Steffen Waldmann
Foto: Europa-Park

Nachgefragt bei Steffen Waldmann vom Europa-Park Rust

»Die Corona-Heraus-forderungen haben die Digitalisierung noch einmal befeuert«

Der Europa-Park in Rust (Baden-Württemberg) wird regelmäßig mit Preisen für digitale Innovations­freude honoriert. In der Corona-Krise wurde dieser Vorsprung ausgebaut. Wir sprachen mit Steffen Waldmann, dem stellvertretenden Hoteldirektor der Europa-Park Hotels.

Inwieweit hat die Corona-Situation digitale Lösungen hinsichtlich des Check-ins beschleunigt?
Wir sind mit über 5.000 Hotelbetten Deutschlands größtes Hotelresort. Anders als in einem Ferienort, wo Gäste eine oder zwei Wochen bleiben, haben wir in den sechs Hotels und dem Camp-Resort fast jeden Tag wechselnde Gäste. Durch die kurzen Aufenthalte, die immer mit einem Besuch des Europa-Parks oder des Wasserparks Rulantica verbunden sind, haben wir viele An- und Abreisen zu bewerkstelligen. Wir haben uns seit jeher auf die Fahnen geschrieben, diese Prozesse so schlank und kundenfreundlich wie möglich zu halten. Die Corona-Herausforderungen haben die Digitalisierung noch einmal befeuert. Wir konnten bei der Wiedereröffnung die Gastkontakte und Kontaktpunkte noch weiter reduzieren.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Wir versuchen beispielsweise, den Check-in und Check-out so kurz wie möglich zu gestalten und dem Gast die Möglichkeit zu geben, so viel, wie er will, digital zu erledigen. Normalerweise muss man einen Meldeschein ausfüllen, da ist bei uns ein bisschen mehr zu tun, weil oft eine ganze Familie anreist, Begleitpersonen usw. All das haben wir nach vorne verlagert. Der Gast bekommt eine E-Mail und löst einen Pre-Check-in aus. Die Daten kann er online eingeben.

Türöffner SmartPhone
In Sachen Digitalisierung ist der Europa-Park ein Pionier: Vom
digitalen Zimmerschlüssel bis zur Abstands-App reichen die Tools.
Foto: Europa-Park

Und wie geht es vor Ort weiter?
Wer früh anreist, macht einen ersten Check-in bei der Übergabe der Eintrittskarten. Zu dem Zeitpunkt schlafen vielleicht noch andere Gäste im späteren Zimmer. Nach dem Besuch des Parks kommt quasi der zweite Check-in mit Schlüsselübergabe. Der Gast kann auch entscheiden: Ich will eine Nachricht bekommen, wenn das Zimmer bezugsfertig ist – per SMS oder, wenn man die Hotel-App nutzt, per Push-Nachricht. Das wird gern genutzt. Uns hilft es auch, den Prozess auf den Tag zu verteilen, wenn nicht Hunderte Gäste auf einmal die Schlüssel abholen wollen. Das ist ein wichtiger Punkt in der Corona-Zeit: Massen vermeiden und stattdessen alles im Flow halten.

Wie ist die Akzeptanz der Gäste?
Die Gäste sind jetzt mehr bereit, an diesen Möglichkeiten teilzunehmen. Wir schreiben die Gäste auch vorher an, um sie zu informieren, dass sie den Betrag im Voraus bezahlen können. Früher hätte niemand ein Jahr im Voraus für eine Online-Buchung bezahlen wollen. Seit der Corona-Krise werden 80 Prozent der Buchungen schon vorab online bezahlt. Das minimiert den Check-in- und Check-out-Aufwand maßgeblich. Diese Bereitschaft der Gäste kommt vornehmlich durch die Corona-Situation, aber ich glaube, dass das so bleibt und die Hemmschwelle, online vorab zu bezahlen, sinkt.

Wird der Kontakt per E-Mail auch für andere Zwecke hinsichtlich der Kundenbindung genutzt?
Durch den Corona-Prozess ist von jedem Gast eine E-Mailadresse notwendig, was früher kein zwingendes Merkmal war. Der Gast erhält Vorabinformationen zur veränderten Situation hinsichtlich beispielsweise der Hygienethemen. Er bekommt aber auch reisebegleitende personifizierte Informationen (Restaurants, Kino im Park etc). Jede E-Mail hat dynamische Inhalte. Dahinter sitzt aber kein Mensch, sondern die KI (Künstliche Intelligenz) berechnet, welche Angebote zum Gast passen könnten – beispielsweise anhand dessen, ob er mit Kindern anreist. Zudem erhält jeder Gast einen personalisierten Videogruß von uns. Wir rendern jede Nacht Videos, in denen der Gastname auftaucht. Das kommt erfahrungsgemäß sehr gut an und macht Lust auf die Reise.

Haben die Pandemie-Regeln sich auch anderswo im Hotelalltag ausgewirkt?
Wir müssen derzeit eine Rückverfolgung vorlegen können, wer beim Frühstück gleichzeitig im Raum war. Daher ist es nötig, das Frühstück vorab zu reservieren. Es kann sein, dass dies auch in Zukunft so bleibt, denn es hilft uns auch, den Gästestrom am Morgen zu regeln. Statt einer Häufung zur Premium-Uhrzeit verteilt sich das dann. Auch hier ist Corona die Grundvoraussetzung gewesen, dass die Gäste dazu bereit sind. Gerade im Urlaub wollen die Leute nicht vorher planen, wann genau sie aufstehen. Mit Corona ist das möglich.

Europapark App
Foto: Europa-Park

Mit der Hotel-App setzen Sie ein weiteres Zeichen in Sachen Digitalisierung …
Wenn man eine Online-Buchung getätigt hat und die Hotel-App nutzt, wird der Gast per App während der ganzen Reise begleitet: Beispielsweise mit der Information, dass der Tisch jetzt reserviert ist oder gleich die gebuchte Massage beginnt, usw. Man kann zudem in der App etwas mit PayPal bezahlen, Dinge stornieren, eine Rechnung per E-Mail erhalten, anstatt beim Aus­checken in einer Warteschlange vor der Rezep­tion zu stehen, usw. Beim Check-out kann man kontaktlos den Schlüssel in die Box werfen und raus, beispielsweise um den Park erneut zu besuchen. Viele Gäste bezahlen im Vorfeld. Falls keine Zahlungsnotwendigkeiten entstehen, erledigt man den Check-out einfach per Knopfdruck. Aber auch wenn noch etwas zu bezahlen wäre, wäre das in der App möglich.

Bei welchen Aspekten der Hospitality macht Digitalisierung am meisten Sinn?
Generell soll Digitalisierung auf jeden Fall beiden Seiten helfen. Digitalisierung fordert einem Unternehmen große Investitionen und Gehirnschmalz ab, daher müssen derlei Maßnahmen dem Unternehmen auch etwas bringen. Beispielsweise schlanke Prozesse, Zeitersparnis, bessere Abläufe. Zudem müssen solche Lösungen auch immer dem Gast etwas bringen – beispielsweise das Vermeiden einer Warteschlange oder die Zimmerauswahl vorab.

Abstandshalterapp
Foto: Europa-Park

In der Europa-Park-App ist ein Feature das virtuelle Schlangestehen. Wie darf man sich das vorstellen?
Wenn man für eine der größeren Achterbahnen ansteht, muss man teils mit 20 bis 30 Minuten Wartezeit rechnen. Daher haben wir das Schlangestehen in die virtuelle Welt verlagert. Die Gäste machen etwas anderes, während die App das Schlangestehen übernimmt. Das haben wir für alle großen Bahnen in der Corona-Zeit umgesetzt. Ob derlei Features auch über die Virus-Krise hinaus eine dauerhafte Akzeptanz genießen, muss man erst herausfinden.

Für den Europa-Park gibt es zudem die Distance Radar App …
Die App hat ein spielerisches Element, und das soll auch so sein. Aber sie hat den Nebeneffekt, dass man sich nicht so nahe kommt. In den Zeiten, in denen man in einer Warteschlange steht, kann man mit der App etwas machen, auch wenn gerade in der Schlange nichts passiert.

 

 

 

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