7 Prozent; 16,5 Millionen Übernachtungen, das bedeutet einen Rückgang um 32,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das sind dramatische Zahlen für die Heilbäder und Kurorte“, kommentiert Alois Brundobler, Vorsitzender des Bayerischen Heilbäder-Verbandes, die Situation. „Viele Kommunen sind in existenziellen Nöten. Dennoch stecken wir den Kopf nicht in den Sand – wir arbeiten an der Weiterentwicklung des Gesundheitstourismus. Die Covid-19-Pandemie hat uns allen gezeigt: Gesundheit, Prävention und Rehabilitation sind die Mega-Themen in unserer Gesellschaft, auch für die Wirtschaft. Die bayerischen Heilbäder und Kurorte haben in den vergangenen Jahren kräftig investiert, allein zwischen 2014 bis 2016 waren es über 200 Millionen Euro. Diesen Weg gehen wir weiter. Mit wissenschaftlich begleiteten und erforschten Gesundheitsangeboten, mit neuen digitalen Projekten, mit Präventionsangeboten, die auf Berufsgruppen zugeschnitten sind. Und wir werden und müssen Rehabilitationsprogramme für Menschen entwickeln, die nach einer Corona-Erkrankung noch lange mit diversen Symptomen zu kämpfen haben. Gesundheitskompetenz ist unser Alleinstellungsmerkmal und die Stärke der bayerischen Heilbäder und Kurorte, das wollen wir behalten.“

„Krise nicht einfach nur überstehen, sondern an ihr wachsen“

Barbara Radomski, Geschäftsführerin der Bayern Tourismus Marketing GmbH, erklärt: „Die Corona-Krise hat den Tourismus schwer getroffen. Sie hat uns gezeigt, wo unsere Schwächen liegen, aber auch, in welchen Bereichen wir schon sehr gut sind. Diese Erkenntnisse wollen wir nutzen, um die Krise nicht einfach nur zu überstehen, sondern an ihr zu wachsen. Wir wollen den Tourismusstandort Bayern für die Zukunft auf noch resilientere Beine stellen. Deshalb setzen wir auch in Zukunft auf ein starkes Marketing und eine starke Kommunikation für das Reiseland Bayern. Und wir investieren verstärkt in die Digitalisierung des bayerischen Tourismus, die Vernetzung mit und innerhalb der Branche und die nachhaltige Entwicklung unserer bayerischen Destinationen. Wir sind überzeugt, dass wir mit diesem Vorgehen den Erfolg des Reiselandes Bayern langfristig sichern werden.“

„Auf der Nachfrageseite wird sich das touristische Verhalten ändern“

Prof. Dr. Jürgen Schmude, Direktor des Departments für Geographie an der Ludwig-Maximilian-Universität München ist sicher: „Die COVID-19-Pandemie ist ein externer Schock unbekannten Ausmaßes für die bayerische Tourismuswirtschaft, die zu dauerhaften Veränderungen sowohl auf der Seite der touristischen Leistungsträger als auch der touristischen Nachfrage führen wird. Auf der Angebotsseite werden unter anderem ’sichere‘ Produkte an Bedeutung gewinnen und neue Geschäftsmodelle entstehen. Auf der Nachfrageseite wird sich das touristische Verhalten zumindest teilweise ändern, wobei das Reisebedürfnis und die die Reiselust ungebrochen bleiben.“

(Dehoga Bayern/NZ)

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